Blackcollar
nach einem shuriken...
Etwas in Kanai löste sich.
Ein shuriken tauchte wie durch Zauberei in seiner Hand auf; all die Frustration und die Scham der vergangenen Jahre lagen in seinem Wurf, als der schwarze Wurfstern wie ein Racheengel durch die Luft flog.
Bernhard zuckte erschrocken zurück, als der shuriken das Fon-Kabel glatt durchschnitt und von der metallenen Wand abprallte.
»Nein«, sagte Kanai in die plötzliche Stille. »Mit Ihren Taten haben Sie das Befehlsrecht verwirkt. Caine hat recht; die anderen müssen jetzt selbst entscheiden, ob sie Ihren Verrat mitmachen wollen oder nicht.«
Bernhard legte den Fon-Hörer hin und ging auf Kanai zu; in seinen Augen lag ein an Wahnsinn grenzender Hass. Kanai blickte ihm furchtlos entgegen. Er zweifelte nicht daran, dass er in diesem Kampf sterben würde. Aber der Tod war gar nicht so schrecklich. Jedenfalls nicht für einen Mann, dem man eine letzte Chance bot, seine Ehre wiederzugewinnen, die er für immer verloren geglaubt hatte.
»Versuchen Sie es nicht, Bernhard!«
Die Stimme kam aus dem Schatten hinter Kanai, und dieser glaubte zuerst, dass Bernhard ihn daraufhin sofort angreifen würde. Doch dessen Augen wurden langsam wieder klar, er richtete sich auf und ließ mit einem tiefen, schmerzlichen Seufzer die Arme sinken.
Er rührte sich nicht, als Skyler und Hawking zu ihm traten und ihn an den Armen fassten. Lathe, der ihnen folgte, blieb neben Kanai stehen.
»Willkommen bei uns!«
Kanai sah ihm in die Augen. »Sie haben abgewartet, wie ich reagieren würde, nicht wahr?« Der Zorn über Lathe regte sich wieder in ihm. »Sie wollten sehen, ob ich zu ihm halte.«
»Sie haben selbst gesagt, dass jeder Mensch das Recht auf seine eigene Entscheidung hat.«
Kanai blickte zu Bernhard hinüber, dem die Hände gerade auf dem Rücken gefesselt wurden. Warum unternimmt er keinen Fluchtversuch?, fragte er sich, aber es fiel ihm nicht schwer, die Frage zu beantworten.
Auch wenn Bernhard vor Wut halb verrückt war, blieb er zuerst und vor allem ein Überlebenskünstler.
Kanai schloss kurz die Augen und wandte sich ab... und verstand nicht, warum ihn dieser Gedanke mit Mitleid erfüllte.
30
»Wohin werden Sie gehen?«, fragte Caine, als Skyler Bernhard die Fesseln abnahm und vom Eingang zum Umgehungstunnel zurücktrat.
Bernhard rieb seine Gelenke einen Augenblick lang schweigend. »Will einer von Ihnen es wirklich wissen?« Sein Blick wanderte von Caine zu Lathe und dann zu Kanai.
»Wir wollen es alle wissen«, erwiderte Lathe. »Es ist auch jetzt noch nicht zu spät, den Kampf wieder aufzunehmen.«
»Allein?«, fragte Bernhard. »Ob tot oder desertiert - ich habe den Rest meines Teams verloren.«
»Sie sind dazu ausgebildet worden, allein zu kämpfen«, erinnerte ihn Lathe. »Und es gibt überall in der Welt Organisationen wie die Fackel, denen Sie sich anschließen können. Sie sind eine wertvolle Kraft, und ich möchte nicht, dass Sie sich wegwerfen.«
»Sie sind es, der sich wegwirft, Comsquare«, widersprach Bernhard. »Sie werden diesen Planeten nie verlassen können, und wenn Quinn Sie nicht zu fassen bekommt, wird es der Leiter des Sicherheitsdienstes in der nächsten Stadt tun. Sie sind tot, Lathe - Sie sind alle tot. Denken Sie daran, Kanai! Denken Sie daran, wenn die feindlichen Truppen Sie einkreisen, und denken Sie dann auch daran, dass ich über dreißig Jahre lang in feindlichem Territorium dafür gesorgt habe, dass Sie gesund und am Leben blieben!«
Kanai antwortete nicht, und Bernhard wandte sich dem Tunnel zu. »Sie werden das da brauchen.« Skyler hielt ihm ein zusammengefaltetes Stück Papier hin.
Bernhard musterte es stirnrunzelnd. »Was ist denn das?«
»Ihr Passierschein. Sie haben doch nicht vergessen, dass Mordecai den Eingang bewacht? Ohne Passierschein lässt er Sie nicht durch.«
Bernhard antwortete mit einem Fluch. »Ich würde Ihnen raten, den Passierschein mitzunehmen«, mischte sich Lathe ein. »Mordecai ist der beste Kämpfer unter uns, Sie inbegriffen, und er nimmt seine Befehle sehr ernst.« Bernhard riss Skyler das Papier aus der Hand und verschwand ohne ein weiteres Wort im Tunnel.
»Hoffentlich bringt er unterwegs keine Sprengladungen an«, meinte Caine.
»Machen Sie sich keine Sorgen«, beruhigte ihn Lathe. Er nickte Skyler zu, und dieser verschwand ebenfalls im Tunnel.
»Bernhard wird ihn entdecken«, murmelte Kanai.
»Vielleicht«, gab Lathe zu. »Aber er kann nichts dagegen tun. Kommen Sie, Gentlemen, bringen wir das Projekt zu Ende
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