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Blackhearts: Roman (German Edition)

Blackhearts: Roman (German Edition)

Titel: Blackhearts: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Wendig
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wird alles gut werden.«
    »Das wird es auch, das wird es auf jeden Fall! Bis später, Louis.«
    »Miriam, es tut mir leid …«
    Aber sie will das nicht hören. Sie ist stinksauer. Schon springt Miriam aus dem Truck, und Louis‘ Stimme geht im Zuknallen der Tür unter.
    Der Truck brummt, wendet und ist weg.
    Das Tor zur Hölle bleibt offen stehen. Nur für sie.
    »Geh’n Sie nun rein oder was?«, fragt Homer.
    Fast tut sie es nicht. Etwas an diesem Ort gibt ihr ein schlechtes Gefühl, und das obwohl sie noch nicht einmal durchs Tor gegangen ist. Sie kann die Schule nicht sehen – es ist eine gewundene Auffahrt, die in einer Ellbogenkurve in den Wald führt. Alles, was sie vor sich hat, ist das Eisentor und das Torhäuschen mit Messingtafel auf blassem Backstein, auf der in verwirrenden kalligraphischen Schnörkeln und Kringeln steht: Caldecott-Schule .
    Nach den Sommerferien wieder in die Schule zu gehen hat Miriam immer eine Gänsehaut bereitet. Obwohl es jetzt Spätsommer ist und die Caldecott-Schule ihr Jahr früh beginnt, ist das Gefühl dasselbe: Die Tage werden kürzer, die Morgen dunkler, die Abende schleichen sich an wie ein Stalker vor dem Fenster. Mit dem Sommerende kommt der Schulanfang, und die Schule war nie eine gute Zeit für Miriam. Der Unterricht, klar. Klassenarbeiten. Tests. Referate. Die waren in Ordnung. Aber die anderen Kinder! Gemeine, beschissene kleine Biester. Schule – von der Grundschule an aufwärts – ist, als werde man in einen Wassertank voller verhungernder Piranhas geworfen.
    Die niemals satt werden.
    Jede Faser in ihr will davonlaufen – auch wenn sie eine Erwachsene ist. Sie muss das hier nicht mehr machen.
    Aber Homer schnippt ihr mit den Fingern beider Hände zu. »Nu’ komm’n Sie schon, scheißen oder raus aus’m Klo!«
    Miriam trabt durchs Tor.
    Mit einem mechanischen Winseln schließt es sich hinter ihr.
    Scheiße, Scheiße, Scheiße, Scheiße, Scheiße!
    Schepper . Der Weg ist versperrt.
    Trotzdem kribbelt es ihr in den Fingern. Während alles andere in ihr – bis hinab ins sich windende, vibrierende Mark – Reißaus in den Wald nehmen will, wissen ihre Hände, wohin sie wollen. Sie wollen fressen. Sie wollen den Tod schmecken.
    Vampire mit fünf Fingern, das sind sie.
    »Ich … geh einfach den Weg lang?«, fragt sie Homer.
    Er lehnt sich aus dem Häuschen, schaut die Auffahrt hoch und blickt sie dann mürrisch an. »Wohin zum Teufel wollen Sie denn sonst gehen? Es ist eine Straße. Sie führt an einen bestimmten Ort. Woll’n Sie ’ne Karte und ’n Hängegleiter?«
    »Ich dachte nur, Sie hätten ein Golfmobil oder so was.«
    »Oh, ich hab eins im Arsch stecken, aber mein Arzt sagt, ich soll es da lassen, damit es mir nicht den Hintern zerreißt, wenn’s rauskommt.«
    »Sie sind lustig. Sind. Sie. Lustig. Sie haben Ihren Beruf verfehlt, Homer. Sie hätten Komiker werden sollen.«
    »Warum hat das Huhn die Straße überquert?«
    Sie weiß, dass sie sich nicht die Mühe machen sollte, fragt aber trotzdem: »Warum?«
    »Um Ihnen in den Arsch zu picken, damit Sie sich verdammt noch mal von meinem Torhaus fortmachen! Wie ich Mister Truckfahrer schon gesagt habe, es ist Mittagszeit, und ich bin verflucht hungrig!«
    »Okay. Tschüss, Homer.«
    »Ich seh Sie auf dem Weg hinaus, Miss Black.«
    »Wie weit ist es bis zur Schule?«
    »So weit, wie es sein muss.« Er lacht.
    Arschloch.
    Er gefällt ihr.
    Dann ist es an der Zeit, wieder in die Schule zu gehen.
    Die Straße ist gepflastert, keine Schlaglöcher, glatt wie ein Käferrücken. Bäume erheben sich zu beiden Seiten, und diese Bäume sind nicht zu vergleichen mit den Krüppelkiefern von Nirgendwo, New Jersey. Es sind hohe Alteichen, bedeckt von dunkler nasser Rinde, jede ein stummer Wächter, jede ein Turm, der verächtlich auf sie herabschaut.
    Bald hört sie es: das Murmeln eines Stroms.
    Nicht allzu lange und der Fluss selbst ist zu sehen. Fünf Minuten später weichen die Bäume einem grasbewachsenen, unebenen Ufer, und dahinter rauscht und schäumt der Susquehanna mit dahingluckerndem Ovomaltinewasser.
    Erneut macht die Auffahrt eine Biegung, dann sieht sie die Caldecott-Schule.
    Oh, welch viktorianische Maßlosigkeit! Der Mittelteil der Schule scheint ein altes Herrenhaus zu sein, drei Stockwerke hoch, die grimmigen gotischen Fenster peinlich mit Zuckerbäckerstil gepaart. Jedes Dach ist rot wie ein Feuerwehrauto, die Mauern sind grau-grün, ein in stumpfer Lehmfarbe angestrichener, schmieriger

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