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Blackhearts: Roman (German Edition)

Blackhearts: Roman (German Edition)

Titel: Blackhearts: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Wendig
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was du mir sagen willst.« Sie rafft es jetzt.
    »Ach ja?«
    »Ich zeige kein oppositionelles Trotzverhalten!«
    Grunz .
    »Tue ich nicht! Das ist dummes Gelaber! Ich war einmal ein gutes Mädchen. Und es ist nicht meine Schuld, dass ich die halbe Zeit von Schwachsinnigen und Verrückten umgeben bin! Ich packe die Dinge halt nur auf meine eigene Weise an. So verhält sich eine emanzipierte Frau. Richtig?« Sie macht ein mürrisches Gesicht. »Sieh du einfach zu, dass du dein Auge auf der Straße behältst!«
    Dann, nur um ihn auf die Palme zu bringen, kurbelt sie das Fenster runter, steckt sich eine filterlose Zigarette in den Mund und hält die Feuerzeugflamme an die Spitze. Paff, paff, paff . Sie bläst einen Krebsstrahl ins Freie.
    Als sie an einem Highwayschild vorbeikommen, klaubt sie einen Tabakkrümel von der Zunge und schnippt ihn aus dem Fenster.
    SELINSGROVE , 5 Meilen
    SUNBURY , 7 Meilen
    Ein Kloß, hart wie ein verkalkter Haarklumpen, bildet sich in ihrem Hals. »Wir sind in Pennsylvania!«
    »Du hast geschlafen, als wir durch Philadelphia gefahren sind.«
    Das Susquehanna-Tal. Drei Counties. Alle liegen am Fluss.
    Der Fluss steigt an, Miriam.
    Aber nicht nur der Traum bedrückt sie. Wenn sie sich in der Nähe von Selinsgrove befinden, dann heißt das, dass sie genau in diesem Moment auch nur dreissig Minuten nördlich von dem Ort sind, wo sie aufgewachsen ist. Wo ihrHighschoolfreund sich die Schädeldecke mit einer Schrotflinte weggeballert hat. Wo die Mutter dieses Freundes sie mit einer Schneeschippe halb totgeschlagen hat. Wo ihr Baby in ihr gestorben ist.
    Wo ihre eigene Mutter immer noch lebt.
    Miriam hat sie nicht mehr gesehen, seit sie weggelaufen ist. Seit fast einem Jahrzehnt inzwischen.
    Vielleicht ist sie tot , denkt Miriam. Nachdem sie entdeckt hatte, dass sie die Macht hat zu sehen, wie die Leute sterben werden, hatte sie ihre Mutter nicht mehr angefasst. Am nächsten Morgen war sie ausgerissen.
    Geister, ruhelos und traurig, rühren sich in ihr.
    Es bedarf all ihrer Kraft, sie mit einem harten mentalen Stiefel niederzutrampeln.
    Sie räuspert sich.
    »Hat Miss Katey meine Bedingungen bekommen?«
    Louis grunzt. Ein Laut der Bestätigung. Miriam kannte die Antwort schon vor der Frage. Sie hatten an einem FedEx haltgemacht, um der Lehrerin Miriams handschriftliche Liste von Rockstar-Forderungen zu faxen.
    »Fein«, sagt sie. »Gut. Großartig. Lass uns in die Schule gehen.«
    Sie schnippt die Zigarette, halb aufgeraucht, aus dem Fenster. Sie schmeckt einfach nicht mehr.

ZWISCHENSPIEL

Der Telefonanruf
    Regen hämmert gegen die Telefonzelle.
    Miriam, sechzehn, hält den Hörer ans Ohr. Ihr Mund bebt.
    Es klingelt und klingelt. Sie will nicht, dass jemand abnimmt. Geh auf den Anrufbeantworter, denkt sie. Es ist wie ein Gebet. Ein Mantra. Geh auf den Anrufbeantworter. Geh auf den Anrufbeantworter. Geh auf den Anrufbeantworter. Das Echo in ihrem eigenen Kopf fängt an absurd zu klingen.
    Klick.
    »Miriam?« Die Stimme ihrer Mutter. Klein und ängstlich. Sie hatte sonst nie Angst. Es klingt, als wäre ihr etwas gestohlen worden. Und vielleicht war das auch der Fall.
    »Das Baby ist tot, Mutter.«
    »Ich weiß. Ich weiß.« Natürlich weiß sie es. Sie war ja im Krankenhaus dabei. »Gott wird jetzt für ihn sorgen.«
    »Mutter …«
    »Wo bist du?«
    »Gott kann nicht existieren«, sagt Miriam mit rauem Hals und verquollenen Augen. Jeder Teil von ihr fühlt sich an wie ein abgebrochener Zahn, dessen Nerv frei liegt.
    »Sag doch so was nicht! Komm zu mir nach Hause!«
    »Ich kann nicht. Irgendetwas stimmt nicht.« Etwas, das sie nicht versteht. Das Baby ist in ihr gestorben, aber etwas ist zurückgeblieben. Ein kleiner Geist, ein kleiner Dämon, zerbrechlich wie das Skelett eines Vogelkükens. Es hat sie verändert. Seitdem fühlt sie sich wie ein Schwamm, der aus allem, was sie berührt, Gift saugt. Ein Schwamm, der Tod aufsaugt wie ein Verbandsmull Blut.
    Sie versteht es einfach nicht: Jedes Mal, wenn jemand sie berührt – eine der Schwestern, ein Arzt, der Sicherheitsmann draußen vor dem Krankenhaus –, sieht sie dieseschrecklichen Dinge: Visionen davon, wie sie sterben werden. Und wann. Sie können einfach nicht wahr sein.
    Aber sie fühlen sich wahr an.
    Ein echter Beweis dafür, dass ihr Verstand dahin ist. Es ist wie bei einer Motte – wenn man sie berührt, löst sich ein Pulver von den Flügeln; und wenn dieses Pulver erst einmal fort ist, kann die Motte nicht mehr fliegen.
    Ihr

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