Blackhearts: Roman (German Edition)
Nadeln oder vielleicht einen in Frischhaltefolie gewickelten, behinderten Sexzwerg.«
»Ja. Nun.« Wieder diese nervöse Spannung. Diesmal betont durch ein Stirnrunzeln, ein Körnchen Irritation, das sich zu einem Funken Abneigung entwickelt. »Es ist alles da.«
Miriam kippt die Tüte aus.
Heraus fallen: eine Tüte Utz-Brezeln. Eine Stange Native-Spirit-Zigaretten. Ein Glas scharfe Tallarico-Salsasoße. Zwei Miniflaschen Alk (eine Flasche Glenfarclas Scotch, eine Flasche Patron Silver Tequila). Eine Reisepackung Bleichmittel. Und zuletzt eine einzelne Schachtel Haarfarbe. Fuchsia Flamingo . Die Art nukleares Pink, das man womöglich im Zentrum eines Atompilzes sieht. Kurz bevor die Druckwelle die Augen in Aspik verwandelt.
Hübsch. Eine gute Wahl.
Miriam sagt ihr das. Hält die Schachtel hoch, zwinkert.
Dann fängt sie an, sich häuslich einzurichten. Öffnet das Salsaglas. Reißt die Brezeltüte auf. Schraubt den Deckel vom Scotch ab.
Erst eine Brezel in den Aufstrich, dann in den Mund. Knabber, knabber, knirsch . Ein Mundvoll Scotch. Alles ist Salz und Würze und sanftes Karamellbrennen.
Während sie das tut, fördert Katey einen Stapel Geld zutage und legt ihn auf den Tisch. Sie macht Anstalten Miriam das Geld hinzuschieben, aber zieht es dann zurück an ihre Brust.
»Was ‘n los?«, will Miriam wissen, während sie sich alkdurchweichte Brezelstücke aus den Zähnen herausleckt.
»Das ist alles … sonderbar. Sie sind sehr sonderbar, ein sehr sonderbares Mädchen. Können Sie das wirklich? Können Sie mir etwas sagen über …«
Miriam schluckt. »Ja. Kann ich. Wie Sie den Löffel abgeben, die Würmer füttern, sich auf dem Heilige-Scheiße-Ich-Bin-Tot-Express wiederfinden.«
Blinzel , blinzel . »Woher weiß ich, dass Sie mir die Wahrheit sagen?«
»Das können Sie nicht wissen, nehme ich an. Louis weiß es. Er kann sich für mich verbürgen. Wenn Sie also ihm vertrauen, dann wissen Sie, dass ich grundehrlich bin. Wenn Sie ihm nicht vertrauen, dann schätze ich, wir haben nicht mehr viel Gesprächsstoff.«
Katey schiebt das Geld rüber. »Fünfhundert sagten Sie.«
»Genau.« Als Miriam das Geld nimmt, zieht Katey schnell die eigene Hand zurück.
»Wollen Sie es nicht zählen?«
»Ich vertraue Ihnen. Außerdem, wenn’s nicht stimmt, verhänge ich einen Fluch über Sie. Die Pocken. Einen Pockenfluch über Ihr Zuhause und Ihre Schule!«
Sie tunkt eine weitere Brezel in das Glas mit Salsa. »Ich albere nur rum. Ich kann niemanden verfluchen. Ich bin hier die Verfluchte.« Knabber, knabber, knirsch.
»Sie sind so, seit Sie ein kleines Mädchen waren?«, fragt Katey.
»So? Wie, so ? Eine verrückte Schlampe? Oder eine übersinnliche Schlampe?«
Sie werden unterbrochen. Ein junges Mädchen schreit. Miriam dreht sich um und sieht eins der Mädchen aus dem Malkurs – eine kleine rothaarige Sommersprossen-Maschine, vielleicht zwölf oder dreizehn – aufstehen und sein Skizzenbuch wie eine mächtige Wikingerwaffe halten.
Es schlägt einem anderen Mädchen damit ins Gesicht. Das andere Mädchen – ein blondes Ding, wahrscheinlich mit Namen Katey – kreischt und kippt um, rudert mit Armen und Beinen.
Danach ist alles ein Haufen Gliedmaßen und fliegende Haare. Ein praktischer brauner Schuh schraubt sich hoch in die Luft.
»Mensch, diesem anderen Mädel hat sie’s aber ordentlich gezeigt. Peng ! Voll in die Fresse!«
»Hier auf der Caldecott-Schule behandeln wir alle gleich. Das sind gute Mädchen … größtenteils. Aber viele von ihnen sind mit Problemen belastet. Oder einfach nur ungewollt. So etwas hinterlässt … nun ja, es hinterlässt Narben. Innerlich. Manchmal auch außen.«
»Soll’s geben.«
»Meine Pause ist fast vorbei«, sagt Katey. Plötzlich verengen sich ihre Augen. »Wissen Sie, ich will das hier nicht mehr machen.« Sie steht auf. »Die Sachen können Sie behalten, aber das Geld will ich zurück.«
»Einen Moment, wie bitte? Nein, zum Teufel damit, wir ziehen das durch! Louis hat gesagt, Sie wären so eine Art rasende Hypochonderin, und deshalb bin ich den ganzenWeg hierhergekommen und deshalb werden wir das verdammt noch mal machen! Geben Sie mir Ihre verfluchte Hand!«
Kateys Gesicht erschlafft. Ihre Augen werden traurig. »Das hat er gesagt? Hypochonderin? Ist es das, wofür die Leute mich halten? Ich schätze, das wusste ich bereits.«
»Nein, das hat nicht er gesagt, das habe ich gesagt. Und jetzt halten Sie die Klappe und lassen Sie mich machen!«
Die
Weitere Kostenlose Bücher