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Blackhearts: Roman (German Edition)

Blackhearts: Roman (German Edition)

Titel: Blackhearts: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Wendig
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Denkst du, du kannst hiervor einfach davonlaufen? Lass dir dies eine Gedächtnisstütze sein, Miriam Black, du Feindin des Schicksals. Lass dich hiervon daran erinnern …«
    Er nimmt das Messer weg; seine Finger sind rot verschmiert.
    »… dass du eine Aufgabe zu erledigen hast und wir dich dieses Mal nicht einfach davonkommen lassen werden; nicht, ehe sie erledigt ist.«
    Miriam schreit. Aber es ist nicht ihre Stimme, die aus ihrem Mund kommt.
    Es ist der Schrei Lauren Martins, als sie enthauptet wird.

TEIL DREI

EINE SPUR AUS BLUT UND TINTE
    Philomela:
    »Selber verkünd’ ich’s,
    Ohne zu achten der Scham,
    Wie du freveltest!
    Wenn es vergönnt wird,
    Tret’ ich unter das Volk;
    Wenn schließende Wälder mich halten,
    Füll’ ich die Wälder mit Ruf,
    Und kundige Felsen beweg’ ich!
    Höre der Äther die Tat,
    Und wenn dort irgendein Gott ist!«
    Metamorphosen , OVID

FÜNFUNDZWANZIG

Kaputter Buntstift
    Fährt man zu lange und zu spät in der Nacht, fängt die Straße an, wie Farbe zu verlaufen, wie ein Gegenstand auf einem Salvador-Dalí-Gemälde. Louis macht noch eine Miniflasche 5-Hour-Energy auf und haut sie weg. Das Zeug schmeckt, als hätte jemand Hustensaft und Essig durch eine Turnsocke laufen lassen.
    Heute Nacht: eine Ladung Kabeltrommeln auf einem Tieflader. Vom Staat New York nach Charlotte, North Carolina.
    Louis hat die landschaftlich schöne Route gewählt. Sie ist langsamer, lässt die Reise länger dauern – was ein Fehler ist –, aber das ist ihm egal. Auf der Interstate 77 hat man eine angenehmere Fahrt. Weniger Spuren, weniger Autos.
    Im Augenblick sind es nur er und die Straße. Ein gelegentliches Scheinwerferpaar, das kommt und geht. Abtasten. Weißes Aufblitzen. Wieder weg.
    Die Uhr am Armaturenbrett – LCD -blau – springt lautlos auf 0 Uhr.
    In letzter Zeit hat er sich mächtig ins Zeug gelegt. Sich ins Zeug gelegt wie seit Jahren nicht mehr. Lange Fuhren. Nachtfahrten. Mehr Stunden, mehr Geld.
    Aber darum geht es nicht. Louis braucht das Geld nicht. Er ist nicht reich, nicht direkt, aber er ist ein Mann mit wenigen Rechnungen – ausgenommen die Darlehenszahlungen für einen Wohnwagen kurz vor Long Beach Island in Jersey. Die meisten Amerikaner häufen Schulden an. Louis ist das Gegenteil: Er sammelt Geld wie andere Leute Wollmäuse unterm Bett.
    Sein Vater war genauso. Immer für den Ruhestand sparen. Immer über den Ruhestand reden. Wie herrlich es werden würde. Shangri-La. Der siebte Himmel. Der Tag, an dem sie die Käfigtür öffnen und das Tier frei herumlaufen lassen.
    Ein Jahr vor dem Ruhestand starb er. Gabelstaplerunfall.
    Am Ende bekam Louis die Ersparnisse des alten Mannes, denn seine Mutter war nur ein paar Jahre zuvor an einem Lungenemphysem gestorben.
    Mit diesem Geld machte Louis den LKW -Führerschein, kaufte seinen ersten Truck.
    Und hier ist er nun und macht dasselbe wie sein Vater. Sparen, sparen. Auf etwas warten.
    Oder auch vielleicht – nur vielleicht – vor etwas davonlaufen.
    Miriam.
    Sogar jetzt läuft er vor ihr davon, aber er kann ihr nicht entrinnen. Sie ist wie ein Gespenst, das eine Person heimsucht, nicht ein Haus. Egal wie weit man davonläuft, sie ist immer da.
    Er ist sich nicht sicher, ob er sie liebt. Nicht sicher, ob man einen solchen Menschen lieben kann. Aber er weiß, dass er sie mag. Sehr. Mit Haut und Haaren. Ob es ihm gefällt oder nicht (und im Augenblick tut es das garantiert nicht).
    Das Jucken. Er hebt die Augenklappe an, kratzt sich an den Rändern eines Auges, das nicht mehr da ist. Wann immer er an Miriam denkt, fängt die leere Augenhöhle an zu jucken.
    Es ist ihre Schuld, dass er sein Auge verloren hat – aber es liegt auch an ihr, dass er nicht tot ist.
    Das ist das wahre Salz in der Wunde, genau das.
    Er macht ihr keine Vorwürfe. Zumindest sagt er sich das. In manchen Nächten, so wie heute, wenn er allein ist mit den weißen reflektierenden Rändern des platten Highwaysund der gestrichelten gelben Linie, die aussieht wie eine Autopsienaht, ist er sich aber nicht so sicher.
    Trotzdem. Er kann nicht aufhören, an sie zu denken.
    Er kommt sich wie ein Abhängiger vor. Diese Fahrt sollte ihm helfen, clean zu werden.
    Es funktioniert nicht.
    Er dreht das Radio an, lässt es nach Sendern suchen, nach irgendwas. Es knistert zwischen atmosphärischen Störungen, Countrymusik und religiösen Übertragungen hin und her, bis er sich schließlich für eine nächtliche Radio-Talkshow von Art Bell, Coast to Coast AM ,

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