Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blackhearts: Roman (German Edition)

Blackhearts: Roman (German Edition)

Titel: Blackhearts: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Wendig
Vom Netzwerk:
die Haare spucken.
    Ein paar Kids in Kapuzenshirts hängen bei den nicht mehr genutzten Tennisplätzen rum, lehnen am Maschendrahtzaun. Sie nickt einem davon zu, einem Kleinen in großen Schuhen, der einen Lutscher lutscht. Er nickt zurück.
    Er heißt Chase und ist unter dem Namen Chizzy bekannt.
    Er ist erst dreizehn, aber er verkauft irres Ice. Sie wird ihm schon bald einen Besuch abstatten.
    Dann hört sie den Fluss. Das gedämpfte Rauschen trüben Wassers.
    Neben der Straße: eine Reihe Eichen. Ein paar Blätter, die sich gelb färben. Manche liegen schon auf dem Boden. Andere fallen sich umherdrehend aufs Straßenpflaster.
    Sie gibt sich Mühe, nicht auszurutschen. Nasser Asphalt und beschissene Turnschuhe stellen ein Risiko dar. Das ist es, was das Crystal für sie tut – es macht sie … hypergewahr . Umsichtig. Clever.
    Die Bushaltestelle an der Ecke macht nicht viel her. Kein schickes Plexiglashaus wie bei denen in der Innenstadt,sondern ein immer feuchter, moosverglitschter Holzkasten mit Werbung an jeder Seite (Klempner an der einen, Beerdigungsinstitut an der andern). An den Rändern splittert das Holz ab und fasert aus, sodass es aussieht wie die Borsten eines Besens.
    Keine Mutter zu sehen.
    Schnell geht sie in das Bushäuschen. Jemand dort wartet auf den Bus. Ein dünner Fremder in einem schweren Mantel. Es ist noch nicht kalt genug für einen schweren Mantel, aber hey, dies ist ein freies Land und die Leute können tragen, was sie wollen. Er steht einfach nur da, einen Schlapphut tief ins Gesicht gezogen.
    Zu ihren Füßen liegen zerrissene Seiten, klatschnass und durchweicht. Zeitungsbeilagen, ein Verbrauchermagazin, die gelben Seiten von den … Gelben Seiten.
    Sie spricht den Typen an: »Haben Sie hier eine … eine Frau gesehen?«
    »Mm? Hm-mm. Nein.«
    »Kleine Frau. Haare kurz geschnitten. Sie müsste in einem …« Was zum Teufel fährt ihre Mutter zur Zeit? »… Ford gekommen sein, denke ich. Blauer Ford Focus.« Ist ein nettes Auto. Annie wünschte, sie könnte so ein Auto haben.
    »Ich sagte nein !«
    Okay. Was soll’s. Danke für die Hilfe, Arschloch.
    Sie geht raus in den spuckenden Nieselregen und sieht nach links und rechts die Straße runter. Nichts. Keine parkenden Autos. Keine Mutter. Entweder war sie schon hier und ist wieder abgezogen oder sie hat sich verspätet.
    Mutter verspätet sich nie.
    Sie hört ein Schlurfen hinter sich – der Mann, der sich bewegt und mit dem Schuh die ruinierten Seiten vergessener Publikationen streift.
    Aber dann hört sie noch etwas anderes: die Stimme ihrer Mutter, die hinter ihr flüstert.
    »Sünd’ge Annie.«
    Sie macht Anstalten, sich umzudrehen, aber –
    Etwas Schweres knüppelt ihr auf den Hinterkopf, und die Welt stürzt in ein dunkles Loch hinein. Für einen kurzen Moment blinzelt Annie und findet sich auf Händen und Knien auf dem Boden wieder. Ein vergilbtes Blatt krabbelt vor ihr her wie eine Krabbe, weil es von einem kurzen und plötzlichen Wind in diese Richtung getrieben wird.
    Ein weiterer Schlag trifft sie auf den Hinterkopf.
    Für Annie Valentine heißt es: Lichter aus.

ACHTUNDZWANZIG

Trojanisches Pferd
    Regen – eher ein beständiger Nebel als ein tatsächlicher Regen – sammelt sich auf einer Windschutzscheibe, auf der bereits Pollenschlieren sind. Die Scheibenwischer erledigen das Verschmieren prima.
    Miriam fragt Katey nach den beiden Mädchen. Katey kennt das schwarze Mädchen mit den krausen elektrostatischen Haaren. Es heißt Tavena White. Ihre Mutter ist eine Säuferin und lebt von Sozialhilfe. Papa sitzt schon lange im Gefängnis, weil er eine illegale Autoausschlachtwerkstatt außerhalb von Scranton betrieben hat.
    »Ich finde es komisch, wenn Schwarze ›White‹ als Nachnamen haben«, sagt Miriam. Katey wirft ihr einen abschätzigen Blick zu. »Was? Das ist nicht rassistisch! Das ist nur Verständnis für Ironie. Und weißt du, es ist doppelt ironisch, weil …?«
    Warte   … warte   …
    »Miriam Black«, sagt Katey.
    »Bingo, bongo, Bongos-im-Kongo.«
    Ich bin mir sicher, wenn Tavena den Kopf abgehackt bekommt, wird sie das auch komisch finden.
    Ein Frösteln kriecht Miriams Wirbelsäule hoch. Eine Parade von Babyspinnen.
    Vor ihnen: die Schule.
    Die eisernen Torflügel stehen offen. Homer wacht über sie. Ein Wagen hält an, und Miriam sieht den Insassen einen Ausweis zücken und hineinfahren.
    Katey fährt als Nächste vor. Hält kurz ihren Ausweis hin. Miriam winkt Homer schnell lässig zu, und

Weitere Kostenlose Bücher