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Blackhearts: Roman (German Edition)

Blackhearts: Roman (German Edition)

Titel: Blackhearts: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Wendig
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herein.
    Der Geruch im Innern passt zum Aussehen. Schimmel, Moder, Staub, Hund und eine darunterliegende Schicht von –
    O Gott, Mutter!
    – Tod.
    Es ist dieser schwache Pisse-und-Scheiße-Geruch. Und das Luftspray, das benutzt wurde, um ihn zu überdecken. Der Geruch von Krankenhäusern und Pflegeheimen. Miriamhat das Hunderte von Malen in Visionen gerochen. Sie kennt den Geruch ganz genau, und jetzt ist er hier, nicht in einer Vision, sondern genau hier . Ihr ist ganz komisch im Magen.
    Jack stapft ins Wohnzimmer, lässt sich in einen bombastischen blauen Secondhand-Fernsehsessel fallen, der vor zehn Jahren noch nicht da war, und fängt tatsächlich an, sein Müsli – Fruity Pebbles oder irgendeine billige Kopie – weiter zu essen.
    Wasserflecken an der Decke.
    Schief hängende Bilder.
    Ihr alter Fernseher in der Ecke und auf ihm ein kleinerer Flat-Screen, der das tote Gehäuse als Sockel benutzt.
    »Sag mir nur eins«, setzt Miriam an. »Wie ist Mutter … gegangen?«
    Seine Augen verengen sich. Er mustert sie, während er Milch schlürft. »Woher weißt du das?«
    »Ich kann es riechen.«
    »Ach ja? Hm. Tja. Eines Tages stand sie einfach auf und verließ uns. Gerade du weißt ja, wie das ist.«
    Gerade du?
    »Aber wie ist es passiert?«
    Er schnaubt, und sie hört den Rotz in seinen Nebenhöhlen rasseln. »Herrje, na ja, die mechanischen Einzelheiten davon kenne ich nicht. Ich weiß bloß, dass sie eines Tages einen Entschluss gefasst hat, und das war’s.«
    Einen Entschluss.
    Selbstmord? Ein Nicht-Wiederbeleben?
    »War sie krank?«
    »Würd’ ich schon sagen!« Er wirkt verärgert. »Ich verstehe es immer noch nicht.«
    »Herrgott, Jack, hör auf, um den heißen Brei herumzureden! Wie hat sie uns verlassen?«
    »Weiß ich doch nicht!«, sagt er und ist auf einmal aufgeregt. »Sie wird wohl den Bus genommen haben. Und dann,verdammt, ein Flugzeug wahrscheinlich. Ich glaube, es war ein Flugzeug. Ist nicht mein Bier, wie sie reist!«
    »Bus. Flugzeug. Reisen?« Miriam stellt sich den Sensenmann vor, wie er eine United-Airlines-Boeing fliegt, sich dabei keck an die Kapitänsmütze tippt und seinen glänzenden Fledermausanstecker zurechtrückt. »Beim verdammten Allmächtigen, wovon redest du?«
    »Von deiner Mutter. Wie sie nach Florida gereist ist.«
    »Flor … verficktes Florida?«
    »Mannomann, du hast dir ja ein ganz schön loses Mundwerk zugelegt, junge Dame!«
    »Halt verdammt noch mal die Klappe, Onkel Jack! Du sagst, sie ist in Florida? Sie ist nicht tot?«
    Er sieht sie an, als hätte sie irgendeine Hirnstörung. »Genau, das sage ich.« Er lacht. »Du hast gedacht, sie ist tot? Das ist ja witzig! Nee, sie hat sich bloß Richtung Süden aus dem Staub gemacht.«
    »Warum hast du das nicht einfach gesagt?«
    »Ich dachte, du wüsstest es! Du hast gesagt, du wüsstest es. Dass du es … riechen könntest.« Er legt die Stirn in Falten, schlürft geräuschvoll den letzten Rest der bunt schillernden Zuckermilch aus der Schale. »Wenn ich es mir recht überlege, dann war das ’ne ziemlich merkwürdige Aussage.«
    »Ach ja, findest du?« Miriam merkt, wie ihre inneren Organe sich langsam entwirren und wieder ihre ursprünglichen Positionen einnehmen. »Also, was hat es mit dem Geruch hier drin auf sich?«
    »Was für ein Geruch?«
    Dieser Geruch ist er selbst. Er oder der Hund.
    »Vergiss es. Wann ist Mutter nach Florida gegangen?«
    »Vor ungefähr … zwei Jahren, würde ich sagen. Ging runter, um beim Bau irgendeiner neuen Kirche zu helfen, und beschloss zu bleiben.«
    Florida. Bäh! Da ist der Sensenmann wieder, nur dass er diesmal auf einem Jet-Ski die Küste entlang fährt. Und dabei alte Leutchen rechts und links mit seiner Sense einfängt. Sonne, Spaß und Hautkrebs – und Kolostomiebeutel.
    Es fällt ihr schwer, sich ihre Mutter dort vorzustellen. Diese kleine Walnuss von einer Frau. Hart wie ein Nierenstein. Und so blass. Sie wird nicht wirklich sehr braun, sondern bekommt eher Blasen.
    Miriam sagt sich, dass sie froh ist, dass die Wiedervereinigung nicht stattgefunden hat. Heute nicht, vielleicht niemals. Aber dieses seltsame Gefühl – was hat es damit auf sich? Ist das der aufgewühlte Schlamm der Enttäuschung, der diese Wasser trübt? Enttäuschung … worüber? Dass sie ihre allerliebste Mami nicht zu sehen bekommt? Mami, die sie jeden Tag wie einen Bürger zweiter Klasse behandelt hat, bis sie erfuhr, dass ihre Tochter schwanger war?
    »Und?«, sagt Jack, während er die Schale

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