Blackhearts: Roman (German Edition)
Hüftenstüber.
Miriam kichert gekünstelt und sagt dann: »Na, so was! Ex-cuse-ey moi! Hey, hast du jemals drüber nachgedacht, einen Schmetterling machen zu lassen? Oder ein Einhorn? Oder – o mein Gott – ein asiatisches Symbol, das ›Schmetterling, der auf dem Horn eines Einhorns landet‹ bedeutet?«
Das Mädchen schaut sie verständnislos an. Sie ist sich nicht sicher, ob das ein Scherz ist. Ihr Blick huscht zu dem Typ hinterm Tresen und sie fragt: »Macht ihr so was?«
»Äh …«, sagt er bedeppert. »Kann sein?«
Miriam schnippt dem Mädchen mit dem Finger an die Nase –
Sie ist hundert Jahre alt. Es ist ihr Geburtstag. Große Torte. Eine Kerze, keine hundert, denn sie hätte weiß Gott nicht genug Luft, um hundert Kerzen auszublasen. Kinder und die Kinder von Kindern und andere haben sich versammelt, um zu feiern. Sie beugt sich zurück um einen böigen Atemstoß in der alten Lunge aufzubauen, die aussieht wie ein Leintuch, in das man Käse eingeschlagen hatte, beugt sich vor, um auszuatmen und – ein Blutklümpchen schießt in ihr Gehirn wie eine .22ger-Kugel und mit einem Schlag ist sie mausetot. Als sie nach hinten kippt und ihre Füße in die Luft ragen wie bei der Hexe, die von Dorothys Haus erschlagen wurde, verziert ein kleiner blauer Schmetterling – inzwischen verzerrt wie ein Bild auf bearbeiteter Knetmasse – ihren Knöchel.
– und das Mädchen prallt zurück.
»Au! Hey!«
»Nein, Dumpfbacke, so was machen sie nicht. Wenn man will, dass seine Tätowierung etwas bedeutet, dann kommtman nicht einfach vorbei und sucht sie sich aus einem blöden Buch aus. Man kommt hier rein und weiß, was man will. Man knallt einen Entwurf auf die Theke und man sagt: ›Ich will diesen verdammten Tiger für immer auf meine Arschbacke gezeichnet kriegen, denn Menschenskind, weißt du was? Ich bin das Auge des Tigers! Ich bin bereit für den Nervenkitzel des Kampfes! Ich stelle mich der Herausforderung meines Rivalen!‹«
»Vielleicht bin ich ja noch nicht bereit.«
Der Tätowierer sieht zu, wie sich die Ereignisse entwickeln. Blasiert und weitgehend unberührt.
»Du bist nicht bereit, Knalltüte! Eine Tätowierung ist Ausdruck deines inneren Ichs, der auf dein äußeres Ich gestochen wird. Das ist zutiefst spiritueller Scheiß.«
»O Gott, du hast recht! Was für ein Tattoo hast du dir stechen lassen?«
»Eine Lenkstange direkt über der Arschritze. Wenn ein Kerl mich jetzt von hinten beackert, kann er so tun, als würde er sich dran festhalten. Na?«
Das Mädchen wirkt entsetzt.
Miriam schnalzt mit den Fingern. »Falls du dich heute nicht tätowieren lassen willst, wieso besorgst du dir dann nicht ein Frozen Yogurt von gegenüber?«
»Aber die Läden sind alle mit Brettern verschlagen!«
»Womöglich hast du mich nicht verstanden. Ich sagte: Verpiss dich !«
Das Mädchen erbleicht und hastet aus dem Laden.
Der Kerl hinterm Tresen blinzelt. »Das war interessant. Ist dir bewusst, dass das eine Kundin war?«
»Sie wird wiederkommen. Sie kriegt einen Schmetterling. Vertrau mir! Ach so, und ihr habt nicht wirklich ein asiatisches Symbol, das Schmetterlinge und Einhörner kombiniert, oder?«
»Nein. Ich glaube nicht.«
»Schön. Dann können wir ja weitermachen. Du bist Bryan?«
»Der bin ich. Warum?«
Miriam will ihm die Hand geben – doch sie hält sich zurück. Reiß dich zusammen, Mädchen!
»Ich habe angerufen. Wegen dem Schwalbentattoo.«
»Ah! Richtig. Auf geht’s!«
Er bückt sich und zieht unter Grunzen ein anderes Buch hervor – es ist ein wahres Mörderteil, randvoll mit Seiten und Bildern. »Ich mache Fotos von allen Arbeiten, die ich steche.«
Er beginnt, Seiten umzublättern. Skelette auf Motorrädern, Namen von Ehefrauen und Freundinnen, Efeu um einen Bizeps, das Gesicht des Teufels auf der Innenseite des Oberschenkels irgendeiner Tusse.
Er blättert weiter, und auf der nächsten Seite ist eine Stacheldrahtwindung um das Handgelenk eines Mädchens.
Miriam kann einen Schauder kaum unterdrücken.
Die nächsten paar Seiten: Schwalbentätowierungen. Dutzende davon. In Rosa und Blau, mit Federn wie Wolken, süße Augen, viele mit Spruchbändern in den Schnäbeln, auf denen die Namen von geliebten Menschen prangen. Bryan kommt zur letzten Seite, tippt auf ein Foto, das dort festgeklebt ist. »Hier.«
Der Champagnerkorken schießt nicht mit einem Knall aus der Flasche, sondern fällt vielmehr schlapp und mit einem dumpfen Laut auf den Boden.
»Das ist es
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