Blacklist - Blacklist - Blacklist
Saturn brach aus. Ich versuchte, ihn wieder unter Kontrolle zu kriegen, steuerte gegen. Wie durch ein Wunder landeten wir in der Mitte der Straße, in falscher Richtung, aber wenigstens nicht im Straßengraben.
»Das ist Olins Stimme«, sagte Geraldine überrascht, ohne die wilde Drehung zu beachten.
»Und die von Marc Whitby«, sagte ich.
Ich fuhr an den Rand, wobei ich darauf achtete, nicht in den Graben zu schliddern, und spulte das Band zurück. Marc hatte den Recorder offenbar in seine Tasche oder in einen Aktenkoffer gesteckt, ihn aber nicht abgeschaltet; er hatte das gesamte Gespräch aufgezeichnet.
Olin gab ein dünnes Lachen von sich. »Diese Neger-Tänzerin - wie hieß sie gleich? Ballantine, ja, richtig. Sie war sehr raffiniert. Aber ich sagte ihr, sie schätze mich ausgesprochen falsch ein, wenn sie glaube, dass sie mich durch Weinen und Schreien umstimmen könne: Gefühlige Frauen waren mir seit jeher ein Gräuel. Und eine hysterische Negerin ist ein absurder Anblick.«
»Haben Sie deshalb diesen Brief an die Universität geschrieben, in dem Sie verlangten, dass Kylie entlassen wurde?«, fragte Marc. »Weil sie ihre Gefühle abstoßend fanden?«
Das Mikro erfasste nicht alles, deshalb fehlte der erste Teil von Olins Antwort. »Die University of Chicago hatte wahrlich Besseres verdient als diese Roten, die damals die Fachbereiche infiltrierten. Ihr konnte ich nachweisen, dass sie einer kommunistischen Vereinigung angehörte. Wenn ich es bei den anderen hätte beweisen können, hätte ich auch dafür gesorgt, dass die ihre Stellung verlieren, junger Mann. Glauben Sie nicht, dass es hier um Geschlecht oder Rasse ging. Es ging um Amerikas Sicherheit.«
»Ich habe das Foto gesehen - es befindet sich in den Archiven der Universität. Woher wussten Sie, dass Ms. Ballantine dabei war? Und woher wussten Sie, wo es aufgenommen wurde? Ich nehme auch an, dass es sich um ihre Gruppe handelte, weil die Tänzer Masken tragen, wie sie Ms. Ballantine aus Französisch-Äquatorialafrika mitgebracht hat, aber das konnten Sie nicht wissen.«
»Ich habe darüber seit über vierzig Jahren nicht gesprochen, junger Mann. Wieso sollte ich das gerade jetzt tun?«
»Weil ich darüber schreiben werde. Wenn Sie mir Ihre Geschichte nicht erzählen, werde ich Mutmaßungen über Ihre Verhaltensweisen und Motive anstellen, und die bekommt die Welt dann vorgesetzt.«
Das Band klang wieder undeutlich, aber dann hörte man, wie Olin Domingo Rivas herbeirief und sagte, er solle ihn zu seinem Schreibtisch führen. Ich hatte Marcs Kassettenrecorder nirgendwo entdeckt, aber es war offenbar ein gutes Gerät, denn man hörte sogar das Geräusch von Olins Gehhilfe auf dem Teppich. Marc folgte ihm offenbar, denn Rivas murmelte: »Ja, Sir, ein paar Schritte noch, dann haben wir's.« Darauf hörte man das Scharren der Schublade und Olins Äußerung, von der mir Rivas letzte Woche berichtet hatte: »Ich bin alt, und die Zeit für Geheimnisse ist vorüber. Auch für die Geheimnisse, die ich vor mir selbst hatte.«
Papier raschelte. Es war fast unerträglich, in Marcs Auto zu sitzen und nicht zu wissen, was sie gelesen hatten.
Kurz darauf sagte Olin: »Ich habe eine Kopie unterzeichnet, Calvin die andere. Julius Arnoff hat beide beglaubigt und eine dritte Kopie im Safe der Kanzlei Lebold & Arnoff deponiert.«
Marc rief aus: »Aber wieso haben Sie das unterschrieben?«
»Calvin hat eine Kopie von was unterschrieben?«, kreischte ich.
»Mr. Bayard hat Ihnen das Foto geschickt?«, sagte Marc.
»Er hat es mir gegeben. Nachdem Llewellyn mich zu ihm geschickt hatte.«
»Mr. Llewellyn?«, fragte Marc. »Der Herausgeber von T-Square?«
»Ach, Sie arbeiten in seinem Konzern, nicht wahr, junger Mann? Ich hatte ganz vergessen, dass T-Square aus seinem Haus stammt. Ja, er hatte alle diese Schecks unterschrieben, und wir hatten ihn am Wickel. Bushnell wollte ihn einlochen; er hasste Neger-Agitatoren noch mehr als Rote, und Llewellyn war für ihn beides zugleich. Aber ich wusste, dass Calvin hin terhältig und gerissen war, deshalb glaubte ich Llewellyn. Wir luden Calvin zur Anhörung vor. Er saß da mit einem Lächeln, als gehöre ihm die Welt. Gott, dieses Lächeln habe ich am meisten an ihm gehasst. Er brachte grinsend seine Aussage hinter sich, und dann beging ich einen Fehler.«
Marc war ein erfahrener Journalist, er machte jetzt keinen Druck, sondern wartete ab, bis Olin selbst seine Geschichte fortsetzte. »Ich konfrontierte ihn nach der
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