Blacklist - Blacklist - Blacklist
geflohen waren, wo man ihre Familien und Freunde ohne Anklage und Prozess verhaftet und getötet hatte. Sie sprachen beide kein Wort, bis Lotty leise sagte, sie mache mir etwas Heißes zu trinken gegen meine Erkältung. Ich wollte ihr in die Küche folgen, doch Max schüttelte den Kopf. Als sie mit einem Trunk zurückkehrte, der nach Zitrone schmeckte und mir ausgesprochen gut tat, waren der Wetterbericht und die endlose Werbepause vorbei.
Lotty kam gerade herein, als Dennis Logan mit seiner provozierenden Frage das Interview eröffnete.
»Mir war nicht klar, dass es hier um Klatsch und Tratsch geht, Dennis«, entgegnete Renee. »Mein Mann hat Olin Taverner viele Jahre lang höchstens flüchtig gegrüßt. Die beiden sind natürlich im selben Umfeld aufgewachsen und kannten dieselben Leute; man verlässt auch keine Einladung bei einen Senator oder Gouverneur, nur weil man einen der Gäste nicht leiden kann.«
»Aber es muss doch für Ihren Mann schwer erträglich gewesen sein, dass der Mensch, der ihn beruflich vernichten wollte, bei vielen politischen und gesellschaftlichen Anlässen ein gern gesehener Gast war.«
Renee beugte sich mit so heftig gerunzelter Stirn vor, dass ihre buschigen Augenbrauen sich berührten. »Wissen Sie, Calvin und ich waren so beschäftigt mit dem Aufbau von Bayard Publishing, und dann die Stiftung - auf die Einhaltung des Ersten Zusatzartikels zu drängen, sollte nicht so viel Zeit in Anspruch nehmen, aber es ist leider so -, dass wir uns nicht auch noch den Kopf über Olin Taverner zerbrechen konnten. Wir trafen ihn natürlich gelegentlich im Konzert oder im Chicago Club, aber seit er im Ruhestand war, sah man ihn nicht mehr in der Stadt. Ich hatte lange nicht mehr an ihn gedacht.«
»Sie dachten nicht mehr an ihn, obwohl einige Persönlichkeiten - darunter Ihr eigener Sohn - uns davon überzeugen wollten, dass man die McCarthy-Ära in neuem Licht betrachten und Leute wie Taverner oder den Kongressabgeordneten Bushnell als amerikanische Helden anerkennen sollte, die versucht hatten, das Land vor Feinden aus dem Inneren zu schützen?«
Dennis blickte so ernsthaft, als kenne er sich mit der Materie bestens aus und als bedeute sie ihm etwas; in Wirklichkeit versuchte er nur, Renee zu einem Gefühlsausbruch vor laufender Kamera zu verleiten. Doch sie beherzigte den Rat, den sie auch Catherine gegeben hatte: über den Dingen stehen.
»Ich halte es für gefährlich, Menschen zu Helden zu erklären, die unsere Verfassung untergraben wollen. Es ist besonders wichtig, sich jene Zeit vor Augen zu halten, da solche Aussagen von unserer gegenwärtigen Regierung unwidersprochen bleiben. Doch im Gegensatz zu manchem Talkshowmoderator oder Leitartikelschreiber bin ich nicht der Ansicht, dass Menschen, die meine Meinung nicht teilen, inhaftiert oder aus dem Land gejagt werden sollten. Ich erwarte von ihnen nur, dass sie mein Recht akzeptieren, eine andere Meinung zu haben und sie zu äußern.«
»Obwohl Ihr eigener Sohn zu jenen gehört, die Anklage erheben?«
Renee Bayards Lächeln wirkte starr. »Edwards hat mit seinen Essays in Commentary und National Review keine Anklage erhoben, Dennis. Er vertritt eine andere Position, als sein Vater und ich sie einnehmen würden, aber so weiß ich zumindest, dass wir ein Kind großgezogen haben, das eigenständig denken gelernt hat. Kind - natürlich ist er längst erwachsen und hat selbst eine Tochter, auf die Calvin und ich sehr stolz sind. Sie bestand darauf, heute Abend mit ins Studio zu kommen.«
Dennis blickte etwas säuerlich, als die Kamera auf Catherine schwenkte, die mit leuchtenden Augen in einer Ecke des Studios saß. Er redete weiter, damit die Kamera sich wieder ihm zuwandte. »Da wir gerade von Haftstrafen sprechen, Renee - viele Leute haben sich gefragt, wie es Ihrem Mann möglich war, bei den Anhörungen ohne Anklage wegen Missachtung des Gerichts oder eine Haftstrafe davonzukommen.«
»Es gab keinen Grund, Calvin zu inhaftieren. Er hatte kein Verbrechen begangen und war auch nie eines Verbrechens angeklagt worden. Unser Sohn mag unsere politischen Ansichten nicht teilen, aber ich glaube kaum, dass er behaupten würde, sein Vater gehöre ins Gefängnis.«
»Aber Calvin war Mitglied des Commitee for Social Thought and Justice«, insistierte Logan. «Und er hat sich im Kongress geweigert, Fragen darüber zu beantworten. Diese Anhörung wurde damals im Fernsehen gezeigt; ich habe das alte Band gefunden, als wir heute Nachmittag nach
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