Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Blacklist - Blacklist - Blacklist

Titel: Blacklist - Blacklist - Blacklist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky , Pößneck GGP Media GmbH
Vom Netzwerk:
erklären, wie Ihr Mann es geschafft hat, ungeschoren davonzukommen?«
    »Calvin war schon immer sehr charmant.« Diesmal wirkte ihr Lächeln warm und ungekünstelt, sogar ein wenig schelmisch, was sie viel sympathischer machte. »Mich hat er im zarten Alter von zwanzig Jahren mit seinem Charme aus Vassar weggelockt. Vielleicht hat er auch Walker Bushnell damit beeindruckt, obwohl das gewiss nicht einfach war. Sie sind zu jung, Sie haben den Kongressabgeordneten nicht mehr kennen gelernt, nicht wahr, Dennis? Aber ich habe einige -«
    Logan merkte, dass ihm das Gespräch entglitt, und sagte hastig: »Wir hatten auf eine Äußerung von Calvin zu Olin Taverners Tod gehofft, aber er wollte nicht ans Telefon kommen.«
    Renee Bayard wurde wieder ernst. »Zu Olins Tod? Calvin hasst es, sich hochtrabend über gewöhnliche körperliche Vorgänge zu äußern, und nichts ist gewöhnlicher als der Tod.«
    Logan gab sich geschlagen. »Gleich mehr zu Olin Taverner und dem Komitee, Experten für Verfassungsrecht werden dann bei uns sein. Renee, vielen Dank, dass Sie hier waren. Ich weiß, dass dieser Abend nicht leicht für Sie ist.«
    Sie brachten einen Werbespot, bevor Renee antworten konnte. Lotty schaltete den Fernseher aus.
    »Ich würde sagen, haushoher Sieg für die Dame«, bemerkte Max. »Er wollte etwas, was er nicht bekommen hat.«
    »Dieses alte Filmmaterial war erschütternd«, fügte Lotty hinzu. »Ich hatte mich nie näher mit diesen Anhörungen beschäftigt. Aber es ist doch sehr sonderbar, dass ihr Sohn sie verrät.«
    »Er verrät sie nicht«, widersprach ich. »Sie haben ihn zu eigenständigem Denken erzogen.«
    »Er denkt aber nicht eigenständig«, entgegnete Lotty. »Er redet einfach das nach, was diese ganzen rechten Irren in Amerika sagen.«
    »Ich würde jedenfalls gerne wissen, weshalb er in Washington lebt und seine Tochter bei der Großmutter in Chicago. Und warum er politisch so andere Ansichten vertritt als seine Eltern. Und wieso Calvin Bayard sich nicht zu Taverners Tod äußert. Und jede Menge anderer Dinge, die mich nichts angehen. Ich werde jetzt auf jeden Fall meine rote Nase ins Bett befördern, auch wenn ich mich nach deinem tollen Trunk schon viel besser fühle, Lotty. Danke - für alles.«
    Max und Lotty hielten sich umschlungen, als sie mich zum Aufzug brachten. Als ich runterfuhr, spürte ich sowohl die Geborgenheit und Sicherheit, die man angesichts Liebender empfindet, als auch Wehmut, weil ich ausgeschlossen blieb aus ihrer Zweisamkeit.

15
Haus der Toten
    Für mich ist die South Side immer gleichbedeutend mit den zerfallenen Fabriken aus meiner Kindheit im Süden Chicagos, wo ich aufgewachsen bin; als ich ein Stipendium an der University of Chicago sechs Kilometer weiter oben am See bekam, machte ich immer abfällige Bemerkungen über die Leute aus Hyde Park, die große Gärten hatten und ihre Kinder auf teure Schulen und in exklusive Ferienlager schickten und sich dann als South Sider sehen wollten - die mochten unterhalb der Madison Street wohnen, aber eigentlich gehörten sie in die Restaurants und Theater auf der anderen Seite des Loop.
    Bronzeville dagegen, wo Marcus Whitby sich ein Haus gekauft hatte, war ein ganz anderer Teil der South Side, den ich nur vom Hörensagen kannte. Ich fand mich rechtzeitig dort ein, um mir einen Eindruck zu verschaffen. Es mochte an Lottys magischem Trank liegen oder an meiner ungestörten Nachtruhe ohne Anruf von Geraldine Graham - jedenfalls war ich früh und mit neuem Elan aufgewacht. Ich hatte eine ordentliche Runde mit den Hunden gedreht, war dann ins Büro gefahren, um Nachrichten zu checken und einen Bericht fertig zu stellen, und hatte es trotzdem geschafft, noch vor halb neun an der Twenty-sixth Street, Ecke King zu sein, wo Bronzeville anfängt. Ich hielt kurz an einer Statue, die man zum Angedenken an die großen Immigrationswellen von Schwarzen errichtet hatte. Als ich die King entlangfuhr zur Thirty-fifth Street, kam ich an den verlassenen Häusern vorüber, die einst die so genannte Schwarze Metropolis ausgemacht hatten. Whitbys Assistentin, Aretha Cummings, hatte es tags zuvor treffend formuliert: Keiner vermisste die Rassentrennung, aber es war bedrückend, Zeuge des Verfall einer einstmals vitalen Gemeinschaft zu sein.
    Dasselbe ist mit South Chicago passiert; ich kann es kaum ertragen, in das Viertel meiner Kindheit zurückzukehren, weil dort alles zerfällt. Aber South Chicago hat eine Arbeitslosenrate von vierzig Prozent und die

Weitere Kostenlose Bücher