BLACKOUT - Morgen ist es zu spät - Elsberg, M: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät
hatte keinen Grund zu zweifeln, dass sie tatsächlich Journalistin war. Aber vielleicht war sie mehr? Sie wäre nicht die erste Berichterstatterin, die für einen Geheimdienst arbeitete. Was erneut die Frage aufwarf, warum sie die E-Mail in seinem Laptop hätte platzieren sollen. Interesse daran konnten eigentlich nur diejenigen haben, die den Strom abgedreht hatten. Gehörte sie zu ihnen? Aber würde sie in diesem Fall als Erste über die Manipulationen berichten? Warum nicht.
»Was ist?«, fragte sie. »Du schaust mich so komisch an.«
»Woher wusstest du, wohin ich von Den Haag aus fahre?«
»Von niemandem. Ich bekam mit, dass du deine Sachen packst, da habe ich dasselbe getan und bin dir hinterher.«
Er saß da, musterte sie, spürte die Wunde an seinem Oberschenkel pulsieren. Er konnte sich nur auf sein Gefühl verlassen.
Schließlich begann er zu erzählen.
Den Haag
Das Gedränge auf dem Platz hatte nachgelassen. Nur um die Bauern auf ihren Pferdewagen sammelten sich noch Trauben von Menschen, überboten sich, um ein paar Kartoffeln, Rüben, Karotten, Kohlköpfe oder verschrumpelte Winteräpfel zu ergattern. Die Bewacher mussten zu vorwitzige Kunden immer wieder mit Mistgabeln oder Flinten zurückdrängen. Bollard zog sein Portemonnaie hervor und prüfte den Inhalt. Dreißig Euro. Wie viel er damit wohl kaufen konnte?.
Er musste es versuchen. Er drängte sich zwischen die anderen, streckte seine Scheine in die Luft, rief: »Hier! Hier!«
Der Bauer auf dem Wagen beachtete ihn nicht einmal. In den anderen hochgereckten Händen sah Bollard deutlich höhere Summen. Er fragte sich, warum die Polizei diesem Treiben keinen Einhalt gebot. Er selbst hatte keine Exekutivgewalt in einem fremden Land, durfte nichts tun. Ohne Waffe würde er hier ohnehin nichts ausrichten, einen simplen Polizeiausweis würden die Anwesenden auslachen. Erschöpft ließ er sich zur Seite drängen.
Für das Mittagessen von Marie und den Kindern würden die Konserven ausreichen, überlegte er auf dem Weg zurück zum Fahrrad. Aber was sollten sie heute Abend essen?
Düsseldorf
»Und nun?«, fragte Shannon.
»Keine Ahnung«, erwiderte Manzano.
»Du bist doch das Computergenie. Wenn es wirklich stimmt, was du glaubst – dass ein Fremder die E-Mails von deinem Computer geschickt hat –, könntest du herausfinden, wie es durchgeführt wurde, oder noch besser, wer es gewesen ist?«
»Vielleicht. Hängt davon ab, wie professionell dieser Jemand vorgegangen ist. Wenn er gut ist, hat er keine brauchbaren Spuren hinterlassen. Aber dazu müsste ich an meinen Computer.«
Sein verletzter Oberschenkel pochte.
»Die zweite Frage ist, woher kannten die Leute deine Pläne?«
»Habe ich mir auch schon gestellt«, bemerkte Manzano. »Kann eigentlich nur jemand bei Europol sein. Oder jemand, der die Pläne von Europol kennt.«
»Oder diese Polizisten hier in Deutschland, denen dein Besuch angekündigt war.«
»Welchen Grund sollte einer von ihnen haben, mich in so einen Schlamassel hineinzureiten?«
»Sie brauchen einen Verdächtigen, weil sie die echten Täter nicht finden.«
»Das würde doch das Problem nicht lösen.«
»Wer weiß, wozu verzweifelte Menschen in der Lage sind?«
»Ich«, flüsterte Manzano und musste an die letzte Nacht denken.
»Gehen wir einmal davon aus, dass unsere lieben Behördenmitarbeiter korrekte Beamte sind und nur ihren Job machen. Wie haben die Angreifer dann von deiner Reise erfahren?«
»Ich kann mir nur eine Möglichkeit vorstellen. Sie belauschen Europol irgendwie.«
»Wie sollte das gehen?«
»Einfach. Dass sie in supergeschützte Systeme eindringen können, haben sie schon bei den Energiekonzernen bewiesen. Warum sollten sie also nicht das Europol-System infiltriert haben? Und andere wahrscheinlich auch. Wenn du einmal drin bist, kannst du allerhand anstellen. Ich habe selbst gesehen, wie Bollard per Computer mit dem Direktor von Europol telefoniert hat. Diese Gespräche kannst du dann in Echtzeit mithören und -sehen.«
»Aber wie kommen sie auf deinen Computer, um die E-Mails von dort abzuschicken?«
»Bollard ließ meinen Laptop überwachen. Damit könnte er den Angreifern ein Einfallstor geöffnet haben.«
»Sollten wir ihm das nicht sagen? Ich könnte das tun.«
»Dann wissen sie erstens sofort, dass du Kontakt mit mir hattest. Und es geht dir genauso wie mir. Außerdem kommst du telefonisch gar nicht mehr nach Den Haag durch.«
»Glaubst du, die denken von allein auch darüber
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