BLACKOUT - Morgen ist es zu spät - Elsberg, M: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät
ohne das Gesicht zu verziehen, »können Sie das von Ihren Kumpanen inszeniert haben lassen.«
Manzano stöhnte auf. »Glauben Sie denn noch irgendjemandem?«
»Nein.«
Paris
»Macht schon«, rief Blanchard verärgert. Auf der Übersichtstafel im Centre National d’Exploitation Système bildeten zwar mehr grüne Linien Inseln im roten Netz Frankreichs, aber nicht so viele, wie er gehofft hatte.
»Wir haben schon fast vierzig Prozent des Versorgungsgebiets wieder am Netz«, berichtete er Tollé. »Bei ersten kleineren Inseln sind uns bereits Synchronisationen geglückt. Wenn das so weitergeht, haben wir bis morgen fast das ganze Land unter Strom.«
»Haben Sie das nicht schon gestern für heute angekündigt? Was ist mit Cattenom und Tricastin?«, fragte der Sekretär des Präsidenten.
»Hm, na ja …«
»Soll das heißen …?«
»Die beiden Anlagen stehen für eines der größten Probleme«, sprang ihm Proctet bei. »In insgesamt zwölf der achtundfünfzig französischen Reaktoren kam es zu leichteren oder schwereren Zwischenfällen. Noch nicht mitgezählt dabei ist Saint-Laurent Block 1.«
Für einen Moment herrschte Stille.
»Das heißt, wir müssen in den kommenden Tagen zum Teil noch mit instabilen Netzsituationen rechnen. Vielleicht kommt es in manchen Regionen zeitweise erneut zu Ausfällen. Die sollten dann aber höchstens ein paar Stunden andauern.«
»In Cattenom und Tricastin droht der GAU , und Sie reden hier nur dumm herum!«, explodierte Tollé. »Dort bleiben vielleicht noch vierundzwanzig Stunden bis zur endgültigen Katastrophe!«
Den Haag
»Was mich interessieren würde«, sagte Manzano, »ist, wie die Typen überhaupt auf die Idee kamen, die E-Mails auf meinem Laptop zu platzieren, und woher sie wussten, dass ich zu Talaefer unterwegs war.«
Bollard musterte ihn. »Nachdem Sie bei Hartlandt darauf bestanden, dass die Informationen aus unserem Haus kommen mussten, überprüften unsere IT -Leute sicherheitshalber unser System.«
»Ihre IT -Leute haben etwas in den Europol-Systemen gefunden?«
Bollard war es sichtlich peinlich zuzugeben: »Sie fanden Programme, die auf den meisten unserer Computer den E-Mail-Verkehr mitlesen, aber auch Kameras und Mikrofone aktivieren konnten.«
»Na, Ihr Sicherheitsbeauftragter möchte ich nicht sein …«
»Ich auch nicht. Und auch nicht jener der deutschen, französischen, britischen und anderer Regierungen beziehungsweise Krisenstäbe. Wie es scheint, sind die Typen überall eingedrungen und lasen, sahen und hörten alles mit.«
»Sahen, hörten, lasen – tun sie jetzt nicht mehr?«
Sie schraken hoch, als sie von draußen Schüsse hörten. Liefen zum Fenster.
»Kommen die jetzt auch hierher?«, murmelte Shannon. Auf der Straße war niemand zu sehen.
»Die Verantwortlichen in den Staats- und Organisationsspitzen beschlossen, vorerst nichts gegen die Infiltration zu unternehmen«, fuhr Bollard fort. »Allerdings wird nun doppelt kommuniziert. Wichtiges und Geheimes läuft ausschließlich über spezielle Kanäle und wird nicht mehr in der Nähe angezapfter Computer besprochen.«
»Na, ob das durchgehalten werden kann …«
»Über die abgehörten Medien dagegen können wir Falschmeldungen verbreiten, die die Angreifer in die Irre führen könnten.«
»Social Engineering auf breiter Basis. Hm …«
»Sozusagen.«
»Zu aufwendig. Wenn die Typen clever sind, bemerken sie irgendwann die Änderungen in den Kommunikationsmustern. Hängt von der Analysesoftware ab, die sie wahrscheinlich dahintergehängt haben. Wenn die so viele Systeme angezapft haben, wie Sie sagen, können sie die verschiedenen Kommunikationen, die noch dazu teilweise in verschiedenen Sprachen laufen, nicht mehr von Menschen verfolgen lassen. Dazu bräuchten sie viel zu viel Personal.«
»Das nehmen wir auch an«, sagte Bollard. »Vermutlich scannen Softwareprogramme die Gespräche im Hintergrund auf vordefinierte Stichwörter und Formulierungen. Wenn sie welche davon aufspüren, spucken sie selbstständig Warnungen aus.«
»Das ist nicht einmal so aufwendig«, meinte Manzano. »Die NSA und andere machen das seit Jahren weltweit. Der einzige Vorteil ist, dass solche Algorithmen eher dafür geschrieben sind, etwas Bestimmtes zu suchen als etwas zu vermissen.«
Paris
Die Direction centrale du renseignement intérieur, der französische Inlandsgeheimdienst, hatte ihr Hauptquartier in der Pariser Vorstadt Levallois-Perret. Direktor Jacques Servé persönlich hatte die
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