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BLACKOUT - Morgen ist es zu spät - Elsberg, M: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät

BLACKOUT - Morgen ist es zu spät - Elsberg, M: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät

Titel: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät - Elsberg, M: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Elsberg
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Mantel für die wenigen Schritte bis zum Eingang nur vorn zusammen. In der Glastür betrachtete er sein Spiegelbild, die schlaksige Figur, der scharfe Scheitel, dem auch die heftigste Windböe wenig anhaben konnte.
    Zum Glück befanden sich im Keller des Gebäudes dieselgetriebene Notstromaggregate, die ihn auch jetzt den Fahrstuhl benutzen ließen und sein Büro im obersten Stock heizten.
    Er warf den Mantel über einen Stuhl und startete seinen Computer. Während dieser hochfuhr, sah er auf das gerahmte Foto an der gegenüberliegenden Wand. Die Schwarz-Weiß-Aufnahme zeigte einen jungen Mann in der Mode der Siebzigerjahre vor einem altmodischen Rechner.
    Sein erstes Steuerungssystem hatte Bruno Talaefer im Jahr 1973 entworfen. In der nordrhein-westfälischen Provinz machte er das Unternehmen binnen weniger Jahre zu einem weltweit agierenden Unternehmen. Mitte der Achtzigerjahre verwandelte er es zu einer börsennotierten Aktiengesellschaft, in deren Aufsichtsrat er sich zurückzog. Von Beginn an hatten sie Kontroll- und Steuerungssysteme für die wachsende Industrie und Transportlogistik entwickelt, bald waren Lösungen für Stromversorger gefolgt. Den großen Strukturwandel der Branche seit Beginn der Achtzigerjahre hatten sie als Partner der großen Anlagenbauer geschickt begleitet. Mittlerweile stammten über zwanzig Prozent ihres Umsatzes und Gewinns aus diesem Geschäftsfeld.
    James Wickley, geboren in Bath, als Kind eines Diplomaten in London, Singapur und Washington aufgewachsen, ausgebildet in Cambridge und Harvard, seit vier Jahren Vorstandsvorsitzender der Talaefer AG , erwartete einen Boom für die kommenden Jahre. Nach der Deregulierung der europäischen Märkte in den letzten Jahrzehnten stand nun die nächste Umwälzung vor der Tür. Die Einführung der sogenannten Smart Grids entfachte Bonanza-Fantasien in Unternehmen weltweit. Der Grundgedanke war einfach. Bislang hatten große, zentrale Energieproduzenten Strom hergestellt und verteilten ihn über die mittlerweile international zusammengewachsenen Netze an die Endverbraucher. Noch funktionierte dieses System einigermaßen. Der Strombedarf war bekannt. Wasserkraftwerke, Kohlekraftwerke oder Atomkraftwerke lieferten beständig Strom, für den flexibleren Einsatz zu Spitzenzeiten dienten bestimmte kalorische Kraftwerke, vor allem gasbefeuerte.
    In Zukunft würden wesentlich mehr und auch kleinere Einheiten Strom erzeugen. Zudem würden die Quellen ihrer Produktion so unzuverlässige Lieferanten wie Sonne oder Wind sein. Vorläufigen Höhepunkt würde in wenigen Jahren der noch junge Industriezweig des Energy-Harvesting bringen. Dabei wurde Energie etwa beim Gehen aus Mikrokraftwerken in Schuhsohlen gewonnen.
    Mit unzähligen kleinen, unabhängigen und unberechenbaren Stromlieferanten konnten die klassischen Netze nicht umgehen. Schon heute stellte die wachsende Anzahl von Windkraft- und Solaranlagen eine zunehmende Bedrohung der Netzstabilität dar. Gänzlich unkontrollierbar würden die Zustände, wenn künftig jeder Haushalt, gar jeder Mensch ein eigenes Minikraftwerk würde und immer dann Strom ablieferte, wenn er einen Überschuss produzierte.
    Eine weitere tragende Rolle spielte die politische Entscheidung, die europäischen Staaten binnen weniger Jahrzehnte von fossilen Brennstoffen wie Öl oder Kohle und sogar von der Kernkraft unabhängig zu machen. Deutschland etwa wählte dazu den massiven Ausbau der Windkraft. Gigantische Windparks in der Nordsee sollten die Strom fressenden Industrieanlagen im Süden mit Energie versorgen. Umweltschützer gerieten in einen Zwiespalt. Jahrzehntelang hatten sie für den Ausbau alternativer Energiequellen gefochten, um nun feststellen zu müssen, dass Windräder, Hochspannungstrassen und Speicherbecken das ganze Land verunstalten würden. Die Bauindustrie freute sich, Anlieger weniger. An diesem Punkt der Entwicklung kamen auch die Smart Grids ins Spiel. Diese intelligenten Stromnetze sollten sich letztendlich selbst steuern und organisieren. Unzählige Hochgeschwindigkeitssensoren an allen möglichen Stellen im Netz sollten in Echtzeit Stromqualität und Spannung messen. Die zahlreichen verschiedenen Kleinkraftwerke sollten über dieses schlaue Netz zu virtuellen Kraftwerken zusammengeschlossen werden. Die Verbraucher sollten Smart Meter bekommen. Laut einer Vorgabe der Europäischen Union sollten bis 2020 große Teile Europas umgerüstet sein. Manche Staaten wie die Niederlande hatten die Projekte aber

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