Blacksoul - In den Armen des Piraten
durch sein Erscheinen, und er sah fragend von seiner Frau, die sich die Augen tupfte, zu Horatio.
„Liebes, ist alles in Ordnung? Bedrückt dich etwas?“, fragte er besorgt.
„Nein. Ich denke nur gerade, dass dies mein letzter Tag hier im Pfarrhaus sein wird. Ich werde mein Zuhause sehr vermissen.“
Archie hauchte ihr sanft einen Kuss auf die Schläfe.
„Aber wir werden doch nur nach London gehen. Du kannst deine Familie jederzeit besuchen. Und sie dich.“
Horatio nickte zustimmend.
„Jetzt, wo ich dich in guten Händen weiß, überlege ich, ob ich nicht selbst wieder in den aktiven Dienst treten und zur See fahren soll “, gestand er.
„Sehr gut, sehr gut“, stimmte Lord Carlyle zu. „Männer wie Ihr, Horatio, werden dringend gebraucht. Oh, Liebes, ich sehe gerade Mister Redcliff, mit dem ich noch etwas Wichtiges besprechen wollte. Bitte entschuldigt mich“, erklärte er, woraufhin er sich mit einer knappen Verbeugung in Richtung eines gut beleibten Herrn entfernte.
Mit einer unsicheren Bewegung strich sich Catherine über das schlichte cremefarbene Kleid, ehe sie ihren Onkel wieder ansah.
„Willst du das wirklich tun? Was ist mit deinem Eid?“
„Mein Eid bindet mich nicht länger. Du bist nun in Sicherheit. Lord Carlyle hat Rang und Namen, er kann dich besser beschützen als ich. Niemals wird dir William Hawkins in London etwas anhaben können. Und solange ich nicht wieder in seinen Gewässern kreuze, nehme ich an, ist es ihm egal, was aus mir wird.“
„Dann hast du mich angelogen?“
„Womit? Ich habe dich nie angelogen, meine kleine Catherine.“
Er musste lächeln. Seine Nichte war nicht mehr das kleine Mädchen, welches er vor vielen Jahren mit in die Karibik genommen hatte. Sie war zu einer bezaubernden Frau herangewachsen. Einer Frau, die ebenso schön und klug war wie ihre Großmutter, deren Namen sie auch trug. Und sie war nun eine verheiratete Frau. Carlyle war ein angesehenes Mitglied der Londoner Oberklasse. Und, obwohl er um Catherines dunkles Geheimnis wusste, hatte er sie aus Liebe zu seiner Ehefrau gemacht.
„Du hast mir immer beteuert, es hätte dich nicht betrübt, den Dienst zu quittieren und nach Hause zu kommen.“
„Nun das hat es auch nicht. Für deine Unversehrtheit wäre ich noch viel weiter gegangen, hätte ganz andere Opfer gebracht. Du musst verstehen, ich war damals vielen Kapitänen in der Karibischen See ein Dorn im Auge. Und das war im Nachhinein gesehen sogar unser Glück.“
„Wieso? Warum war das unser Glück?“
Nelson zuckte mit den Schultern. Seit Langem hatte er mit niemandem mehr über William Hawkins gesprochen.
„Weil es etwas gab, was ihm wichtiger war, als …“, stockte er, „… als, nun …“
„Als sich an mir zu vergreifen, meinst du?“, fragte Catherine geradeheraus.
„Ja, das wollte ich sagen. Nun, meine Liebe, dadurch, dass ihm meine Anwesenheit auf Antigua derart lästig war, hattest du und dein Wohlbefinden auf einmal einen Wert für ihn. Wie klug es von dir war, ihm zu sagen, wer du bist.“
„Ich weiß nicht mehr so genau, was an jenem Tag passiert ist, aber wenn ich mich recht entsinne, dann hat Mister Reed ihn davor gewarnt, mir etwas zu tun, weil er sonst deinen Zorn zu spüren bekäme.“
Sie runzelte die Stirn und versuchte, sich an den schrecklichsten Tag ihres Lebens zurückzuerinnern. Aus gutem Grund hatte sie versucht, alles, was geschehen war, zu verdrängen. Allein der Gedanke, was man dem stattlichen Kapitän angetan hatte, jagte ihr einen Schauer über den Rücken.
Auch Nelson gedachte seines treuen Freundes und bekreuzigte sich.
„Ja, so muss es wohl gewesen sein“, murmelte Catherine.
„Adam Reed war klug. Er hat dir damit das Leben gerettet.“
„Ich weiß, Onkel. Sogar heute wache ich manchmal noch auf und sehe sein Gesicht vor mir, blutig und zerstört und so voller Verzweiflung.“
„Glaube mir, meine Liebe. Er war ein Mann von Ehre, der, so wollen wir hoffen, einen schnellen Tod fand.“
Wie immer, wenn die Erinnerung an diesen Tag sie heimsuchte, war es ihr, als drücke ein Felsen auf ihre Brust und nähme ihr die Luft. Erneut trübten Tränen ihren Blick.
„Was wird denn Frances dazu sagen, dass du wieder zur See willst?“, wechselte sie schnell das Thema. Horatio war froh über die Ablenkung. Fühlte er doch nach wie vor tiefe Schuld am Tod seines Freundes. Nur zu gut erinnerte er sich an Adams strikte Weigerung, seine Nichte und deren Anstandsdame an Bord zu nehmen. Nur
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