Blade 02 - Nachtklinge
ausgeschaltet hast, ist der Rest ein Kinderspiel.«
»Tatsächlich, Dogaressa?«
»Wir teilen den Byzantinern und den Deutschen mit, dass wir uns mit demjenigen verbünden, der angegriffen wird. Dann schlagen wir beiden Parteien vor, sich zurückzuziehen.«
»Warum sollten sie das tun?«
»Beide Seiten würden lieber auf Venedig verzichten, als die Stadt in die Arme des anderen zu treiben. Weder Sigismund noch der Basileus kennt Gnade. Als jeweiliger militärischer Befehlshaber würde ich zuerst kaiserlichen Rat suchen, ehe ich mich und meine Männer zum Tode verdamme. Du musst alle drei vor dem Morgengrauen töten.«
»Wie, Dogaressa?«
»Giulietta wird dir helfen.«
»Rosalie und ich arbeiten allein, Dogaressa.«
Sie hob den Schleier und fixierte ihn. Ihre Augen glitzerten kalt. Noch nie zuvor hat er ein so atemberaubendes Gesicht gesehen. Er hatte nicht gewusst, dass man alt und zugleich so schön sein konnte.
»Du solltest Angst verspüren.«
»Ich zittere beim nächsten Mal, Dogaressa.«
Alexa schnaubte verächtlich. »Ohne Giulietta ist die Sache unmöglich.« Sie senkte den Schleier und lehnte sich zurück. »Meine Nichte ist dein Köder, und deine kleine Helferin kann dir den Rücken freihalten. Sie wird sich sowieso nicht aus der Sache heraushalten lassen. Ich habe die Saat gesät, du musst dafür sorgen, dass sie aufgeht.«
Er wartete auf weitere Erklärungen.
»Gegen Mitternacht werden die Deutschen einen meiner Spione aufgreifen, der ihnen verrät, dass du meine Nichte aus Venedig verschwinden lassen willst. Euer Boot soll vor dem Morgengrauen in Giudecca auslaufen. Du willst sie nach Süden entführen, über die Sümpfe.«
»Woher wisst Ihr, dass die Deutschen Euren Spion gegen Mitternacht festnehmen?«
»Er bricht in zwei Stunden auf, seine Karte ist ungenau und er braucht ungefähr bis Mitternacht, um die Kette der Deutschen zu erreichen. Kriegshunde sind bekanntlich grausam, er wird rasch gestehen. Andronikos, der seine eigenen Spitzel im Lager der Deutschen hat, wird im Nu Bescheid wissen. Andronikos und Frederick werden nach Giudecca hasten, um dich aufzuhalten.«
»Was mich betrifft«, sie warf einen vielsagenden Blick auf eine wassergefüllte Schale, »musst du auf meine Hilfe leider verzichten. Andronikos darf mich nicht bemerken.«
»Rosalie könnte sich als Giulietta verkleiden.«
»Darauf fallen vielleicht die Kriegshunde herein, aber Andronikos ist zu schlau. Er spürt, wo sich meine Nichte aufhält. Er spürt das Blut aller Millioni.«
»Es wäre trotzdem einen Versuch wert.«
»Tycho, sei doch nicht so begriffsstutzig. Sobald Andronikos glaubt, dass wir Giulietta aus Venedig fortschaffen, gibt er den Befehl zum Beschuss. Sie ist nur in deiner Nähe sicher. Ach so, und vergiss dieses verdammte Schwert nicht, von dem ich nichts wissen darf.«
»Dogaressa, dann sieht Giulietta, welches Ungeheuer aus mir wird.«
Alexa seufzte. »Meine Nichte ist zwar verwöhnt, aber nicht dumm. Graf Atilo hat sich vor dir gefürchtet. Du hast Prinz Leopold auf dem Dach seines Hauses besiegt. Du hast die Kriegsflotte der Mamelucken vernichtet. Du hast die neue Klinge des Dogen kaltblütig erschlagen, obwohl du wusstest, es könnte dein eigenes Todesurteil sein. Giulietta weiß längst, dass du ein Ungeheuer bist.«
56
R und hundert rasch herbeikommandierte Kähne trieben mitten in der Lagune. Über jeder Barke schwebte ein halbes Dutzend glühender Ballons.
»Magie?«, fragte Tycho.
»In gewisser Weise.«
Die Ballons bestanden aus Stoff, der um einen Ball aus Bambusrohr gespannt war. An jedem hing eine Öllampe. Die Flammen sorgten dafür, dass die Ballone schwebten. Seit Tagen waren die Frauen am Arsenal damit beschäftigt gewesen, diese Laternen herzustellen.
Alexas Großvater, ein mongolischer General, hatte diese Lichter einst bei einem Angriff der Chinesen gesehen. Ein gefangener chinesischer Feuerwerker hatte ihm verraten, wie sie funktionierten. Normalerweise sorgten die Laternen bei nächtlichen Angriffen für Licht. Heute würden die Lichter die Feinde in die Irre führen.
Vor einer Stunde hatte der Rat der Zehn den Befehl gegeben, alle Lichter der Stadt zu löschen. Sogar die Gießereien, in denen sonst Tag und Nacht Feuer brannte, lagen im Dunkeln.
Mit etwas Glück würden die Feinde die schwebenden Laternen für die nächtliche Beleuchtung der Serenissima halten und sie unter Beschuss nehmen. Erloschen die Lampen, würden die Feinde weiterfeuern, dorthin, wo sie die
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