Blätter treiben im Wind (German Edition)
Lebensmittel gleich in die Vorratskammer bringen? «
»Ja, das wäre nett, Tom. «
Tom räumte zügig die gekauften Lebensmittel in die Regale der Vorratskammer und kehrte zurück auf die Veranda.
»Dein Blick auf den Mackville ist an solch schönen Tagen wie heute ein Augenschmaus der besonderen Art, Coop. Dein Haus liegt fast noch schöner als meines. «
»Nur so kann ich mein Erdenleben noch ertragen. Ich sehe in den Weiten des Sees immer das Bild von Diadora. Sie lächelt mir immer zu, Tom. Sie will mir damit sagen, dass sie mich sieht und auf mich wartet. Mit offenen Armen wartet sie auf mich. «
»Rede doch nicht so dummes Zeug. Du wirst noch das ganze Dorf überleben, Coop. Genieße das Jetzt. Sieh dir nur den ersten Akt des Indian Summer an. Das ist doch etwas, das man nicht wieder missen möchte, wenn einem einmal der Blick gewährt wurde. «
»Sicher doch. Aber ich habe schon so viele September wie diesen erlebt. Ich kann mich nur noch bedingt freuen « , sagte Cooper gedrückt.
»Sieh doch nicht alles so düster. «
Tom ging hinter Cooper und massierte ihm einige Minuten die schmerzenden Schultern.
»So, ich gehe jetzt wieder. Ich muss anfangen auch hier ein bisschen zu arbeiten. Ich besuche dich wieder, Coop. «
Cooper Cheetwood bedankte sich bei Tom und sah sofort wieder auf den See hinab. Er sah darin – wieder – Diadoras Lächeln.
Toms Haus lag mitten in den Wäldern – nicht so wie das von Cooper auf einer Anhöhe –, einige Meilen außerhalb von Mackville. Es sah aus, wie viele Häuser in Vermont. Ein doppelstöckiges rotes Holzhaus mit Eckpfeilern und einem zentralen Kamin, der seine Ausläufe mitten im Wohnzimmer hatte und dort seinen Reiz versprühte. Das steile Dach war mit Holzschindeln gedeckt. Die große Veranda hatte sich Tom mit seinem neu gewonnen Freund Shawn Lambert selbst gebaut. Er lebte eben in einem typischen Vermonter clapboards .
Sein täglicher Wecker war das Rascheln der Blätter, die durch das frisch gestrichene Fenster in sein Schlafzimmer drangen. Sein Himmelbett hatte er die letzten Tage früh verlassen und war bereits im Morgengrauen aufgebrochen um durch die Wälder zu wandern. Er schnallte sich einen Rucksack mit Proviant und einem guten Buch auf. Jeden Tag ein neues. So verlebte er die letzten Tage, in beruhigender Stille und erlebnisreicher Fantasie.
Seinen Umzug vom verschmutzten, kriminellen und hektischen Washington, D.C. hatte er noch keine einzige Sekunde bereut. Mit dem Geld, das er für seinen Anteil am T-T Glamour bekam, konnte er hier im friedlichen Mackville in Vermont Jahre, ja vielleicht sogar Jahrzehnte leben.
Er hatte sich entschlossen einen unterbezahlten Job als Werbetexter für die Geschäftsleute rings herum anzunehmen. Nachdem hier viele nicht einmal wussten, was Werbung ist, konnte Tom sie eines Besseren belehren. In Vermont wurden zwar keine grellen Werbetafel erlaubt, so wie das sonst überall in den Vereinigten Staaten der Fall war, aber ein guter Satz im Laden oder im Restaurant würde dann doch nicht schaden, so dachten die Inhaber. Für ein kleines Fest in der nächst-größeren Stadt Hardwick hatte er bereits den Aufmachersatz beigesteuert. Er wurde dafür zum Essen eingeladen und ihm stand ein Einkauf im Store frei. Was wollte er mehr. Er hatte das Großstadtleben satt.
Tom machte den ersten Schritt auf seine, ebenfalls frisch gestrichene, weiße Veranda. Sie stach in der Rhapsodie in Ahornrot besonders hervor. Er sah seinen selbst geschnitzten Briefkasten lächeln. Mit viel Liebe zum Detail hatte er ihn aus einem Stück Holz einen Briefkasten geschnitzt. Mit einem Lachen auf der Frontseite. Von vorne war nun immer sofort zu erkennen, wenn er gefüllt war. Dann lächelte er. Er hatte ihn nur zur Zierde an der Tür angebracht, da er nie Post erwartet hatte.
Keiner kannte seine Adresse, außer den Bewohnern von Mackville, doch von denen würde ihm keiner einen Brief schreiben.
Er zog den Brief heraus. Sehr klein war mit einer lieblichen Schrift seine Adresse auf das Kuvert geschrieben worden. Wer war das?
Tom ging in sein Haus und setzte sich auf das mit braunem Stoff bezogene Sofa. Der Kamin und die kleinen Treppe, die in den ersten Stock führte, lag zu seiner Rechten. Oben befand sich nur das Schlafzimmer.
Er öffnete den Brief mit einem Messer, das er aus der Küche geholt hatte und las ihn. Seine Augen funkelten. Was fühlte er?
Angst, dass alte Wunden wieder aufreißen würden? Angst, dass eine unbekannte Frau
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