Blamage
und Schultern ansammeln.
Overdressed & Underdressed: So what?
Mit Basecap zum Pferderennen nach Ascot? Bei einer Hochzeit festlicher als das Brautpaar aufkreuzen? Beim Dresscode »Come as you are« in Flipflops und Jogginghose auftauchen? Bekleidungsunfälle in dieser Art hat wohl jeder einmal erlitten, auch der Autor dieses Buches: Er erlebte einmal die peinvolle Situation, in seinem neuen Anzug auf einer Party zu erscheinen, die sich dann als Bad-Taste-Mottoparty entpuppte. Furchtbar, wenn man seinen wahren Geschmack verleugnen und als ironische Verkleidung denunzieren muss!
Was tun, wenn Sie bei der Wahl der Kleidung total danebengegriffen haben? Wenn man sich etwa als Einziger für eine Abendveranstaltung mit Smoking und Fliege rausgeputzt hat und miterleben muss, dass alle bei einem Getränke bestellen wollen? Sie könnten nach Hause gehen und sich umziehen. Doch wenn Sie bereits von anderen Gästen gesehen worden sind, ist es dafür zu spät. Dann würde Ihre eigenartige Vorher-Nachher-Verwandlung zum Gesprächsstoff und damit noch viel peinlicher. Besser, Sie gehen in die Offensive und tun so, als sei Ihre Garderobe vollkommen angemessen. Eine andere Strategie empfiehlt die Operettenlegende Dagmar Koller: Wenn man nicht wisse, was man auf einer Gesellschaft anziehen soll, komme man am besten als Erster. Dann haben nämlich die anderen das Gefühl, falsch angezogen zu sein.
Ausgenommen von den hier beschriebenen Kleiderordnungen sind übrigens Künstler, sehr reiche und sehr alte Menschen, sowie der Autor dieses Buches, der sich mittlerweile Lord Arthur Gorings Wahlspruch aus dem Stück Ein idealer Gatte (von Oscar Wilde) zu eigen gemacht hat: »Fashion is what one wears oneself. What is unfashionable is what other people wear.« Und zu guter Letzt sei den Männern mit den Worten Coco Chanels gesagt: »Ein Mann kann anziehen was er will â er bleibt doch nur ein Accessoire der Frau.«
Schlechten Geschmack haben
Schlechter Geschmack äuÃert sich im Lebensstil, im ästhetischen Empfinden, in dem, was man begehrt. Schlechter Geschmack ist per se etwas Persönliches, in ihm verbinden sich der Zeitstil und der Zeitgeist mit der persönlichen Sozialisation. Den schlechten Geschmack kann man so schnell nicht ablegen, auch nicht, wenn man plötzlich viel Geld geerbt hat, wenn man eine neue Position im Berufsleben errungen oder gut geheiratet hat. Viele Menschen sind in diesem Punkt sehr konservativ oder eben sehr unsicher. Die einen bleiben mit ihrem Geschmacksempfinden, mit ihrer Mentalität in jener Zeit stecken, in der sie jung und aufnahmefähig waren, und sind dann ihr Leben lang auf dem 1980er-Trip oder in der Adenauer-Ãra hängen geblieben â klare Fälle für die Oldiehitparade oder den Musikantenstadl. Andere versuchen verzweifelt, mit der Mode zu gehen und den jeweils aktuellen Geschmack zu adaptieren. Beide Varianten sind gleichermaÃen peinlich. Während die einen quasi eingefroren in geistiger Unbeweglichkeit verharren und so demonstrieren, dass ihre beste Zeit schon lange passé ist, wirken die anderen auf streberhafte Weise trendy. Besonders ergiebiges Peinlichkeitspotenzial besitzen Neureiche, bei denen der Geschmack nicht mit dem Vermögenszuwachs mitzuhalten imstande war, und sich nun eine zutiefst kleinbürgerlich-kitschige Ãsthetik Bahn bricht â häufig in überdimensionierter Ausführung und unter Einsatz teuerster Materialien. Doch über soziologische Zusammenhänge hinaus gibt es durchaus werkimmanente Kriterien, warum ein Design, ein Gebrauchsgegenstand, ein Luxusobjekt von schlechtem Geschmack zeugt. Damit lässt sich die Frage klären, warum manche Autos, Häuser, Schmuckstücke und andere Statussymbole auf uns so peinlich wirken.
Kitschig, sentimental oder primitiv
Bereits vor 100 Jahren beschäftigte dieses Phänomen die Gemüter, so dass im Stuttgarter Landesgewerbemuseum eigens eine »Abteilung für Geschmacksverirrungen« eingerichtet wurde. Dort waren, zum Zwecke der Abschreckung und Belehrung, besonders hässliche und peinliche Kunst- und Gebrauchsgegenstände versammelt worden. Man glaubte damals, dass das Design der Dinge, dass Kunst und Architektur einen starken Einfluss auf das Denken ausüben könnte. Im Klartext: Gute Kunst macht die Menschen besser. Deshalb stellten Kunsthistoriker wie Gustav Pazaurek Kriterien auf, nach denen peinlich
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