Blanche - Die Versuchung
gelassen hatte.
Sie legte es über einen der vorgewärmten Handtuchhalter und folgte ihr ins Schlafzimmer, wo Blanche sich ächzend anzog. Nella kniete sich vor sie und half ihr in die schwarze Cargohose.
„Dann klär mich mal auf.“
Sie setzte sich auf den Bettrand und ergriff einen Schuh. „Ich weiß, dass er mich für einen Witz hält, aber auf der anderen Seite hat er mir einen Hund geschenkt. Ich habe ihn Brutus getauft.“ Sie blickte Blanche unsicher an. „Das war doch nett, oder?“
„Kommt auf den Hund an“, murmelte Blanche und überprüfte ihre Wa f fen.
„Ich hab übrigens ein neues Puzzle für dich“, wechselte Nella zu ihrer E r leichterung das Thema.
„Ah ja?“ Sie zog das Magazin aus der Glock. Es war voll. Dann ließ sie es zurückgleiten, schob den Schlitten vor und beförderte eine Patrone in den Lauf. Zum Schluss sicherte sie die Waffe und steckte sie zurück ins rec h te Schulterholster. Dieses Prozedere wendete sie noch dreimal bei den restl i chen Waffen an, während Nella sie in Sachen Make - up beriet.
„Du musst es ja nicht gleich übertreiben“, führte sie aus, als Blanche sich die Halterung für ihr Kampfmesser um den linken Oberschenkel schnallte. „Aber ein bisschen Lipgloss und Mas c ara können Wunder bewirken.“
Manchmal benutzte sie für ihre Aufträge Tarnfarben, doch das war eher die Ausnahme. Ab und zu schwärzte sie ihr Gesicht, damit man sie im Du n keln nicht ausmachen konnte. Aber auch das kam selten vor. Die Vorste l lung , sich anzumalen, damit ein anderer sie attraktiver fand, hielt sie für einen schlechten Witz. Wem ihr Aussehen nicht passte , konnte Leine ziehen.
Obwohl … in ihren Zeiten als Türsteherin hatte sie sich von Gina, einem von Marcels K asinogirls, schminken lassen. Doch das fiel in die Kategorie Tarnbemalung, um sich besser in die Umgebung einzufügen. Unter Spaß verstand sie etwas anderes.
Als sie angezogen war und sich das Equipment an den Körper g e schnallt hatte , unterbrach sie Nellas Redefluss. „Wo ist Marcel?“
Nella zuckte mit den Schultern. „Als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, hat er mit diesem schwarzen Riesen trainiert.“
Ramirez, oder besser gesagt Miguel Álvarez Ramírez, war einer der besten Männer in ihrem Team gewesen. Als sie vor vier Jahren bei Marcel angefa n gen hatte, gehörte es zu ihrem Job , seine Jungs fit zu halten. Und da sie ihre Aufgaben ernst nahm, ging sie gründlich vor. Was das Schießen anging , konnte ihnen niemand etwas vormachen, aber im Na h kampf verhielten sie sich wie Amateure. Sie trat diesen Muskelprotzen so lange in den Hintern, bis sie kapierten, dass es mehr brauchte , als einen gut ausgebildeten Trizeps, um gegen ein Mädchen zu bestehen, das nur halb so groß wie sie war, und nur ein viertel von ihnen wog. Diejenigen, die es nicht schnallten, weil ihr Ego es verbot, sich von einer halben Portion herumschubsen zu lassen, wu r den zu den miesesten Jobs abkommandiert, bis ihnen die Idee , härter zu trainieren , schließlich doch gefiel.
Ramirez gehörte nicht zu den Primadonnen. Er war ein Arbeitstier und hatte die neue Herausforderung in Form von Blanche akzeptiert. Er nahm ihren harten Drill ohne Murren an und machte schnell Fortschritte. Der hünenhafte Kubaner wurde so gut, dass er zu ihrer rechte n Hand aufrückte, und nach zweieinhalb Jahren das Training von Marcels Männern übe r nahm – sehr zu deren Erleichterung. Es war einfacher , eine Niederlage von einem Goliath einzustecke n, als von einer Braut in High Heels .
Nun war Ramirez anscheinend Marcels neuer Bodyguard und Sparrin g partner, denn auch Marcel hielt sich in Form. Und er war verdammt gut.
Als sie mit Nella den Trainingsraum im Untergeschoss betrat, lieferte er sich mit Ramirez einen Canne. Das war ein französischer Stockkampf, ein Mix aus Fechten und Savate. Kurz gesagt: Kickboxen mit Stock. Dazu tr u gen sie klassische schwarze Kampfsporthosen aus leichter Baumwolle, sonst nichts. Ihre nackten Oberkörper glänzten, während sie mit ungeheurer Kraft aufeinander eindroschen. Die b eiden waren so in ihren Kampf vertieft, dass sie ihr Eintreten nicht bemerkten. Blanche wunderte sich, dass Marcel so kurz nach der Explosion hier herumhüpfte, während sein Maybach in der Schrottpresse gelandet war. Auf der anderen Seite war das Marcels Art , mit Wut umzugehen. Er kanalisierte sie in Schläge und Tritte, und reagierte sich auf diese Weise ab. Und, oh Mann, er war echt sauer. Immer wieder ließ
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