Blanche - Die Versuchung
nach Worten , während sie sich den Nacken rieb. „Enzo ist in letzter Zeit eine ziemliche Nervensäge“, begann sie. „Und ich muss noch etwas erledigen , bevor ich mir anhören darf, was er sich wieder ausgedacht hat.“
„Was ist denn los?“
„Noch eine Bombe.“
Wer auch immer Enzo ans Bein pinkeln wollte, kam ihm immer näher, und nahm sich nun die besseren Gebäude vor. Die Horizon Videothek war eine Sache. Geschäftshäuser in exponierter Lage eine andere. Jemand wollte Enzo in die Knie zwingen, und die Handschrift sah nach Zoey aus. Beso n ders subtil war er noch nie vorgegangen. Wie es aussah , erledigte er die Drecksarbeit für Arziel , womöglich als Buße für den letzten Einsatz, den er versemmelt hatte.
Als sie zu Marcel sah, bemerkte sie, dass er ebenfalls seinen Gedanken nachhing. Anscheinend gingen diese in die gleiche Richtung – abgesehen von dem Teil mit Zoey und den Dämonen – denn sein Zorn war zurückgekehrt. Kein Wunder, schließlich hatte Enzos neuer Rivale gestern Nacht versucht , ihn kaltzumachen. Marcel kannte das Geschäft. Er wusste, dass Auseina n dersetzungen dieser Art schnell in einem Blutbad enden konnten. Was im Grunde bereits der Fall war.
Marcel beugte sich zu ihr und gab ihr einen Kuss auf die Schläfe. Diesmal ließ sie ihn gewähren. Sie waren einander zu vertraut, um ihrer Beziehung von heute auf morgen einen formalen Anstrich zu verpassen. Außerdem waren sie immer noch Freunde, oder?
Nella beugte sich vor und kraulte Brutus’ Ohren. Als Dank sabberte er ihr auf die neuen Slipper. Sie liebte diesen hässlichen Köter, obwohl ihr ein Ch i huahua lieber gewesen wäre. So einen, den Paris Hilton mit sich h e r umtrug. In weiß. Brutus war schwarz wie Pech, einzig das rechte Auge war weiß u m randet. Alles in allem sah er ziemlich absto ß end aus mit dem zu breit gerat e nen Brustkorb, seinen gemein funkelnden Augen und den kle i nen , zerfetzten Ohren. Sie wusste, was klein Enzo mit seinem Geschenk bezweckte. Doch sie nahm die Beleidigung nicht an, sondern schloss den aggressiven Rüden schnell ins Herz. Er erinnerte sie ein bisschen an Blanche, deswegen fütterte sie ihn mit Biskuit. Dass Brutus süßen Kuchen liebte , stand mal fest. Zug e geben, er war keine Schönheit, dafür würde er sie beschützen. Sie hatte b e reits angefangen , mit ihm zu trainieren , und nach anfänglichen Kommunik a tionsschwierigkeiten gehorchte er mittlerweile aufs Wort – Biskuit sei Dank. Er machte Platz, wenn sie ihn anwies, und trotz der messerscharfen Zähne konnte er kleine Brioche - Brötchen apportieren, die er erst dann vertilgen durfte, wenn er alle Übungen einwandfrei absolviert ha t te. Erst nachdem Brutus etwas zahmer wurde, erlaubte sie ihm, seine aggressive Seite auszul e ben. Ernesto, ihr Bodyguard und Chauffeur, half ihr , den Pit Bull Terrier abzurichten. Dazu hatte sie einer der Trainingspuppen im Keller des Clubs Zoey Jackett übergezogen, das nach ihrer letzten Bege g n ung in seinem Palais bei ihr gelandet war. Als sie damals in den Trümmern lag, hatte Erne s to die Jacke unter ihren Kopf geschoben , während sie auf den Notarzt wart e ten. Irgendwie war das Sakko in ihrem Krankenzimmer gelandet, wo sie feststel l te, dass in der Innentasche eine Rolle Bargeld stec k te, hunderttausend Euro. Das war mehr, als sie in ihrem ganzen Leben ges e hen hatte.
Warum sie das Jackett behalten hatte , wusste sie nicht. Möglicherweise lag es daran, dass sie nichts besaß, das sie an Renée erinnerte, nicht einmal ein Foto. Und Leo konnte sie nicht darum bitten, er hatte genug mit ihrem Tod zu kämpfen. Das einzig Greifbare war etwas, das Renées Mörder gehörte, eine zerrissene Anzugjacke. Die Entscheidung hatte sich als nützlich erwi e sen, denn der Hund war ganz versessen auf den erdigen Weihrauchgeruch. Er verbiss sich jedes Mal derart in den Stoff, dass sie es nur mit gutem Zur e den und einer Wagenladung Süßkram schaffte, ihn von der Puppe zu lösen. Di e se Disziplin mussten sie noch üben. Von dem Sakko war mittlerweile nicht mehr viel übrig, dennoch behielt sie die Reste. Wenn sie schlechte Laune hatte, musste sie sich nur das zerfetzte Jackett nehmen und sich vo r stellen, dass Ren é es Mörder darin steckte, wenn sie Brutus das nächste Mal auf ihn hetzen würde. Schon besserte sich ihre Stimmung wie durch Zaube r hand.
Auch wenn sie sonst zu nichts zu gebrauchen war, aber diese Sache wollte sie richtig machen. Sie war keine Killerin wie
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