Blanche - Die Versuchung
unabhängig von der Gendarmerie regulie r te. Kein Polizist der Welt war scharf darauf , in der Unterwelt für Ordnung zu sorgen. Es sei denn , er legte es darauf an, dass seine Familie auf mysteri ö se Weise verschwand – genau wie er selbst. Dieses Arrangement setzte alle r dings voraus, dass die Sache nicht ausartete, und genau das war seit einigen Wochen der Fall. Regierungsgebäude wurden doppelt gesichert, die Bahnh ö fe im Stundentakt nach Bomben abgesucht und die Police Nationale zeigte eine starke Präsenz an allen Metrostationen.
Enzo hatte es mit seinen Gebäuden ebenso gehalten. Die großen Nach t clubs, seine Herzstücke und zentralen Lager mit sensibler Ware, ließ er gut bewachen. Seinem Sohn und Nella hatte er gestern Ausgehverbot erteilt, weil ihm nicht genug Männer zur Verfügung standen, um für ihre Sicherheit zu sorgen. Er hatte nicht einmal genug Leute, alle sensiblen Objekte angeme s sen zu schützen.
Enzo hatte seine besten Männer auf diesen Arziel angesetzt, aber der war wie vom Erdboden verschluckt. Ein passender Vergleich, falls dieser Hure n sohn tatsächlich aus der Hölle kam, wie er behauptete. Doch er war nicht gewillt , das in Betracht zu ziehen, denn es widersprach allem, woran er glaubte. Selbst als der Typ vor seinen Augen verbrutzelt war, nachdem er Bekanntschaft mit Nellas Madonna gemacht hatte, konnte er es nicht fassen.
Später hatte er sich sinnlos besoffen, was normalerweise nicht seine Art war, und sich eingeredet, das Ganze wäre nie passiert. Der stinkende Bran d fleck auf seinem Teppich trug allerdings nicht dazu bei, den Abgang dieses Psychopaten zu vergessen. Obwohl, hatte er nicht geraucht?
Enzo massierte sich die Schläfen. „Ich kann Ihnen diese Frage nicht b e antworten“, sagte er und lehnte sich in seinem Sessel zurück. Er war müde, so müde.
„Gab es in letzter Zeit Drohungen gegen Sie oder eines Ihrer Familienmi t glieder?“, meldete sich Sergeant Bruel zum ersten Mal zu Wort.
„Nicht mehr als die üblichen“, gab Enzo trocken zurück. Bruel unte r drückte ein Schnauben. Er war es gewohnt , täglich sein Leben zu riskieren. Er würde es allerdings nicht akzeptieren, wenn dabei das Leben seiner Frau und Kinder auf dem Spiel stand. Was musste das für ein Mensch sein, der so etwas billigend in Kauf nahm, und seine Familie einer solchen Gefahr au s setzte? Die Frage stand ihm ins Gesicht gesch r ieben, doch Enzo schwieg. Je weniger er sagte, desto besser.
Lieutenant Durand erhob sich, und Bruel tat es ihm nach. „Wenn Sie einen Verdacht haben, einen Anhaltspunkt, irgendetwas, rufen Sie mich an – Tag und Nacht! Haben Sie meine Visitenkarte noch?“
Enzo nickte und erhob sich ebenfalls. Als die beiden Anstalten machten, die Tür zu öffnen, hielt Enzo sie mit einer Frage auf. „Welche Sprengstof f spuren hat die Polizei vor Ort gefunden?“
Durand zögerte einen Augenblick. Dann drehte er sich langsam um . „H e xogen.“
Kaum war die Tür ins Schloss gefallen , klingelte Enzos Mobiltelefon. Er warf einen Blick auf das Display und fluchte. „Woher hast du diese Nu m mer?“, knurrte er in den Hörer.
„Begrüßt man so a inen guten Froind?“
„Was willst du, Sergej?“
„Ich daachte , ich frage mal naach, oob du viellaicht Chilfä brauchst, daine Bäzirke sauber zu halten?“
Pause.
„Änzo, bist du noch draan?“, raspelte er mit seinem unnachahmlichen ru s sischen Akzent.
„Sollte einer deiner Männer einen Fuß in meine Arrondissem e nts set z en, bekommst du ihn in kleine Tütchen verpackt zurück, capito?“
Sergejs dunkles Lachen erklang durch den Hörer. „Wär wird dänn glaich so unhöflich wärden? Ich wollte dir lädiglich maine Chilfä anbietän.“
„Und damit den Bock zum Gärtner machen?“, schnauzte Enzo, während sein Blutdruck in die Höhe schoss.
Wieder entstand eine Pause. Dann bemerkte Sergej mit veränderter Sti m me: „Du glaubst doch nicht im Ärnzt, dass ich dahintär stäcke?“
„Was ich glaube , ist irrelevant. Was ich weiß , ist, dass jemand einen Krieg gegen mich angezettelt hat, und jetzt rate mal, wer davon profitiert . “
Wenn zwei sich streiten und so weiter und so fort. Pascal hatte nur das wiederholt, was er längst wusste. Die Anschläge betrafen ausschließlich seine Gebäude. Doch anders als bei Wayne und dem Desaster in der Rue d ’O rsei vor vier Wochen wurde seit N eustem mit C4 Plastiksprengstoff gearbeitet. Hexogen.
„Ich habe nichts mit den Aanschlägen zu tun.“
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