Blanche - Die Versuchung
in dieser Ric h tung an. Zumindest nichts unter einer viertel Millionen Schweizer Franken.
„Wusstest du, dass man einen Menschen mit Bluttransfusionen länger am Leben halten, und er die Folter dadurch besser ertragen kann?“
Cam schluckte hörbar.
„Wenn du also Todessehnsucht hast, bedrohst du noch einmal einen me i ner Freunde.“ Nicht, dass s ie außer Nella noch jemanden kannte, aber das wusste Camille schließlich nicht. „Und was Nella angeht, wäre ich dein geringstes Problem. Was glaubst du , stellt Enzo mit dir an, wenn du seine Freundin auch nur schief ansiehst?“
„Sie ist doch bloß ein Flittchen, mit dem er sich die Zeit vertreibt.“
Blanche lachte auf. „Du weißt wirklich einen Dreck, oder? Sieh dich lieber vor, denn wenn er das hört, sperrt er dich zu einem romantischen Woche n ende mit seinen Männern im Keller ein. Wäre interessant, was die von dir übrig lassen, die sind nämlich rund um die Uhr spitz wie Nachbars Lumpi. Vor allem jetzt, da sie zwanzig Stunden am Tag eingesetzt werden und so gut wie kein Privatleben haben.“
Als Camille sich erneut zu befreien versuchte, ließ Blanche sie wie eine heiße Kartoffel fallen. Cam landete unsanft auf dem Bo d en, sie atmete schwer, Hass verschleierte ihren Blick. „Du wirst ihn so oder so zurückh o len“, schnappte sie heiser und rappelte sich auf.
„Wenn ich ihn suche“, gab Blanche gelassener zurück als sie sich fühlte, „dann , weil ich es will. Weil er mein Freund war, und ich gebe einen Scheiß auf deine Version von dem , was wir zusammen hatten.“
Überraschung huschte über Cams Miene, doch sie hatte sich schnell wieder im Griff.
Aber vorher werde ich mit Miceal reden, dachte Blanche grimmig. Jetzt, um genau zu sein. Deswegen war sie überhaupt aufgestanden. Um Beliar abzuholen, ihren Dämon, den sie bei der Schlacht auf dem Eiffelturm verl o ren hatte. Anscheinend war noch jemand verloren gegangen, vielleicht sollte sie damit anfangen , eine Liste anzulegen: Beliar finden, Tchort finden, A n d rej …
Falls Cams Behauptung überhaupt zutraf. Und selbst wenn – warum hätte Miceal ihrem einstigen Beschützer ihren Aufenthaltsort verschweigen sollen?
Was für ein Spiel sollte das sein, und welche Rolle hatte der Erzengel für sie vorgesehen? Und warum zum Teufel schmeckte ihr der Gedanke nicht, eine Figur auf Miceals Schachbrett zu sein?
12
A
ls Blanche gegen Mitternacht am Gare du Nord eintraf, wunderte sie sich einmal mehr, dass der Nordbahnhof zu dieser Stu n de genauso überfüllt war wie zur Mittagszeit. Dieser Ort hatte seinen eigenen Herzschlag, unabhängig von Tag und Nacht, Ankunfts- und Abreisezeiten.
Erst jetzt merkte sie, wie hungrig sie war. Normalerweise kümmerte sich Beliar um diese Details.
Beliar.
Zähneknirschend besorgte sie sich bei Corné zwei Croissants und einen Latte, der nur aus Milchschaum zu bestehen schien. Nachdem sie sich den Bauch mit Blätterteig vollgeschlagen hatte, schlug sie den Weg zu den Schließfächern ein. Als sie bei den Toiletten vorbeikam , erregte eine hastige Bewegung zu ihrer Linken ihre Aufmerksamkeit. Gleichzeitig wurde ihr von rechts der Kaffee aus der Hand geschlagen. Als nächstes spürte sie, wie sich eine feine Drahtschlinge um ihren Hals zog. Jemand packte von hinten ihre Arme und wickelte Klebeband um die Hände.
Sie waren zu d ritt und hatten sie buchstäblich in die Zange genommen. A l les ging so schnell, dass sie keine Zeit hatte , ihre Waffen zu ziehen, zumal beide Hände belegt gewesen waren. Das war mal wieder typisch .
„Keine Mätzchen, sonst schneide ich dir mit dem Draht die Kehle durch“, flüsterte eine Stimme mit russischem Akzent.
Blanche nickte, als Zeichen, dass sie verstanden hatte. Drohungen, B e schimpfungen oder dämliche Diskussionen würden das Ganze nur in die Länge ziehen. Je eher sie sich von diesen Pennern zu ihrem Patronowitsch bringen ließ, desto schneller wäre das hier erledigt.
Sie musste nicht lange warten. Während sie das Muskelpaket hinter ihr mit festem Griff fixierte, durchsuchten die beiden anderen sie nach Waffen, die sie in eine Carrefour-Tüte packten. Dabei gingen sie schnell und gründlich vor, ein Zeichen dafür, dass sie keine Amateure waren. Dass sie ihr die Fiole mit dem Weihwasser überließen , wies darauf hin, dass diese Jungs in Däm o nol o gie nicht aufgepasst hatten. Vermutlich gehörten sie zur Russenmafia ohne d i rekte Verbindung zu Diabolo & Co.
Einer der zwei, klein und
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