Blanche - Die Versuchung
drahtig, mit einer abgewetzten dunkelbraunen Lederjacke, lotste sie nach der Durchsuchungs-Nummer in die Herrentoile t te. Die anderen beiden blieben vor der Tür.
Im Waschraum befand sich – Überraschung! – Zoey Kotzbrockowitsch, der sich die Hände wusch. Als sich ihre Blicke im Spiegel trafen , schenkte er ihr ein engelhaftes Lächeln, das nicht zu seinen kalten Augen passen wollte. Wie oft würde sie seinen Anblick noch ertragen müssen, bevor er endlich ins Gras biss? Sie wollte gar nicht wissen, wie er den Sprung von der Turmspitze überleben konnte. Bei ihrem Glück hatte Saetan ihm vorüberg e hend Flügel verliehen, oder, nein – noch besser: Er kam persönlich, um diesen Motherfucker kurz vor der Grasnarbe aufzufangen. Möglicherweise lief aber auch jemand mit einem Arschlochdetektor durch Paris, der ihn immer wi e der aus der Scheiße zog.
Der Lederjackentyp drückte sich in die gegenüberliegende Ecke, steckte sich eine Gauloises Brunes an, und checkte seine letzten Anrufe. Zoey folgte ihrem Blick und zuckte mit den Schultern.
„Bitte entschuldige das, aber leider kann man dir nicht trauen.“ Ohne sie aus den Augen zu lassen , zog er einige Papiertücher aus dem Kasten neben dem Waschbecken , und trocknete sich die Hände. „Es ist so schwierig , einen Termin mit dir zu bekommen“, fuhr er mit seiner Huskystimme fort. „Z u dem hast du die unangenehme Angewohnheit, mir immer wieder zu entw i schen, das ist so … lästig.“
Wem sag te er das.
Während er sie vollquatschte , machte sie sich ein Bild von ihrer Situation. Ein Mann im Raum, zwei vor der Tür plus Zoey mit seinen Superkräften. Der Waschraum war fensterlos, also musste sie durch die Tür. Vermutlich würde ihr das Weihwasser gegen Zoey helfen, wäre aber nutzlos gegen die drei anderen. Die Schlinge lag noch wie eine Leine um ihren Hals , während ihre Hände auf dem Rücken fixiert waren.
„… gebe ich dir hier und jetzt zum letzten Mal Gelegenheit , einzuschlagen , oder es zu lassen.“
Blanche, die den Raum nach brauchbarem Material scannte, sah auf. A n scheinend hatte sie gerade etwas verpasst.
„Dieses Bündnis wäre unschlagbar – wir wären es“, sagte er mit glänze n den Augen, während er langsam auf sie zukam. „Mit vereinten Kräften könnte sich uns niemand in den Weg stellen, wir wären unschlagbar.“
Blanche warf den Kopf in den Nacken und lachte aus vollem Hals. Oh Mann, K lein - Zoey träumte von der Weltherrschaft, war das zu fassen? Das kommt davon, wenn man seine Blagen zu lange allein vor der Glotze sitzen lässt. Wäre sein Vater ab und zu mit ihm in den Zoo gegangen, oder hätten sie am Strand Sandburgen gebaut, wäre das nicht passiert. Jetzt musste sich die Welt mit einem übergeschnappten Profilneurotiker ru m schlagen, und das nur, weil er als Kind zu wenig Aufmerksamkeit bekommen hatte. Und sie war der Glückspilz, der ihm den Traum von der Eroberung der Welt ne h men, und ihn auf den Müllhaufen zu seinen anderen gescheite r ten Plänen werfen musste.
An sich hatte sie nichts gegen die Rolle der Spielverderberin, nur hätte sie dabei gern ihre Waffen. Andererseits … was soll’s. Sie würde sich nicht b e klagen. Selbst mit auf dem Rücken verbundenen Händen wäre es ihr eine Freude, diesem Wichser die Lichter auszublasen. Das Problem mit Zoey war, dass er einfach nicht sterben wollte. Eins nach dem anderen, dachte sie und sah sich ein letztes Mal im Raum um. Als Erstes musste sie sich dri n gend bewegen, sie war zu weit von den Waschbecken entfernt. Mittlerweile stand Zoey ihr bis auf Armeslänge gegenüber, die Hände lässig in den Hosent a schen vergraben, ein Lächeln auf den Lippen. Perfekt, dachte sie, und erw i derte sein Lächeln.
„Also, Schneewittchen, was sagst du?“
Hm, lass mich mal überlegen. Noch immer lächelnd beugte sie sich vor, als wollte sie ihm etwas zuraunen. Als er ihr auf halben Weg entgegenkam , rammte sie ihr Knie zwischen seine Beine. Gleichzeitig schoss ihr Kopf vor, und traf ihn mitten auf der Stirn.
Nicht zu fassen, dass er nach all den gemeinsamen Kämpfen nicht besser auf sie vorbereitet war. Allmählich sollte er begriffen haben , wie sie vorging. Dass sie ihn überhaupt noch überrumpeln konnte , zeigte, wie sehr er von sich eingenommen war. Ein paar Tricks hatte sie allerdings dazugelernt. Neu an ihrer Kampftechnik war zum Beispiel die Bö e , die mit ihrer Kopfnu ss einherging und Zoey wie ein Spiegelei gegen die Toilettenkabinen
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