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Blankes Entsetzen

Blankes Entsetzen

Titel: Blankes Entsetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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»Aber ich muss nichts weiter tun als rüber ins Crown and Anchor gehen, und schon wissen die Behörden, was läuft.«
    Sie hatten fast schon aufgegeben, doch dann sahen sie eines Abends, ein paar Monate nach diesem Gespräch, die Wiederholung einer Fernsehsendung über rumänische Waisen in der Nach-Ceausescu-Ära. Schon während sie zuschauten, war Joanne überrascht, dass Tony – der Dokumentationen hasste –
    weder umgeschaltet hatte noch aufgestanden war, um sich ein Bier zu holen.
    Erst hinterher, als die Sendung zu Ende war, öffnete er eine Dose und leerte sie bis auf den letzten Tropfen. Dann setzte er sich wieder neben Joanne aufs Sofa und nahm ihre Hand.
    »Warum nicht wir?«, fragte er.
    »Was?«
    »Das.« Er nickte in Richtung Fernseher. »Das könnte es doch sein. Vielleicht bekommst du auf diesem Weg, was du dir mehr als alles andere wünschst. Und ich auch.«
    »Aber all die Bewertungsverfahren und diese Dinge«, erinnerte Joanne ihn. »Du hast das alles doch so schrecklich gefunden.«
    »Das hier läuft vielleicht anders. Schließlich würden wir einem dieser armen kleinen Babys helfen, oder nicht? Wir würden es aus einem dieser verdammten Löcher holen.
    Vielleicht stellen die Leute dort sich nicht so an.«
    »Ich weiß nicht, Tony.«
    »Denk darüber nach, Schatz«, sagte er. »Ein eigenes Baby.
    Und wir würden einem Kind helfen.« Er hielt inne. »Vielleicht würde ich mich sogar wieder wie ein richtiger Mann fühlen.«
    »Du warst immer ein richtiger Mann«, sagte Joanne leise.

    37
    Schon in ihrer nächsten Mittagspause nahm sie die Recherchen auf. Sie ging in die Bibliothek unweit ihres Baugenossenschafts-büros und fand – so mühelos, dass Tony später sagte, es sei Schicksal gewesen, dass sie diese Sendung gesehen hatten – die Beratungsstelle für Auslandsadoptionen.
    »Pass aber auf, was du ihnen erzählst«, ermahnte Tony sie.
    »Sag ihnen, dass du dich zunächst mal nur erkundigen willst.«
    Er verstummte, als er ihren Gesichtsausdruck sah. »Was ist?«
    »Nichts«, sagte Joanne. »Nur dass du ›du‹ gesagt hast, und nicht ›wir‹.«
    Tony lächelte leutselig. »Du kümmerst dich darum, Jo. Im Augenblick jedenfalls.« Er hielt inne. »Es ist dir doch nicht zu viel, oder?«
    »Natürlich nicht«, sagte Joanne schnell.
    Sie nahm ihn beim Wort, begann Fragen zu stellen und erhielt mehr Antworten und Unterstützung, als sie es je für möglich gehalten hätte – auch wenn jedes Steinchen Hilfe sich unter einem gigantischen Berg von Informationen zu verbergen schien.
    »Es ist sehr viel zu lesen«, sagte sie an einem Wochenende zu Tony.
    Er blickte auf die Stapel Broschüren, Fotokopien und Computerausdrucke aus dem Internetcafé, das Joanne in der Mittagspause inzwischen regelmäßig aufsuchte.
    »Ich kann mit diesem ganzen Mist nichts anfangen«, sagte er.
    »Das ist kein Mist. Da steckt unsere Chance drin, Eltern zu werden.«
    Er lachte und sagte, sie höre sich an, als hätte sie eins der Bücher heruntergeschluckt, die sie gelesen hatte. »Das Ergebnis, Joanne«, sagte er. »Alles andere interessiert mich nicht.«
    Also machte Joanne weiter, bis alle ihre anfänglichen Fragen beantwortet waren, bis ihr Kopf gefüllt war mit Hunderten von 38
    Fakten über die praktischen und ethischen Aspekte »zwischen-staatlicher« Adoptionen – Tausende von Fakten, Warnungen vor Konflikten und Fallen, die es zu meiden galt, Entscheidungen, die getroffen werden mussten, Formulare, die auszufüllen waren.
    »Nein!« Tony sprach mit allem Nachdruck. »Das machen wir nicht noch einmal durch.«
    »Wir müssen, Tony.« Ihre Erleichterung war bereits verschwunden. »Das ist doch klar.«
    »Für mich ist nur eins klar. Dass wir großartige Eltern wären.«
    »Aber davon müssen wir erst noch die Behörden überzeugen«, argumentierte Joanne.
    »Und die werden von meinen Vorstrafen erfahren, und dann sind wir wieder genau da, wo wir angefangen haben.« Tonys Gesicht rötete sich. »Ich dachte, ich hätte mich klar ausgedrückt, Jo. Wir sind bereit, einem kleinen hoffnungslosen Kind aus irgendeinem gottverlassenen Land zu helfen, und das war’s.«
    »Aber so einfach ist es nun mal nicht.« Joanne kämpfte gegen die Tränen.
    »Das muss es aber sein«, sagte ihr Mann. »Oder wir können die Sache vergessen.« Er stand auf; sein Gesicht war röter, die Augen härter. »Du willst es doch! Also findest du auch einen Weg.« Er war bereits auf halbem Weg zurück zur Küchentür.
    »Geh wieder ins

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