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Blankes Entsetzen

Blankes Entsetzen

Titel: Blankes Entsetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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lassen, um Jacks krankheitsbedingten Bedürfnissen gerecht zu werden –
    Rampen, ein Treppenlift, verbreiterte Türen, umgestaltete Badezimmer. Diese Bedürfnisse wuchsen im Laufe der Zeit, da seine Kraft und seine Fähigkeiten allmählich nachließen. Beide Wohnungen waren überdies mit Arbeitsküchen für Lizzie und Büros für Christopher und sie ausgestattet.
    Das Glück des Wohlstands war Lizzie also ebenfalls vergönnt.
    Sie hatte vor langer Zeit den Überblick verloren, wie viele Fans ihr schon geschrieben hatten, um ihr zu sagen, wie sehr sie sie beneideten – nicht so sehr wegen ihrer Bestseller und der regelmäßigen Fernsehauftritte auf dem Koch-Sendeplatz von Heute Morgen oder im Essen-und-Trinken -Kanal, sondern vor allem wegen ihres Lebens mit dem fabelhaften Christopher.
    Weil niemand die Wahrheit über Christopher kannte.
    Alle Welt wusste nur, was Lizzie sie wissen lassen wollte. Es wäre niemandem geholfen, wenn mehr bekannt würde. Ganz gleich, was geschah, sie wollte nicht – und konnte nicht – daran denken, Christopher zu verlassen. Wegen ihrer Kinder. Wegen Jack. Weil ihr Mann, trotz all seiner Fehler, der liebevollste Vater war, den man sich vorstellen konnte.
    Und weil Jack seinen Vater vergötterte.
    Also würde Lizzie es niemandem erzählen, zumindest nicht, 10
    solange Jack lebte. Obwohl sie die Statistiken kannte und wusste, dass ihr Sohn – trotz aller Hoffnungen auf Gen- und sonstige Therapien der Zukunft – von Glück reden konnte, wenn er die Teenagerjahre oder frühen Zwanziger noch erlebte, dachte sie selten über seinen Tod nach. Sie würde ihrer Familie und dem Rest der Welt den innigen Glauben an den Mythos des heiligen Christopher Wade lassen.
    Für Jack.
    11
    3.
    inigen Menschen fiel es schwer, Robin Allbeury zu vertrauen.
    E Er war ein wohlhabender, erfolgreicher Rechtsanwalt –
    Inhaber einer eigenen Kanzlei in Bedford Row und eines luxuriösen Penthouse im Shad Tower, einem schimmernden Hochhaus südöstlich der Tower Bridge – und im Großen und Ganzen ein glücklicher Mann.
    Allbeury war ein eleganter Junggeselle von zweiundvierzig Jahren, nicht direkt gut aussehend, aber unbestreitbar attraktiv, mit dunklem, von Silberfäden durchsetztem Haar und warmen braunen Augen. Er war ein Förderer der Kunst, doch in seinem persönlichen Geschmack rangierte das Kino höher als das Theater, ein Thriller über der »gehobenen« Literatur, Jazz über der Oper. Und Stille über dem Jazz. Ruhige Abendessen über Partys. Freundschaften zu Frauen über denen zu Männern. Und sein Single-Leben über der Ehe.
    »Du weißt nicht, was du verpasst«, hatte David Lerman, einer seiner Partner in der Kanzlei, der mit seiner zweiten Frau eine glückliche Ehe führte, mehr als einmal zu ihm gesagt. »Julia hat mein Leben verändert.«
    »Julia ist wundervoll«, stimmte Allbeury zu, »aber du warst ein Häufchen Elend, bevor du ihr begegnet bist. Ich hingegen bin ein glücklicher Junggeselle.«
    »Behauptest du.« Lerman war nicht überzeugt.
    »Ja, behaupte ich.« Allbeury lächelte.
    Sein juristisches Fachgebiet war die Ehe, obwohl er als Chef seiner eigenen Kanzlei inzwischen wählerisch war, welche Fälle er selbst übernahm. Den Großteil der ehelichen
    Rechtsstreitigkeiten überließ er entweder Lerman oder einem 12
    seiner anderen Kanzleipartner, während er selbst die Zügel in der Hand hielt und sich Zeit für seine »andere Arbeit« nahm: In seiner freien Zeit traf er sich mit Frauen, die sich in unglücklichen Ehen gefangen fühlten, um ihnen zu helfen.
    Frauen, die aus finanziellen oder anderen Gründen keinen Ausweg sahen. Dabei kamen sie selten selbst auf ihn zu – in der Regel war es Allbeury, der auf diesem oder jenem Weg von ihren Lebensumständen erfuhr und ihnen seine Dienste anbot.
    Er hatte sich im Lauf der Jahre ein Netzwerk vertrauens-würdiger Informanten aufgebaut – eine bunt gemischte Truppe, die sich über den gesamten Großraum London verteilte: ein Telefonist in einer Notrufzentrale, ein desillusionierter Sozialarbeiter, ein Bewährungshelfer, ein Polizist, eine Krankenschwester, ein Gastwirt, ein Pfarrer aus West-London.
    »Wenn herauskommt, dass ich das an dich weitergegeben habe«, lamentierte der Sozialarbeiter bei einem der ersten Treffen mit Allbeury, »bin ich am Arsch.«
    »Von mir erfährt es keiner«, versicherte Allbeury.
    In besagtem Fall ging es um eine Frau, die unter der extremen seelischen Grausamkeit ihres Mannes litt. Die Nachbarn hatten

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