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Blankes Entsetzen

Blankes Entsetzen

Titel: Blankes Entsetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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toxikologische Bericht. Joanne Patston hatte genug Benzodiazepin intus, um sehr schläfrig zu sein, wenn auch wahrscheinlich nicht bewusstlos. Wenn also bitte einer von euch zu ihrem Hausarzt gehen würde …«
    »Wird erledigt.« Reed wühlte in seinen Notizen. »In ihrem Badezimmerschrank zu Hause stehen keine starken
    Medikamente, Sir.«
    »Ich spreche Mr Patston bei unserem nächsten Gespräch darauf an.« Keenan blickte zu Constable Dean hinüber.
    »Zeugen, Karen?«
    »Bisher keine glaubwürdigen, Sir.«
    »Aber da war noch dieser Anruf«, erinnerte Pat Hughes.
    »Inspector Shipley von AMIT.«

    »Shipley kommt heute Nachmittag mit«, sagte Keenan vierzig Minuten später in seinem Büro zu Reed. Das Büro war ein trister Kasten, dessen Atmosphäre nur durch ein paar Familienfotos und drei kleine Töpfe mit roten Geranien auf dem Fensterbrett aufgehellt wurde. »Sie begleitet mich zu meinem Gespräch mit Robin Allbeury.«
    »Wann redet ihr wieder mit Patston?«, fragte Reed.
    »Ich lasse ihn ein bisschen schmoren«, sagte Keenan, »und fahre später noch mal vorbei.«
    »Dann sind wir also noch nicht so weit, ihn verhaften zu 297
    können, Sir?«
    »Nicht, bis ihr mir etwas Handfestes liefert.«
    »Wir wissen bereits, dass er gewalttätig ist«, sagte Reed.
    »Wir wissen einen Dreck«, widersprach Keenan.
    »Er hat eine Vorstrafe wegen Körperverletzung.«
    »Vor langer Zeit«, sagte Keenan.
    »Aber im Zusammenhang mit Alkohol«, sagte Reed.
    »Und wir wissen, dass er immer noch trinkt.«
    »Das reicht nicht mal annähernd. Wenn Karen im Waltham General Glück hat, bekommen wir womöglich eine Handhabe, aber falls es etwas wirklich Eindeutiges gäbe, wüsste der Sozialdienst wahrscheinlich davon.«
    Keenan kratzte sich am linken Ohr. »Wie die Dinge im Augenblick liegen, haben wir nicht einmal genug in der Hand, um ihn festzuhalten, weil er das Kind geschlagen hat – ganz zu schweigen von dem Mord an seiner Frau.«
    »Aber er war es, oder?« Reed versuchte hartnäckig, seine Gedanken zu ordnen. »Vielleicht ist Patstons Geschichte ja zur Hälfte wahr. Vielleicht hat sie ihm gesagt, sie wolle sich mit einer Freundin treffen. Er aber hat gesehen, wie sie ihren Pass einsteckte, und begriffen, dass sie ihn verlassen wollte.
    Daraufhin hat er sie im Affekt getötet.« Er verzog das Gesicht.
    »Nur dass sie im verdammten Epping Forest gestorben ist.«
    »Voll gestopft mit Tabletten«, sagte Keenan.
    »Vielleicht hat Patston ihr die zuerst eingeflößt und sie dann dort rausgefahren.«
    »Er ist nicht der Typ, der Pläne macht«, sagte Keenan.
    »Eher ein Bursche, der um sich schlägt und dann Krokodils-tränen vergießt.« Er hielt inne. »Wie dem auch sei, wir vernachlässigen die Tatsache, dass Joanne an diesem Morgen tatsächlich ausgegangen ist, wie Patston behauptet, und sie hat 298
    Irina zu Sandra Finch gebracht.«
    »Sie könnte trotzdem vorgehabt haben, Patston zu verlassen«, sagte Reed. »Nur nicht an diesem Morgen. Es sei denn, sie wollte das Kind zurücklassen …«
    »Bei ihm?«, sagte Keenan. »Nicht eine Minute!«
    »Vielleicht hatte sie ihren Pass immer dabei«, überlegte Reed.
    »Stets bereit, zu verschwinden … oder einfach aus Angst, dass er ihn ihr wegnehmen könnte.« Er schwieg wieder kurz.
    »Glaubst du, Joanne hatte beschlossen, ihn wegen
    Kindesmisshandlung anzuzeigen?«
    »Das ist wahrscheinlicher als alles andere«, sagte Keenan, schüttelte dann aber wieder den Kopf. »Aber ihm muss klar gewesen sein, dass das Kind nach Joannes Tod die ganze Zeit bei ihm sein würde, und nach Mrs Finchs Aussage hat er sich jedes Mal aufgeregt, wenn Irina geweint hat.«
    »Die Leidenschaft kennt keine Logik«, beharrte Reed.
    »Oder die Eifersucht … oder einfach nur ganz gewöhnliche Wut. Vielleicht war es eine Affekthandlung.«
    »Ihr die Tranquilizer zu geben, deutet nicht auf ein Verbrechen im Affekt hin.«
    Die beiden Männer schwiegen eine Weile. Draußen, hinter den geschlossenen Fenstern, dröhnte der Verkehrslärm.
    »Wie wär’s, wenn wir den Kinderpsychologen hinzuziehen, damit wir mit Irina sprechen können?«, fragte Reed schließlich.
    »Noch nicht.« Die Falten in Keenans Gesicht vertieften sich.
    »Ich würde sie lieber genau im Auge behalten und weiter um sie herum graben. Das Mädchen hat immer noch keine Ahnung, was mit seiner Mutter passiert ist, und ich will nicht, dass wir diejenigen sind, die es ihm sagen. Abgesehen davon habe ich nicht den Eindruck, dass die Kleine etwas

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