Blanks Zufall: Roman
klingt nicht danach, als ob du wirklich Lust hast, deinen Geburtstag zu feiern.“
„Nicht wirklich“, gibt Marcus zu und bemerkt, dass er bis jetzt nicht mehr daran dachte. Morgen feiert er in Jennys Bar, morgen soll er auftreten. Er will nur seine Ruhe.
„Verkauft Karsten immer noch Drogen?“ wechselt Frank das Thema, das 'Alles' ist noch zu groß für das Gespräch.
Franks Eigenheit ist, die Dinge vollständig so auszusprechen, wie sie sind. Jeder andere, der Karsten kennt, hätte gefragt, ob Karsten noch vertickt. Das Wort 'Drogen' zu benutzen ist in diesem Zusammenhang überflüssig, aber so ist Frank. Er geht nicht arbeiten, er geht zu seiner Firma, um zu arbeiten. Er gibt nicht Geld aus, er kauft sich ein neues Motherboard (oder was auch immer). Er ist nicht verliebt, er hat starke Gefühle für eine Frau, die er nicht greifen kann und ihn verwirren, die dafür sorgen, dass er nur noch diese Frau treffen will und keine andere. Frank nennt die Dinge beim Namen und das ausführlich.
„Ja, Karsten verkauft noch.“
„Und wann warst du das letzte Mal bei ihm, um Haschisch zu kaufen?“
„Vorgestern.“
„Wie geht es ihm denn?“
„Warum fragst du ihn nicht selbst, Frank?“
Frank seufzt und steht auf, um die Kaffeemaschine auszustellen, die braune Flüssigkeit ist durchgelaufen und er schenkt sich und Marcus einen Becher voll. Nicht ohne Marcus vorher „Möchtest du auch einen frischen Kaffee?“ gefragt zu haben.
„Du weißt, dass ich nicht mehr zu Karsten gehe“, fährt er dann fort, „seit Tim und Maurice dort jeden Tag ihre Videospiele spielen.“
„Vernünftig“, sagt Marcus, „und um deine Frage zu beantworten: Ich habe keine Ahnung, wie es ihm geht. Hast du jemals gewusst, wie es Karsten geht?“
„Keiner von uns wusste es.“
„Eben.“
„Aber die Wahrscheinlichkeit, dass es ihm schlecht geht, sehr schlecht, schlechter als dir zum Beispiel, Blank, ist sehr hoch, schließlich verkauft er jetzt schon seit, wie lange?, fünf Jahren Drogen. Und nehmen tut er Drogen noch viel länger.“
„Ich nehme sie auch schon ziemlich lange.“
„Du weißt, was ich meine, Blank. Du bist ein Kiffer, das ist schlecht, aber nicht so schlecht, auch noch ständig Kokain zu schnupfen und sich gelegentlich LSD-Trips zu gönnen. Karsten ist ausgebrannt, ein Zombie, würde ich sagen, der sein Leben nicht in Gang bringt.“
„Amen“, sagt Marcus und nimmt einen Schluck Kaffee, heiß brennt er sich seine Speiseröhre hinunter. Es tut gut, Franks Stimme zu hören, den tiefen Bass der Ruhe.
„Schade ist es, dass Karsten so viele Drogen nimmt und sie verkauft. Sehr schade.“
„Ja. Aber mal was anderes, Frank: wie geht es Henning? Hast du was von ihm gehört?“
Franks Augen leuchten, was sie schon vorher taten, aber noch mehr, als er Hennings Namen hört. Er grinst wieder, sein Bart verzieht sich mit den Gesichtsmuskeln. Niedlich, ist das Wort, das Marcus gerade einfällt, aber er wird es seinem Freund bestimmt nicht sagen.
„Schön, dass du Henning erwähnst. Ich muss dir unbedingt erzählen, was er mir erzählt hat. Oder wollen wir vorher über dein Anliegen sprechen? Es klang ja dringend vorhin und ich will dir nicht den Mund verbieten.“
„Den Mund verbieten“, lacht Marcus, „du bist ja niedlich. Nein, Frank, erzähl mal von Henning.“
„Vielleicht kommt er zurück nach Hamburg“, sagt Frank plötzlich und sein Lächeln verschwindet, versteckt sich in seinem Gesicht und Marcus ist sich sicher, dass es jederzeit wieder ausbrechen kann. Als ob es nur auf seine nächste Gelegenheit wartet.
„Echt? Wann denn?“
Marcus grinst breit, aber sein Freund bleibt ernst.
„Es steht nicht fest, dass er überhaupt nach Hamburg zurück kommt, aber wenn, dann schon nächste Woche. Er wird mir über das Wochenende Bescheid geben. Eigentlich wollte er es zu deinem Geburtstag schaffen, nach Hamburg zu kommen, unabhängig von seinen Plänen, aber er hat zu viel mit seinem Geschäft zu tun.“
„Das wäre doch cool. Dann sind wir wieder vereint.“
Henning ist wie das fehlende Glied, das wissen sie beide. Er hatte sie mit Karsten bekannt gemacht, damals in der Grundschule, war mit ihm zusammen im Kindergarten gewesen. Henning war das Puzzlestück, das zwischen ihnen und Karsten lag, und in gewisser Weise auch zwischen Frank und Marcus, obwohl sie sich schon vor seinem Erscheinen verstanden. Wäre Henning nicht gewesen, hätten sie sich niemals so oft gemeinsam getroffen, wären nicht
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