Blanks Zufall: Roman
habe, aber du weißt schon, wieso). Aber ich will hier nicht moralpredigen, das überlasse ich deiner Mutter. Schöne Grüße an Claudia, ne.
Wenn du diesen Brief liest, hast du ja auch schon mein Geschenk gesehen, nicht wahr? Das neue Buch von Damon Black, deinem Guru. Aber hast du auch schon auf die erste Seite geguckt? Wenn nicht, dann hast du was verpasst. Ich habe es nämlich signieren lassen. Ja, du hast richtig gelesen: Ich habe Damon Black persönlich getroffen, am 3. April 2010, nach seiner Show, im Backstage-Bereich. Ich kenne seinen Manager, McFrice, ein ganz netter Kerl eigentlich, aber er managt jetzt definitiv den falschen Mentalisten. Nein, nicht deinen Obermeister, einen anderen noch dazu, aber das ist eine andere Geschichte. Die kann dir Frank dann mal erzählen, wenn ich sie ihm erzählt habe. Vielleicht erzähle ich sie auch niemanden, aber das wäre wieder so typisch ich. Für jeden ein offenes Ohr haben und die schwierigsten Probleme meistern, aber bei mir selbst nicht den Mund aufkriegen. Mal sehen.
Jetzt möchte ich dir eine andere Geschichte erzählen, deine ganz persönliche Geburtstagsgeschichte, wenn du so willst.
Damon Black ist privat genauso wie auf der Bühne, ganz der sympathische, aber irgendwie unheimliche Typ Mensch, bei dem man denkt, dass er einen sofort durchschaut, also irgendwie in einen hinein schaut und dann deine intimsten Gedanken liest. Sind dir schon mal seine Augen aufgefallen? In den Videos kommt das wahrscheinlich nicht so rüber, aber in Natura haben sie dieses Hypnotische. Keine Ahnung, wie er das macht. Und trotzdem schaffte es der Kerl, dass ich ihn auf Anhieb mochte.
Wie jeder Engländer, dem ich bisher begegnet bin (nun, nicht jeder jeder), hat er mir bei unserem Treffen einen Tee angeboten. Und merke dir das, Blank, schlage niemals so ein Angebot aus! Also saßen wir dann bei ihm in der Künstlerzelle (wie ich das nenne) Backstage auf so einer ungemütlichen Couch und tranken schwarzen Tee. McFrice ließ uns allein und ich dachte die ganze Zeit nur, du müsstest hier sein an meiner Stelle, das ist eigentlich dein Treffen.
Wir redeten über nichts Außergewöhnliches beim Teetrinken, kaum zu glauben, was? Es ging um Fußball und dass Damon Black schon mehrmals in Deutschland war. Im Urlaub. Kannst du dir das vorstellen? In Bayern war er, mit Oktoberfest und dem ganzen Dreck. Aber er trinkt keinen Alkohol, sagte er, er interessiert sich für Gruppendynamiken und darum war er dort. Als nächstes würde er sich gerne den Karneval geben in Köln. Alter, dachte ich mir, was muss der für ein Bild von Deutschland haben? Aber er mag das Land, sagte er, also die Landschaft. Aha, dachte ich, aber nicht die Menschen, was?
Irgendwann kamen wir auf sein neues Buch zu sprechen (ich glaube, er hat daraus zitiert) und dass ich es gekauft hätte und heute mitgebracht, um es von ihm für einen Freund signieren zu lassen. Da fragte er mich, ob ich nicht Lust hätte, mit ihm etwas zu versuchen. Das, was er auch immer auf der Bühne fragt, von wegen, ich weiß nicht, ob es auch klappt, aber ein Versuch kann ja nicht schaden.
Er wollte den Namen aus meinen Gedanken lesen, für den das Buch sein sollte, also deinen Namen, Blank. Und dafür lehnte er sich ein bisschen vor, machte so ein paar Gesten mit seinen Händen vor meiner Stirn und sagte das Übliche, stellen Sie sich die Buchstaben des Namens alle groß und leuchtend vor und sagen sie mir in Gedanken den Namen immer wieder laut und klar. Was er eben so sagt, nicht wahr?
Irgendwann sagte er: „Es ist ein seltener Name, eigentlich kein Vorname. Er ist männlich und es ist sein Spitzname, und sein Nachname.“
Ich war verblüfft, als er dann doch tatsächlich 'Blank' hinzu fügte und ich nickte sprachlos. Es heißt ja, diese Mentalisten können Namen und Nummern von den kleinsten Bewegungen der Lippen ablesen. Das wirst du ja am besten wissen. Aber eine Sache fand ich dann schon beunruhigend, also richtig unheimlich. Weißt du, natürlich sollte er das Buch dir widmen, Blank, aber in Gedanken habe ich an deinen Vornamen gedacht. Marcus. Weiß nicht, wieso, aber immer wieder gedacht: Marcus. Marcus. M A R C U S. Nicht Blank!
Dann schrieb er nieder, was du jetzt lesen kannst oder solltest, wenn du es noch nicht gelesen hast (wovon ich nicht ausgehe, Alter, aber man weiß ja nie). Und als ich so richtig schön in dieser unheimlichen Stimmung war, Damon Black hatte deine Widmung gerade zu Ende geschrieben, da legte er auf
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