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Blanks Zufall: Roman

Blanks Zufall: Roman

Titel: Blanks Zufall: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Sidjani
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für so was?
    „Weil ich es fühlte.“
    „Was?“
    „Dass wir uns verändern müssen. Es gibt da einen Moment, der kommt einfach, und dann weiß ich, was ich machen muss. So war es auch vor zwei Tagen.“
    „Und welcher Moment war das?“
    „Vielleicht als ich dich aus dem Treppenhaus beobachtet habe. Wie du da draußen eine geraucht hast und diese Härte in deinem Gesicht war. Und ich dachte, das kommt von mir. Das kommt von uns.“
    Anna schüttelt den Kopf. Ihr Blick noch immer gen Boden gerichtet, ihre Haare fallen hinab, Marcus sieht nichts von ihrem Gesicht.
    „Dann ist es aus?“
    „Ja“, sagt Marcus.
    „Und ich kann nichts mehr tun, dass es anders wird?“
    „Im Moment nicht, nein.“
    Die eintretende Stille währt lang, Marcus starrt auf Annas Kopf, dann wieder an die Wand, auf sein Handtuch, überall hin, um die Zeit zu überbrücken, bis etwas geschieht.
    „Gut“, flüstert sie kaum hörbar und räuspert sich. Dann holt sie ihr Schlüsselbund hervor. 
    „Gut“, wiederholt sie und zieht seinen Wohnungsschlüssel ab, den sie dann auf den Tisch neben sich legt. „Ich geh jetzt.“ Ohne ihn anzuschauen steht sie auf. Nur ein kurzer Blick auf ihr Gesicht zeigt ihm, wie nass es ist. Anna schnieft und geht in den Flur. Rasch zieht sie sich wieder an, dass Marcus keine Zeit bleibt etwas zu tun (obwohl er gar nicht weiß, was er tun will). Anna hoffte auf einen längeren Besuch, Marcus will sie nicht bei sich haben.
    Die Wohnungstür wird geöffnet, sie wird geschlossen. Zurück bleibt ein halbnackter Mann ohne Antworten und ohne zu wissen, was folgen wird.
     

Kapitel 4
    Annemanns Bluff
     
    MARCUS WIRFT EINE Zehn-Cent-Münze in die Luft. Eine Ja oder Nein-Entscheidung, ein Entweder Oder. Und Marcus würde am liebsten beides wissen, wie es ausgehen wird, was geschehen wird, sich dann im Nachhinein entscheiden, welchen Weg er geht. Aber es gibt nur den einen, ganz gleich, ob man die Wahl hat, ganz gleich, was man wählt oder wählen lässt.
    Wenn Marcus eine ausgedachte Figur wäre, in einem Roman zum Beispiel oder einem Film, dann würde er dem Leser oder Zuschauer die Wahl überlassen. Beide zukünftige Wege, die Zahl und Kopf bereit halten, würden präsentiert und dann wird entschieden, was besser ist.
    Aber besser, heißt das nicht, besser von Interesse für den Einzelnen? Und hat nicht jeder seinen eigenen Geschmack? Vielleicht wäre für einige von den Lesern oder Zuschauern keine der beiden Entscheidungen die beste, und sie würden eine dritte bevorzugen, wenn es sie denn gäbe, ein Plan C.
    Die Münze dreht sich in der Luft, erreicht ihre Fallhöhe und macht sich auf ihren Weg nach unten. Marcus fängt sie mit dem Handrücken seiner linken Hand und klatscht die Innenfläche seiner rechten darauf. Er hebt sie an und schaut auf das Resultat. Kopf.
    Marcus wirft noch einmal. Wieder Kopf. Jedes Mal, wenn der Kopf erscheint, ist er enttäuscht, als wäre es die falsche Entscheidung. Marcus möchte die Zahl sehen und wirft ein nächstes Mal. Zahl. Dieser Wurf gilt.
    Von wegen Zufall, denkt er. Ich habe es schon vorher gewusst; was ich machen will heute Abend. Das ist das Geheimnis der Münze, oder nicht? Sie entscheidet nicht, welchen Weg du gehst, sondern sie zeigt dir, wofür du dich selbst entschieden hast. Wenn das in moralischen Fragen funktionieren würde, denkt Marcus und wählt die Nummer von Jenny. Noch bevor das Freizeichen ertönt, hat sie abgenommen (ein Effekt, den er nur von ihrem Anschluss kennt).
    „Ich bin's noch mal“, sagt Marcus.
    „Blank!“ ruft Jenny, offenbar erfreut, ihn zu hören, „Und, wie sieht's aus?“
    „Bereite alles für heute Abend vor, Jenny. Ich trete auf.“
    Sie lacht. Keiner lacht offener und ansteckender. Marcus lacht auch.
    „Hast du nicht erst vor zehn Minuten gesagt, du musst erst mal deinen Kopf freikriegen?“
    „Das habe ich jetzt, Jenny.“
    „Ging ja schnell. Bin ich gar nicht gewohnt von dir, Blank. Der ewige Grübler.“
    „Also, klappt das?“
    „Klar klappt das, Blank. Ich hab dir eben schon gesagt, dass ich sogar Poster im Schaufenster hab für deinen Auftritt. Ich hoffe auf einen guten Abend.“
    Mit gut meint Jenny mehr Einnahmen, ganz die Geschäftsfrau. Berechnend zwar, aber nicht erkaltet nur das Geld im Sinn. Allerdings so sehr auf Sicherheit bedacht, dass Marcus gut versteht, warum sie mit Karsten Schluss machte.
    „Cool, dann bis nachher, Jenny.“
    „Blank, brauchst du noch was?“
    „Alles, was ich brauche, ist hier.

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