Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition)
woar?«
Wenzel nickte, woraufhin Sandra ihn am Arm packte, er seine Kutte raffte und mit ihr davonlief.
Auf dem Weg zu seiner ersten Gänseblümchenkette kam Wenzel in den Sinn, dass ihn sein Opa gar nicht befragt hatte – worüber er sich sofort wunderte. Großvater Rossbrand und seine drei Freunde waren normalerweise immer die Ersten, die in solchen Situationen das Ruder übernahmen, doch heute Morgen hatte er keinen der vier alten Herren gesehen. Wenzel überlegte, ob er jemanden nach ihrem Verbleib fragen sollte, dann sah er Sandra an, die vor ihm lief und kleine Luftsprünge machte. Und schon waren die Großväter wieder vergessen.
Peppi Gippel hatte nie geglaubt, dass Denken so anstrengend sein konnte, und ärgerte sich, dieses Nachdenken nicht abstellen zu können. Als Maria vor zwei Tagen zu ihm zurückkehrte, war bis auf ihren großen Bauch sofort wieder alles wie früher. Maria kochte für Sepp und Peppi, kümmerte sich um den Junggesellenhaushalt, während die beiden auf dem Fußballplatz waren, und abends schauten Peppi und Maria Arm in Arm DVDs. Peppi hatte einen festen Schlaf, aber bei Marias Vier-Uhr-Toilettengang war er aufgewacht und danach unfähig gewesen, nochmals ein Auge zuzubekommen. Bis sechs Uhr war er neben ihr gelegen und hatte gegrübelt. Er war ratlos, was er gegen diese vielen Gedanken über die Zukunft tun sollte, und so beschloss er um kurz vor sieben, Johannes um Rat zu fragen. Peppi war sich sicher, dass er ihm helfen könnte, da Johannes in Peppis Augen nichts anderes tat, als nachzudenken.
Peppi schlenderte also durch das morgendliche St. Peter. Er ließ sich Zeit, wechselte einige Worte mit den St. Petrianern, die auf der Kirchenstiege Gretes Ohnmacht diskutierten, und als er in die Einfahrt zu den Irrweins bog, kam zeitgleich Manfred Rossbrand an, Roberts älterer Bruder. Manfred hielt den Rekord im Lehrberufswechsel. In den letzten Jahren hatte er alle Berufe zu erlernen versucht, die man in St. Peter ausüben konnte, doch vor drei Monaten hatte er kapituliert und sich seinem Schicksal gebeugt, als ältester Rossbrand-Sohn Briefträger zu werden.
»Servas!«, sagte Peppi, der ihn zuerst bemerkte, und Manfred fiel vor Schreck ein Packen auszutragende Post zu Boden.
»Kruzifixn sacra!«, fluchte der Briefträgerlehrling.
Peppi kniete nieder und half, die Briefe zusammenzusammeln, die der Wind in alle Himmelsrichtungen zerstreute. Es war ein trüber Tag, dichte Wolken hingen über dem Himmel, alle warteten auf ein Gewitter.
»Dank da, Peppi!« Manfred zupfte Postwurfsendungen aus dem Rhododendronstrauch neben dem Gartenzaun. »Hast des mit da Grete g’hört?«
»Ja, i bin an da Kirchenstiegn vorbei’gangen, bevor i herkommen bin«, sagte Peppi, wischte einige Briefe vom Kiesstaub sauber und reichte Manfred, was er zusammengeklaubt hatte. Plötzlich entdeckte er den Brief, den Manfred zuoberst in der Hand hielt. »Is der Briaf für’n Johannes?«
Manfred klopfte sich die Knie sauber und begutachtete das Schriftstück. Peppi durchfuhr ein Zucken. Er hatte erspäht, dass Johannes mit Herr Schriftführer Johannes A. Irrwein tituliert wurde.
»Weißt was, Manfred, du kannst ma den Brief gebn. I muss sowieso zum Johannes«, sagte Peppi und streckte den Arm wie eine Speerspitze aus. Der Briefträgerlehrling erschrak und wich einen Schritt zurück.
»Tät i jo gern, Peppi, owa woaßt eh, Briefgeheimnis.«
»Scho guat, ka Problem«, sagte Peppi schließlich und ließ den Arm sinken. Freundschaftlich lächelte er Manfred an und klopfte ihm auf die Schulter, Manfred lächelte entspannt zurück, doch in diesem Moment riss Peppi ihm den Brief aus der Hand, und noch bevor der angehende Briefträger realisiert hatte, was vor sich ging, war Peppi im Haus der Irrweins und sperrte die Tür hinter sich zu.
»So a Schaß«, schimpfte Manfred und trat gegen seine Umhängetasche, woraufhin diese umkippte und ihren Inhalt auf die Einfahrt ergoss. »Geh na«, flüsterte er weinerlich und kniete sich auf den Kies, um abermals Papierstück für Papierstück einzusammeln und in die richtigen Fächer zu stecken.
»Johaaaannes!«, brüllte Peppi, bog im Obergeschoss um die Ecke, riss die Tür zu Johannes’ Zimmer auf und stürmte hinein. »Pfau, da schlafmuffelts!« Peppi zog Johannes die rot-weiß karierte Decke weg: »Johannes, aufstehn!«
»Peppi, raus«, seufzte Johannes in sein Polster. Bevor Peppi hereingestürmt war, hatte er davon geträumt, mit Simona durch das
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