Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition)

Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition)

Titel: Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vea Kaiser
Vom Netzwerk:
fallen und schloss die Augen. Er wollte noch fragen, wie das hatte passieren können, da erinnerte er sich, dass dies hier ja St.   Peter am Anger war. In St.   Peter am Anger gab es keine Geheimnisse, nichts blieb den Dorfbewohnern verborgen.
    »Es tut ma leid«, sagte Peppi, und Johannes seufzte. »Johannes, i bin sofort, wia i des g’merkt hab, her zu dir. Du musst wissen, se sand auf’m Weg. Weißt eh, s’halbe Dorf steht nu auf da Kirchenstiegn und wartet auf a Nachricht vo da Grete. Jedenfalls, hiazn ham’s beschlossn, se wolln genau wissn, was los is.«
    Johannes wurde kreidebleich. Nach all seinen Studien zum Kriegsverhalten der Bergbarbaren fürchtete er, dass sie es ihm als Hochverrat ankreiden würden, dass er einen fremden Fußballverein aus einer Millionenstadt ins Dorf gelockt hatte, der noch dazu alles repräsentierte, gegen das die St.   Petrianer kämpften. Am meisten fürchtete er die vier alten Dorfpatrone Rettenstein, Rossbrand, Ebersberger und Hochschwab. Diese würden ihm keine Chance lassen, sich zu erklären, sondern das Dorf gegen ihn aufhetzen. Und selbst wenn sie ihn nur aus dem Dorf jagten, würde das bedeuten, seine Forschungen wären zunichtegemacht und er hätte keine Chance mehr, sich als Geschichtsschreiber zu etablieren und zu beweisen, dass er die Matura zu Unrecht nicht bestanden hatte.
    Johannes lugte zwischen den zugezogenen Vorhängen hindurch. Draußen war es schwül und stickig. Die Wolken trübten den Tag, Böen brachten die stehende, nach unten gedrückte Luft in Bewegung, wirbelten Staub von der Hauptstraße auf und ließen die ineinander verrenkten Äste des Nussbaumes erzittern. Er starrte ins Blattwerk, zwischen dem die tiefgrünen Nüsse wuchsen. Die Wasserflasche auf dem Nachttisch erzitterte, etwas war in Bewegung, etwas kam auf sie zu. Peppi hielt seine Nase in die Höhe, auch er spürte, wie der Boden bebte.
    »Sie kommen«, sagte Johannes, Peppi stellte sich neben ihn, sah auf der anderen Seite am Vorhang vorbei und klopfte seinem Freund auf die Schulter. Am Ende der Hauptstraße zeichneten sich Vorstürmer der herannahenden Armada ab, Johannes kniff die Augen zusammen: Kinder eilten der Masse voraus, angestrengt laufend, um einander zu überholen, jeder wollte als Erster dort ankommen, wo bald alle zusammentreffen würden. Kurz darauf fanden sich die Jugendlichen ein. Die meisten waren mit Gatschhupfern direkt über die Felder gefahren, keiner trug einen Helm. Sie parkten ihre Zweiräder in der Einfahrt der Irrweins, während die Kinder über den Gartenzaun kletterten und die besten Plätze im Vorgarten einnahmen. Wenig später trudelten traubenweise die erwachsenen St.   Petrianer ein. Die Zufahrtsstraße und die Hauptstraße entlang des Grundstücks füllten sich mit Menschen wie ein von einer Welle geflutetes Sammelbecken. Johannes erschrak, als die Klingel des Hauses ertönte. Kurz darauf rüttelte es an der Zimmertür. Jemand versuchte hineinzukommen – eine massige Person schien sich gegen die Tür zu werfen. Die Scharniere quietschten bedrohlich, doch diese Tür war von Alois Irrwein gezimmert worden. Ohne Flammenwerfer, Rammbock oder Schlüssel kam man nicht hinein. Kurz wieder Stille, dann begann das Klopfen. Johannes erkannte die breiten, liebevollen Fingerknöchel, die fünf Mal gegen das Holz pochten. Es war Ilse, und als er nicht öffnete, sagte sie: »Johannes, kannst du bitte de Tür aufmachn?«
    Ilses Stimme klang gedrungen. Peppi legte sich den Finger auf den Mund.
    »Johannes, mach bitte auf. A paar Herrn vom G’meinderat sand da und da Herr Burgermaster«, vom Stiegenhaus her unterbrach plötzliches Raunen Ilse, »i mein, oiso, olle G’meinderät vo olle Fraktionen sand da und wolln nur mit dir redn, bitte mach auf.«
    Auf der anderen Seite der Tür wurde geflüstert und leise diskutiert. Alois’ Tür schirmte die Wörter ab, nur unverständliches Gemurmel drang ins Zimmer. Kurz darauf wurde wieder an der Tür geklopft, dieses Mal war es eine Faust, die an die immer gleiche Stelle hämmerte.
    »Johannes A. Irrwein, do is dei Burgermaster. Mach de Tür auf! Der G’meinderat steht im Stiegenhaus. Wir wolln uns mit dir versammln und vo dir wissn, wos do mit dera Fuaßballmannschaft is, de wos gegen uns spülen wüll. Oiso, mach auf!«
    Peppi schüttelte den Kopf. Johannes sah sich in seinem Zimmer um. Das Leben wäre so leicht, dachte er, hätte man wie der Subprior einen Universalschlüsselbund, mit dem man in jeder Wand und in jedem

Weitere Kostenlose Bücher