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Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition)

Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition)

Titel: Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vea Kaiser
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Bücherregal geheime Türen öffnen könnte.
    Der Bürgermeister und jene Gemeinderäte, die sich in die erste Reihe gedrängelt hatten, hämmerten an Johannes’ Tür:
    »Johannes A. Irrwein, ois Burgermaster befehl i dir: Mach auf und versammel di mit uns!«
    Plötzlich ein Knall von der anderen Seite des Zimmers. Unten hatten ungeduldige Lausbuben begonnen, das Balkonfenster mit den unreifen, zu Boden gefallenen Nüssen zu bewerfen.
    »Johannes, wir stehn unter Beschuss!«, stellte Peppi fest, sein Gesicht war ganz bleich. Obwohl er noch am Morgen unbedingt gegen St.   Pauli hatte spielen wollen, bekam er nun Angst vor seinen Arbeitgebern und vor allem vor den Dorfältesten. Immerhin war er nicht nur für sich selbst verantwortlich, sondern auch für Maria und die Babys. Was, wenn Johannes recht hatte und die St.   Petrianer wütend waren, dass ein fremder Verein ins Dorf kommen wollte? Peppi wusste immerhin, wie gerne die St.   Petrianer unter sich waren.
    Johannes blickte indessen auf ein Poster der herodoteischen Welt und seufzte. Im alten Athen war die Welt noch in Ordnung, dachte er. Anliegen waren stets vor und mit versammeltem Volk besprochen worden, nichts wurde über die Köpfe der Bürger hinweg von den Mächtigen durchgesetzt. Johannes war wütend auf sein Schicksal – warum hatte er nicht zweitausendvierhundertdreiundvierzig Jahre früher geboren werden können!
    Ein koordinierter Mehrfachbeschuss des Fensters riss ihn aus seiner Trance.
    »Peppi«, flüsterte er seinem Freund zu, der die Tür im Auge behielt, »unsere Fluchtwege sind abgeschnitten, wir können uns jetzt entweder unterwerfen oder wir versuchen, die Situation auf die demokratisch-altgriechische Art zu bewältigen!«
    Johannes wartete auf Peppis Reaktion, merkte aber schnell, dass der Stürmerstar nicht verstand, was er meinte.
    »Peppi, wir reden mit dem Volk und vertrauen uns der Gnade des Kollektivs an, anstatt uns den vier alten Rudelführern auszuliefern!«
    »Bahöl! Des is sicher des Beste.«
    Mit einem kräftigen Zug rissen sie die Vorhänge auf, Peppi schüttelte sich, als machte er sich für den Anpfiff fertig, und auf drei öffnete jeder einen Flügel der Balkontür.
    »Schauts, da oben tuat si wos!«, rief der Gemeindearbeiter Schuarl, der von der Ladefläche seines Pick-ups den Balkon mit einem Fernglas observierte.
    Als Johannes und Peppi hinaustraten, verstummte die Menge. Alle, die noch verstreut standen, rotteten sich auf der Hauptstraße, im Vorgarten der Irrweins und auf der anderen Seite der Hauptstraße zusammen, um Johannes gut im Blick zu haben. Dieser war im ersten Moment überrascht, keine geschwungenen Mistgabeln und brennenden Fackeln zu sehen, im zweiten Moment jedoch überwältigt. Bis auf den Gemeinderat, der energisch hämmernd und um Zuständigkeiten streitend vor seiner Zimmertür stand, waren alle St.   Petrianer unter Johannes A. Irrweins Balkon versammelt. Das braune Gesicht der Kaffeehausbesitzerin Frau Moni war im Schatten des Nussbaumes fast schwarz, der Wirt Mandling lehnte neben ihr, sein Geschirrtuch auf der Schulter und die Wechselgeldrolle an seiner Schürze befestigt. Der Messdiener Egmont stützte sich am Gartenzaun ab, Schuarl hatte das Observieren der Lage seinem Lehrbuben überantwortet, sich seine Warnweste übergestreift und riegelte hektisch die Hauptstraße ab, damit die spontane Versammlung nicht durch vorbeifahrende Autos gestört würde. Die Mütterrunde stand breithüftig mitten auf der Hauptstraße, angeführt von der Friseurin Angelika, die an ihren Haaren zwirbelte, und der Mütterrundenvorsitzenden Marianne Rettenstein, die eine befleckte Kochschürze trug, als wäre sie vor einer wild spritzenden Tomatensauce davongelaufen. Die Rabauken waren in den Nussbaum geklettert, die kleineren Kinder saßen in Ilses Salatbeeten, einige hatten bereits das Interesse verloren und spielten mit dem Gemüse, andere sahen Johannes aus großen Augen und mit offenen Mündern an. In ihrer Mitte thronte Wenzel Rossbrand, er grinste breit, ein großer Gänseblümchenkranz hing über der Kutte der Morgenmesse, die ihrerseits voller Grasflecken war. Günther Pflicker saß im Abseits und schien ganz glücklich, sich nur um eine Wurstsemmel und nicht um Maria kümmern zu müssen, Maria war von Dorfmädchen umringt. Hinter den Dorfmädchen standen Robert Rossbrand und der Rest der Dorfburschengang, die ihre Blicke auf die Hinterteile der Dorfmädchen gerichtet hatten, da es ein heißer Tag war und

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