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Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition)

Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition)

Titel: Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vea Kaiser
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sondern auch von den Frauen am Kuchenbuffet ausgetragen wurde.
    Das Schlimmste am Auf-der-Bank-Sitzen war für Johannes, dass man keine Möglichkeit hatte, sich über aufkommende Gedanken auszutauschen oder diesen nachzuforschen. Zurzeit beschäftigte ihn die Frage, wieso der Ball wieder hinunterfiel, egal wie hart ihn der Tormann ausschoss. Unlängst hatte er den Trainer gefragt, der hatte nur mit der Trillerpfeife den anderen Kindern bedeutet weiterzulaufen und Johannes mit entnervtem Blick geantwortet:
    »Ollas, was auffi geht, geht a wieda owi. Is halt so.«
    »Ja, das weiß ich schon, aber wieso? Wieso fällt alles, was hinauffliegt, wieder runter?«
    Darauf hatte der Trainer seine Silberpfeife in den Mund gesteckt und Johannes zurück auf seine Position gepfiffen.
    »Weißt du, wieso der Ball immer runterfällt, obwohl man ihn nach oben schießt?«, hatte er einen anderen Buben gefragt, der wegen einer Verletzung auf der Reservebank saß.
    »Wos soll’n da Ball sonst machn?«
    »Na ja, immer weiter nach oben. Mich wunderts halt, dass er anscheinend irgendwann weit genug oben ist und dann wieder runterkommt. Ich möcht halt gern wissen, wieso das so ist.«
    Der andere Bub hatte seine Augenbrauen verzogen, seine Zunge raushängen lassen und geantwortet:
    »Sag amoi, wieso redst’n du eigentli so hochg’schissen?«
    »Ich rede nicht hochgeschissen, ich rede wie Forscher reden.«
    »Du bist owa ka Forscher. Du bist a St.   Petriana, oiso red normal.«
    Daraufhin wollte Johannes ihn anspucken, traute sich aber nicht und rannte nach Hause. Seit Johannes Gerlitzen gestorben war, meinte Johannes A. Irrwein, von immer mehr Leuten wegen seiner Hochsprache beleidigt zu werden. Er verstand vor allem nicht, was das Wort hochgeschissen mit der Art, sich auszudrücken, zu tun hatte.
    Der Fußballplatz von St.   Peter lag in einer Senkung des Angerberges, und nur fünf Meter hinter dem Klubhaus, fast unmittelbar nach der Schotterzubringerstraße, die den Dorfplatz mit dem sportlichen Zentrum verband, begann die Aulandschaft des Mitternfeldbaches. Die Senkung hatte den Vorteil, dass die Zuschauer wie in einem griechischen Theater an den Hängen Platz nehmen konnten, wo kleine Holzbänke in die Böschung hineingezimmert waren. Sah das ganze Dorf zu und kamen genügend Auswärtsgäste, um die Gästetribüne hinter dem Westtor zu füllen, wurde der Fußballplatz zu einem Hexenkessel, ohne Absperrung zum Zuschauerraum. Es gab zwar auf der talwärtigen Seite eine Wellblechbande mit den Werbungen der Sponsoren, doch diese wurde von den Dorfmädchen als Sitzgelegenheit verwendet. Der Nachteil an der Grubenlage des Fußballplatzes zeigte sich bei Regen. Wegen des nahe vorbeifließenden Baches war der Boden nicht sonderlich aufnahmefähig, und so wurde der Untergrund bei Starkregen oft zu weich, sodass Spiele unterbrochen oder abgesagt werden mussten. An diesem Sonntag, zwischen Mutter und Vater Richtung Fußballplatz eskortiert, blickte Johannes oft in den Himmel und hoffte, die Wolken würden platzen und er könnte so bald wie möglich wieder nach Hause.
    »Na servas, da kummt a ganz a schöns G’witter uma«, bemerkte auch Ilse, kurz bevor sie den Platz erreicht hatten. Das aufgeregte Schreien der Kinder und die Gespräche der St.   Petrianer waren schon lange zu hören. Noch schien die Sonne, aber von Osten zogen tiefgraue Ambosswolken ins Tal. In St.   Peter regnete es selten, meist kamen wegen der hohen Alpengipfel rundherum die größeren Stürme gar nicht bis ins Tal, aber wenn der Wind in einer bestimmten Weise drehte, sobald er die Wolken bis zur ersten Gipfeltranche getrieben hatte, wurden sie ins Angertal hineingeschoben und blieben am Großen Sporzer und den Gletschern hinter dem Angerberg hängen, um sich auszuregnen. Diese Gewitter konnten Tage dauern. Bis auf Johannes betete das ganze Dorf zum heiligen Petrus, er möge die Wolken bis zum Abend fernhalten, denn das Spiel gegen St.   Michael war das wichtigste der Saison. Zuerst würden die Jugendmannschaften, dann die Kampfmannschaften spielen, und abseits des Platzes konkurrierten die Frauen darum, welche Mütterrunde die besseren Mehlspeisen backen konnte. Johannes hatte seinen Trainingsanzug über den Dress mit der Nummer einundzwanzig gezogen. An allen Ecken und Enden war er ihm zu groß, obwohl als small etikettiert und die kleinste verfügbare Größe. Ilse hatte ihn an den Hemds- und Fußenden gekürzt, doch die Breite hatte sie nicht ändern können. Beim

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