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Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition)

Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition)

Titel: Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vea Kaiser
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liefen sie um ihn herum und schirmten ihn ab. Natürlich zeugte es von Peppi Gippels exzeptionellem Talent, dass er trotz des fünffachen Personenschutzes ein Tor schießen konnte, doch ohne Peppi als Regisseur und Spielmacher liefen die anderen St.-Petri-Kinderfußballer herum wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen. Peter Parseier hatte ihnen beigebracht:
    »Denkts net nach, versuchts net, irgendwos selba zum Machen, Ball an den Peppi, und der schiaßt s’Tor.«
    Bisher hatte diese Taktik Erfolg gebracht, aber nun zeigte sich, wie wenig nachhaltig sie war. Als glaubten die St.   Petrianer Nachwuchsfußballer, Peppis Manndecker seien körperlose Gespenster, spielten sie ihm jeden Ball zu. Manchmal schaffte er es sogar, sich von den fünf Bewachern zu lösen, aber dann kamen zwei weitere dazu, und gegen sieben Fußballer war sogar ein Peppi Gippel machtlos. St.   Michael jubelte, St.   Peter grölte, Sepp Gippel sprang wie Rumpelstilzchen auf der Tribüne herum, und Peter Parseier bebte vor Wut. Kurz nach Anpfiff der zweiten Halbzeit legte der St.   Petrianer Goalie drei exzellente Paraden hin, allerdings merkte Parseier, dass sein Verein mehr Glück als Verstand hatte und es aufgrund des nach der Pause verstärkten Offensivspiels der Gegner nur wenige Augenblicke dauern würde, bis sie das nächste Gegentor bekamen. Also entschied sich Parseier für eine folgenschwere Taktikänderung.
    »Geht scho, Burschen, ollas aufwärmen«, hieß Parseier den Ersatzspielern auf der Bank.
    Günther Pflicker sauste los wie ein testosterongeladener Labrador, Johannes trottete ihm mäßig motiviert hinterher. Er dachte immer noch über die vielen Namen des Trainers für den Schiedsrichter nach und erinnerte sich, wie sehr die St.   Petrianer Fremdwörter hassten. Doktor Opa hatte ihm viele Fremdwörter aus dem Französischen beigebracht, die man durch die Nase aussprechen musste, was die Dorfbewohner zum Schnoferlziehen brachte. Und nun hörte er einen reichen Wortschatz, wie er laut Doktor Opa gar nicht existieren konnte. Im Kopf der St.   Petrianer, mein kleiner Johannes, ist nicht genügend Platz, um sich mehrere Bezeichnungen für ein Ding zu merken, es sei denn, es handelt sich um Unkraut.
    Gelangweilt sprang Johannes am Spielfeldrand auf und ab, ließ die Schultern kreisen und war so in Gedanken versunken, dass er gar nicht merkte, wie rund um ihn das Stadion kochte.
    »Günther, los, eini«, schrie Parseier und wechselte ihn gegen einen Mittelfeldspieler aus. Doch bevor der Schiedsrichter den Fußballer auf das Spielfeld laufen ließ, nahm der Trainer den Buben mit den Schrankschultern beiseite, massierte ihm die Oberarme und flüsterte ihm ins Ohr:
    »Günther, ’sei hoart, de Deppn hams net anderst verdient.«
    Es dauerte keine drei Minuten, da ließen Peppis Bewacher von ihm ab, und er konnte die ersten Bälle nach vorne spielen. Günther Pflicker grätschte, schnitzte, fuhr mit ausgestreckten Ellbogen wie abgespreizten Füßen durch die Luft, und wann immer der Schiri wegsah, schlug er zu. Bald stand es 4   :   4, aber der Trainer von St.   Michael hatte begriffen, mit welchen Bandagen ab jetzt gespielt wurde, und bald flogen neben dem Ball auch Blutstropfen, Haarbüschel und Milchzähne durch die Gegend. Die völlig enthemmten Eltern stachelten ihre Kinder weiter an, die Trainer drängten auf volle Härte, und das letzte Viertel des Spiels dehnte sich in die Länge, da ständig Spieler ausgewechselt werden mussten. Bei Jugendspielen sah der Allgemeine Fußballverband vor, dass die Trainer ein unbegrenztes Wechselkontingent hatten, was nicht dazu dienen sollte, alle Kinder zu verpulvern, sondern sie einzusetzen. Kurz vor Ende des Spieles war es dann so weit, dass Peter Parseier bis auf einen einzigen Reservespieler alle Kinder verbraucht hatte. Nur Johannes Irrwein lief noch seine Aufwärmrunden, hatte mittlerweile realisiert, in welche Bahnen das Spiel umgeschwenkt war, und bibberte käseweiß, dass sich nicht noch einer verletzte und er spielen musste. Panisch verfolgte Johannes die Uhr, bangte auf den Schlusspfiff, doch bevor dieser kam, wackelte Robert Rossbrand, Stürmer und Klassenclown, windschief vom Platz. Nach einem Kopfballduell floss ihm ein roter Sturzbach aus der Nase, aber Robert Rossbrand weinte nicht, sondern schien guter Dinge und blieb sogar seinem Ruf treu, auf fast jedes Wort einen unanständigen Reim sagen zu können. Bevor er Johannes abklatschte, flüsterte er ihm grinsend zu:
    »Des

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