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Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition)

Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition)

Titel: Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vea Kaiser
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Oberherrschaft an sich riss und nicht mehr wich. Noch nie hatte es so eine frühe und lange Schlammzeit gegeben, noch nie war darauf ein so sommerlicher Frühling gefolgt. Johannes A. Irrwein konnte den letzten Schultag nicht mehr erwarten. Kaum waren die Zeugnisse verteilt, eilte er in sein Zimmer, zog die Vorhänge zu und beschloss, das Haus erst wieder zu verlassen, wenn die Sonne verschwunden war.
    Mit kurzen Pausen, in denen sie ihre Fingerknöchel massierte, klopfte Ilse am Dienstag in der dritten Juliwoche acht Minuten lang an die Kinderzimmertür, bis sich etwas rührte. Dinge wurden zur Seite geschoben, Johannes flüsterte mit dem Kaninchen, und endlich drehte sich der Schlüssel. Er öffnete nur einen Spalt, Ilse wollte die Tür aufdrücken, doch Johannes stemmte sich von innen dagegen.
    »Nein, du darfst nicht rein.«
    Ilse seufzte angespannt, es war Ende Juli, und der Bub war nicht ein einziges Mal im Freien gewesen. Ilse mit ihrem aufbrausenden Temperament hätte am liebsten die Tür eingeschlagen, den Buben gepackt und an den Haaren hinausgeschleift, denn es quälte sie, dass ihr eigener Sohn kaum mehr mit ihr sprach. Hin und wieder phantasierte Johannes bei der Abendjause von irgendwelchen Experimenten, doch nie sagte er, was er fühlte, dachte und in seinem Zimmer tat. Ilse machte es wahnsinnig, nicht zu wissen, was in ihrem eigenen Haus vorging. Nicht einmal nachts konnte sie in sein Zimmer schleichen, denn er hielt die Tür ständig abgesperrt.
    »Johannes, draußn is so schön, kumm aussi und geh a bisserl spüln.«
    Er wollte die Tür zudrücken, aber Ilse blockierte den kleinen Spalt mit ihrem Schlapfen.
    »Johannes, i mein’s do nur guat! A a Forscher braucht a frische Luft. Oiso kumm, i hab de Angelika ang’rufen, de Mama vom Robert aus deiner Klasse. Da Robert und a paar andre Kinder ham den Bach aufg’staut, da gibt’s hiazn a ganz tiafe Stelle, wo ma vo de Bäum einispringa kann, is des net supa?«
    Johannes lugte sie durch den Türspalt verständnislos an. Schneller als Ilse schauen konnte, hatte er mit einem Tritt den Schlapfen aus der Tür befördert – gerade noch konnte sie ihre Finger wegziehen, bevor Johannes die Tür in den Rahmen knallte.
    »Johannes, du hättst ma fast de Finger abg’schlagen!«, schrie sie, der Bub reagierte nicht.
    Drinnen hörte sie das Geräusch von Johannes’ Kinderschreibtischsessel, der über den Holzboden rollte. Alois hatte Gift und Galle gespuckt, als Ilse ihn gezwungen hatte, den Kinderschreibtischsessel aus ihres Vaters Wohnung in Johannes’ Kinderzimmer zu bringen. Im alten Arzthaus, das nun zu einem Wohnhaus umgebaut werden sollte, da die nachfolgende Ärztin mehr Platz wollte und der Gemeinderat sowieso schon seit Längerem den Plan hatte, die Arztordination in das vor zwei Jahren fertiggestellte Bürgerzentrum zu integrieren, gab es nur Teppich-, PVC – und Fliesenböden. Der Zimmermann Alois aber hatte letztes Jahr im Obergeschoss geölte Fichten verlegt. Diese Planken waren überaus anfällig für Scherrer und Dellen. Aus Angst, die Absätze könnten sich in das weiche Holz drücken, hatte er Ilse sogar verboten, vor dem Feuerwehrball ihre Stöckelschuhe vor dem Schlafzimmerspiegel zu begutachten. Und nun stand in Johannes’ Zimmer ein Sessel mit harten Plastikrollen, die seinen neuen Boden zerscherrten wie eine Katze ihren Kratzbaum.
    Ilse trauerte jeden Tag um ihren Vater, und dennoch wusste sie, dass sie keine Ahnung davon hatte, was der Tod seines geliebten Großvaters für Johannes bedeutete – doch es konnte nicht der richtige Weg sein, ihn in seinem Zimmer verschimmeln zu lassen. Ilse schlüpfte zurück in den zweiten Schlapfen und ging nach unten. Kinder brauchen Grenzen und Autoritäten, dachte sie und erinnerte sich an den Vortrag der Volksschullehrerin vor der Mütterrunde. Ilse seufzte und setzte sich auf die drittletzte Treppenstufe. Sie hatte sich genug mit dem Bub herumgeplagt, jetzt war Alois an der Reihe.
    »Nein Papa, ich mag wirklich nicht.«
    Johannes hatte Tränen in den Augen, Alois die Hände vor der Brust verschränkt und starrte auf das Fußballfeld.
    »Geh, Johannes, schau, wia de andern Kinder Spaß ham.«
    Johannes japste, als müsste er gleich weinen, und klammerte sich an die Bügelfalte von Alois’ Hosenbein.
    »Herst Johannes, hiazn reiß di zam, des is Fuaßball, des is lustig! Wia i so alt woar wia du, hab i jedn Tag Fuaßball g’spült, also hopp, schau, olle deine Freund aus da Schul sand da, schau,

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