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Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition)

Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition)

Titel: Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vea Kaiser
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Subprior des Benediktinerklosters in Lenk im Angertal saß in seinem Lederstuhl, die Ellbogen auf die Lehnen gestützt, die Fingerkuppen aneinandergelegt, und betrachtete das Ölgemälde des heiligen Sebastian vis-à-vis. Elf Pfeile durchbohrten dessen schief am Baumstamm angebundenen Leib, und der Geistliche blickte von Pfeil zu Pfeil, betete bei allen von links eingeschossenen ein Vaterunser und bei allen von rechts ein Ave-Maria. Vor zwei Stunden hatte ihn die hysterische Pfarrersköchin von St.   Peter am Anger angerufen und ihm von einem schrecklichen Vorfall erzählt: Der Pfarrer des kleinen Bergdorfes war bei einem Unfall an den Ohren verletzt worden und musste für die nächsten drei Wochen stationär im Krankenhaus behandelt werden. Wie das geschehen war, hatte sie ihm vorenthalten, doch der Subprior ahnte, dass sie es ihm bewusst verschwieg. Die Mönche des Lenker Benediktinerklosters blickten oft sorgenvoll in Richtung der Sporzer Alpen, wo auf dem Angerberg jenes kleine Dorf saß, das zwar erzkatholisch war, der Kirche jedoch den Gehorsam verweigerte. Der Subprior war unschlüssig, ob er sich darüber freuen sollte, dass das Kloster durch den Krankenstand des Pfarrers nun die Möglichkeit hatte, die Zustände in St.   Peter zu überprüfen – oder ob er sich Sorgen um denjenigen Mönchsbruder machen müsse, den er in die Berge sandte. Und so erwog der Subprior seine Möglichkeiten, ließ seinen Klosteruniversalschlüsselbund durch die Finger gleiten und betete bei jedem Schlüssel einen Psalm. Für den Subprior hatte der mächtige Schlüsselbund die Funktion einer Gebetskette und tat auch seine Wirkung, denn der Subprior hatte die plötzliche Eingebung, dass es am besten wäre, Pater Tobias nach St.   Peter zu schicken.
    Pater Tobias war ein so begabter Theologe, dass sein seelsorgerisches Talent bereits im Vatikan zur Kenntnis genommen worden war. War er an der Reihe, eine Messe zu lesen, mussten die Seitenschiffe bestuhlt werden, und etliche Gemeindemitglieder nahmen in Kauf, der Messe stehend beizuwohnen, nur um die Predigt aus seinem Mund zu vernehmen. Saß er im Beichtstuhl, wanden sich die Schlangen bis hinter den Marienaltar. Plötzlich spendeten die Lenker hohe Summen in den Klingelbeutel, ließen Kinder taufen, von denen man gar nicht gewusst hatte, dass es sie gab, und Paare, die seit Jahrzehnten ohne Trauschein zusammenlebten, baten ihn reuig, ihren Ehebund zu segnen.
    Der Subprior konnte nicht umhin, an die Krönung der Schöpfung zu denken, als Pater Tobias das Zimmer betrat, mit Kreuzzeichen und Kniebeuge ein Begrüßungsgebet murmelte und sich auf dem Holzstuhl gegenüber dem Schreibtisch niederließ.
    »Ich hoffe, du weißt, mein lieber Bruder Tobias, dass dort oben ein ganz eigentümliches Volk lebt. In ihrer Abgeschiedenheit hat es allerlei Sondertümlichkeiten entwickelt. Sei wachsam und bedacht!«
    Der Subprior faltete seine Hände. Pater Tobias ließ seine wasserblauen Augen zu Boden gleiten und ging einen Moment in sich.
    »Der Herr wird mich leiten.«
    »Gelobt sei Jesus Christus.«
    »In Ewigkeit, amen.«
    Pater Tobias wollte sich zurückziehen, um sogleich seine Reisebibel und frische Unterwäsche einzupacken, doch der Subprior hielt ihn zurück, indem er mit dem Klosteruniversalschlüsselbund klimperte. Bedächtig montierte er einen der Dutzenden Schlüssel vom faustgroßen Ring herab.
    »Um sicherzugehen, dass du auch alle verirrten Schafe erreichst, und weil man nie weiß, womit man rechnen muss, möchte ich dir unseren Klosterjaguar mitgeben. Wie du weißt, das Vermächtnis eines treuen Gemeindemitgliedes, den der Herr ins Paradies berufen hat.«
    Der Subprior zwinkerte ihm zu.
    »Fahre hin in Frieden und bringe die frohe Botschaft bis in die hinteren Berge!«
    Pater Tobias nahm mit Verneigung den Schlüssel entgegen, und in diesem Moment tauchte die Sonne das Büro des Subpriors in strahlend helles Licht, als würde das Vorgehen auf himmlische Zustimmung stoßen. Mit dem Schlüssel in der Hand und einem spitzbübischen Lächeln auf den Lippen zog Pater Tobias von dannen.
    Wahrscheinlich ging ein Großteil von Tobias’ äußerlicher Schönheit von seiner inneren Tadellosigkeit aus. Eine Kombination, wie sie in der Welt so einzigartig war, dass der junge Tobias nichts anderes hatte werden können als Pater. Natürlich war er auch äußerst verantwortungsvoll, was den Straßenverkehr anbelangte, und so verzichtete er darauf, stracks in den Klosterjaguar zu springen und

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