Blau wie das Glück: Roman (German Edition)
einen harten Tag.«
»Das habe ich auch gesehen. Er sah elend aus. Aber …« Cian lächelte. »Er ist ja auch ein Mensch.«
»Arbeitest du eigentlich daran? An dieser seidenglatten Stimme und dem gefährlichen Lächeln?«
»Ich bin schon so zur Welt gekommen. Und auch so gestorben. Kommen wir zwei miteinander klar?«
»Ja, ich glaube schon.« Sie sah, wie sein Blick zu ihrer Hand glitt. »Das passiert unbewusst.« Aber sie ließ den Pflock los und hakte den Daumen in den Gürtel. »Das steckt mir in den Genen.«
»Macht dir deine Arbeit Spaß?«
»In gewisser Weise schon. Ich bin gut, und wenn du deinen Job gut machen willst, musst du auch Freude daran haben. Ich bin eben so.«
»Ja, wir sind alle, was wir sind.«
Er trat näher. »Du siehst so aus wie sie, als sie in deinem Alter war. Nein, wahrscheinlich war unsere Nola damals noch jünger, als sie so ausgesehen hat wie du jetzt. Die Frauen damals waren früher verbraucht.«
»Viele Vampire töten bei den ersten Malen Familienmitglieder.«
»Das Zuhause sollte immer ein Zufluchtsort bleiben. Glaubst du, hier im Haus würde noch ein einziger Mensch leben, wenn ich es anders wollte?«
»Nein.« Zumindest war er ehrlich. »Ich glaube, du hättest mit ihnen ein paar Tage gespielt, vielleicht eine Woche lang. Du hättest deinen Spaß gehabt. Du hättest gewartet, bis sie dir vertrauen und unvorsichtig werden. Und dann hättest du sie umgebracht.«
»Du denkst wie ein Vampir«, sagte er anerkennend. »Das ist ein Teil deiner Fähigkeiten. Und warum habe ich sie nicht umgebracht?«
Sie blickte ihm in die Augen und dachte, wie ähnlich sie ihren eigenen doch waren. Die gleiche Farbe, die gleiche Form. »Wir sind, was wir sind. Und du bist vermutlich nicht mehr, was du bist.«
»Zu meiner Zeit habe ich viele getötet. Aber abgesehen davon, dass ich einmal versucht habe, meinen Bruder zu töten, habe ich meine Familie nie angefasst. Ich weiß nicht warum, ich kann nur sagen, dass ich ihr Leben nicht wollte. Du gehörst auch zur Familie, ob uns das nun passt oder nicht. Du stammst von meiner Schwester ab. Du hast ihre Augen. Und ich habe sie einmal sehr geliebt.«
Sie spürte etwas – nicht Mitleid, darum hatte er auch gar nicht gebeten. Aber sie empfand Verständnis. Aus einem Impuls heraus zog sie den Pflock aus ihrem Gürtel und reichte ihn ihm. Verblüfft musterte er ihn.
»Ich muss dich aber jetzt nicht Onkel Cian nennen, oder?«
Cian grinste gequält. »Bitte nicht.«
Blair ging in ihr Zimmer, Cian machte sich auf den Weg nach unten in die Küche, wo er Glenna antraf. Sie sah erschöpft aus, fand er, mit dunklen Schatten unter den Augen.
»Hast du dir jemals überlegt, dass auch jemand anderer Mutter spielen könnte?«
Beim Klang seiner Stimme zuckte sie erschreckt zusammen und ließ die Tasse, die sie in der Hand hielt, auf das Tablett fallen. »Ich bin ein bisschen schreckhaft.« Sie stellte die Tasse auf den Unterteller. »Was hast du gesagt?«
»Ich frage mich, ob sich nicht ab und zu mal jemand anderer um das Essen und alles andere kümmern kann.«
»Das tun sie doch. Na ja, Larkin vermeidet es sehr geschickt, aber die anderen machen durchaus ihren Teil. Au ßerdem wollte ich mich ein bisschen ablenken.«
»Mir wurde berichtet, dass du dich mit außerhäuslichen Angelegenheiten abgelenkt hast.«
»Hoyt hat mit dir gesprochen?«
»Es scheint ihm Spaß zu machen, mich mitten am Tag aufzuwecken. Deshalb möchte ich jetzt auch einen Kaffee«, fügte er hinzu und trat an die Küchentheke, um sich einen zu machen. Sie runzelte die Stirn, als sie den Pflock bemerkte, den er auf die Theke gelegt hatte. Cian zuckte mit den Schultern. »Eine Art Friedensangebot von Blair.«
»Oh, na, das ist doch gut, oder?«
Er legte zwei Finger unter ihr Kinn. »Leg dich hin, Rotschopf, bevor du uns noch umkippst.«
»Deshalb habe ich doch Tee gekocht. Er hat regenerierende Wirkung, und die brauchen wir. Die Batterien sind fast leer.« Sie rang sich ein Lächeln ab. »Sie hat einen Sturm aufkommen lassen, Cian. Sie hat jemanden bei sich, der die Macht besitzt, Sturm zu erzeugen und die Sonne zu verdunkeln, sodass wir unsere Batterien wieder aufladen müssen. Hoyt und ich müssen arbeiten, und wir müssen mit Moira arbeiten. Wir müssen ihr helfen, das, worüber sie verfügt, herauszuholen.«
Sie wandte sich ab und begann, Plätzchen auf hübschen, kleinen Tellern zu arrangieren, damit ihre Hände etwas zu tun hatten. »Wir haben uns heute getrennt, und wir
Weitere Kostenlose Bücher