Blau wie das Glück: Roman (German Edition)
Tee und beschloss, sich eine Stunde mit den Kopfhörern hinzulegen. Im Idealfall würde die Musik sie entspannen, sodass sie wieder klar denken konnte. Stattdessen kreisten ihre Gedanken immer weiter.
Das Meer, die Klippen, der Kampf. Der Moment, als der Himmel sich verdunkelte und sie das Ende vor sich sah. Und der winzige Funken der Erleichterung tief im Innern, dass es schließlich vorbei wäre.
Sie hatte kein Verlangen nach dem Tod. Nein, das hatte sie wirklich nicht. Aber es gab einen kleinen, geheimen Ort in ihr, der müde war, der es leid war, alleine zu sein
und zu wissen, dass ihre Berufung sie dazu bestimmt hatte, alleine zu bleiben.
Alleine mit Blut und Tod und endloser Gewalttätigkeit.
Es hatte sie die Liebe eines Mannes gekostet, den sie so sehr begehrt hatte, und es hatte sie die Zukunft gekostet, die sie mit ihm zusammen hatte haben wollten. Hatte es damals angefangen, fragte sie sich. Gab es diesen Funken seit damals in ihr? Seit der Nacht, als Jeremy sie verlassen hatte?
Jämmerlich, dachte sie und nahm die Kopfhörer ab. Armselig. Ließ sie es tatsächlich zu, dass ein Mann ihre Gemütsverfassung bestimmte – und dazu noch ein Mann, der es mit ihr nicht hatte aufnehmen können? Würde sie den Tod willkommen heißen, nur weil er sie nicht gewollt hatte?
Das war doch Blödsinn. Sie drehte sich zur Seite, drückte sich das Kissen an die Brust und schaute aus dem Fenster in die Dämmerung hinaus. Sie dachte doch jetzt nur an Jeremy, weil Larkin ihre Sinne wieder geweckt hatte. Sie wollte nicht wieder schwach werden wegen eines Mannes, wollte sich von ihren Gefühlen nicht mehr überwältigen lassen.
Sex war in Ordnung, solange er nicht mehr bedeutete als Erleichterung. Sie konnte die Schmerzen und dieses schreckliche Gefühl der Verlassenheit, das das Herz zu einer zuckenden, blutigen Masse in der Brust machte, nicht noch einmal ertragen.
Niemand blieb, dachte sie und schloss die Augen. Nichts war für ewig.
Sie schlummerte ein, und die Musik aus den Kopfhörern, die sie abgelegt hatte, drang leise und plärrend an ihr Ohr.
Sie erfüllte ihren Kopf und hämmerte im Rhythmus ihres
Herzens. Der Morgen dämmerte schon, und die Arbeit der Nacht war getan. Aber sie war so voller Energie, so aufgedreht, dass sie noch stundenlang weiter hätte gehen können.
Sie blickte an sich herunter, als sie den letzten Straßenblock vor ihrem Zuhause erreichte. Sie hatte sich schon wieder ein T-Shirt ruiniert. Es war zerrissen und blutig, und ihre linke Schulter pochte vor Schmerzen.
Aber sie fühlte sich lebendig!
Die Vorstadtstraße war ruhig und hübsch – alle lagen sicher in ihren Betten. Und als die Sonne aufging, leuchteten der Hartriegel und die Tulpenbäume rosig auf. Es roch nach Hyazinthen, und sie atmete den Duft des Frühlings tief ein.
Es war der Morgen ihres achtzehnten Geburtstags.
Sie würde sich jetzt duschen, und dann würde sie viel Zeit damit zubringen, sich für eine äußerst heiße Geburtstagsverabredung unwiderstehlich herzurichten.
Als sie die Tür des Hauses aufschloss, in dem sie mit ihrem Vater wohnte, warf sie ihre Tasche achtlos in die Ecke. Sie musste ihre Waffen reinigen, aber zuerst einmal musste sie mindestens einen Liter Wasser trinken.
Dann sah sie die Koffer neben der Haustür, und alle Vorfreude wich von ihr.
Er hatte schon den Mantel an, als er die Treppe herunterkam. Er sah blendend aus, dachte sie. Groß und dunkelhaarig, die Gesichtszüge wie gemeißelt und diese kühnen Augen. Nur einen leichten Hauch von Silber in den Haaren. Eine Woge von Liebe und Jammer überflutete sie.
»Du bist schon zurück.« Er musterte sie. »Wenn du dich so schmutzig machst, musst du dich umziehen. Wenn du so herumläufst, erregst du nur Aufmerksamkeit.«
»Niemand hat mich gesehen. Wohin fährst du?«
»Nach Rumänien. Recherchieren.«
»Rumänien. Könnte ich nicht mitkommen? Ich würde wirklich gerne …«
»Nein, Ich habe dir ein Scheckbuch dagelassen. Es müsste für einige Monate reichen.«
»Monate? Wann … wann kommst du denn zurück?«
»Gar nicht.« Er ergriff seine kleine Reisetasche und schlang sie sich über die Schulter. »Ich habe für dich getan, was ich konnte. Du bist jetzt achtzehn und volljährig.«
»Aber … du kannst doch nicht … Bitte, geh doch nicht einfach so. Was habe ich denn getan?«
»Nichts. Ich habe das Haus auf dich überschreiben lassen. Du kannst hier bleiben oder es verkaufen, ganz wie du willst. Es ist dein Leben.«
»Wie
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