Blau wie das Glück: Roman (German Edition)
drei waren oben auf der Steilküste, während Blair und Larkin unten waren. Sie hätten getötet werden können, und wir hätten es nicht verhindern können. Außerdem haben wir es auch gar nicht gesehen, weil wir uns so auf den Transportzauber konzentrieren mussten. Und als es kam, als dann die Macht um uns herumwirbelte, waren wir schon bewusstlos.«
Und jetzt leidet sie, dachte er. Immer litten die Menschen für das, was sie getan und was sie nicht getan hatten. »Jetzt hast du eine bessere Vorstellung von euren Grenzen.«
»Wir dürfen keine Grenzen haben.«
»Ach, Quatsch, Glenna.« Er nahm sich ein Plätzchen. »Natürlich habt ihr Grenzen. Ihr habt sie erweitert, und ihr werdet den Deckel auch sicher noch ein bisschen mehr anheben. Sie hat auch Grenzen, und das vergesst ihr. Lilith hat Schwächen, und sie ist weder unverwundbar noch allmächtig. Und das habt ihr heute bewiesen, indem ihr fünf Opfer vor ihrer Nase weggeschnappt habt.«
Er schenkte sich einen Becher Kaffee ein.
»Ich weiß. Ich sollte mich freuen, dass wir fünf gerettet haben. Blair hat gesagt, ich sollte den Sieg annehmen.«
»Da hat sie Recht.«
»Ich weiß. Ja, ich weiß. Aber, o Gott, ich wünschte, ich hätte die anderen nicht gesehen, die wir dort lassen mussten. Ich wünschte, ihre Gesichter und ihre Schreie wären nicht in meinem Kopf. Wir können sie nicht alle retten, und das habe ich schon in New York zu Hoyt gesagt. Damals sagte sich das so leicht.«
Sie schüttelte den Kopf. »Und du hast natürlich Recht, ich muss mich ein wenig ausruhen. Ich muss dieses Tablett
nach oben bringen, damit die anderen auch von dem Tee trinken. Du könntest mir einen Gefallen tun.«
»Ja, das könnte ich.«
»Bring doch dieses Tablett hier in die Bibliothek. Moira ist dort.«
»Sie denkt wahrscheinlich, ich will sie vergiften, wenn ich ihr den Tee bringe.«
»Ach, hör auf.«
»Na gut, na gut. Aber gib mir nicht die Schuld, wenn sie ihn in den Ausguss schüttet.« Er ergriff das Tablett und murmelte leise vor sich hin, während er aus der Küche ging: »Ich bin ein Vampir, verdammt noch mal. Ein Geschöpf der Nacht, ein Blutsauger. Und was tue ich? Ich spiele den Butler für die zukünftige Königin von Geall. Wenn das nicht peinlich ist!«
Außerdem hatte er sich in der Bibliothek aufhalten wollen. Er wollte am Kamin sitzen und lesen.
Gereizt trat er ein und hatte schon eine scharfe Bemerkung auf der Zunge. Aber sie wäre ungehört verhallt, denn Moira lag zusammengerollt auf einem der Sofas und schlief.
Was sollte er jetzt tun? Sie in Ruhe lassen oder sie wecken und ihr den Tee einflößen?
Unentschlossen stand er da und betrachtete sie.
Ziemlich hübsch, dachte er. Wenn sie sich ein bisschen zurechtmachen würde, könnte man sie sogar als schön bezeichnen. Wenn sie schlief, waren zumindest ihre Augen mit den langen, grauen Wimpern nicht so riesig in ihrem Gesicht.
Es hatte einmal eine Zeit gegeben, da hatte er es unterhaltsam gefunden, eine solche Unschuld zu verführen. Sie langsam Schicht um Schicht zu entblättern, bis nichts mehr davon übrig war.
Heute jedoch bevorzugte er die Einfachheit von erfahreneren Frauen. Ein paar Stunden Hitze in der Dunkelheit.
Geschöpfe wie diese kosteten viel Kraft. Er konnte sich gar nicht mehr daran erinnern, wann er das letzte Mal so aufgewühlt gewesen war, dass er mit einer gespielt hatte.
Schließlich beschloss er, das Tablett auf dem Tisch abzustellen. Wenn sie aufwachte, konnte sie ja trinken. Und wenn nicht, nun, der Schlaf selbst war ja schon erholsam.
Auf jeden Fall hatte er seine Pflicht getan.
Er trat an den Tisch und stellte das Tablett behutsam ab. Sie regte sich im Schlaf und stöhnte leise. Rasch wich er zurück und trat dabei unabsichtlich in einen schmalen Sonnenstreif.
Der heftige Schmerz in seiner Schulter ließ ihn leise fluchen. Wütend auf Glenna, auf sich, auf die schlafende Königin, wandte er sich zum Gehen.
Moira begann im Schlaf zu zucken. Angstvolle Laute drangen aus ihrer Kehle, und sie hatte sich ganz klein zusammengerollt. Und dann begann sie atemlos im Schlaf zu reden.
»Nein, nein, nein.« Immer wieder, bis sie schließlich in ein unverständliches Gälisch verfiel.
Erschauernd drehte sie sich auf den Rücken, bäumte sich auf und entblößte dabei ihren Hals.
Rasch trat er an die Couch und schüttelte sie.
»Wach auf!«, befahl er. »Komm sofort da heraus, ich habe keine Geduld für so etwas.«
Sie bewegte sich schnell – aber er kam ihr zuvor
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