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Blau wie Schokolade

Blau wie Schokolade

Titel: Blau wie Schokolade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Lamb
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sie fehlen mir so. Sie fehlen mir so, o Gott, sie fehlen mir.«
    In einem unerwarteten Anfall nüchterner Klarheit kam mir der Gedanke, dass die Annahme, ich würde mich nie wieder verlieben können und somit nie mehr schwanger werden, meine lange Liste furchtbarer Männer erklären mochte: Such dir unmögliche Männer aus, verlieb dich nicht, lass sie nicht an dich heran, dann gibt es auch keine Schwangerschaft und kein gebrochenes Herz.
     
    Anschließend ging ich zu der Brauerei bei Emmaline um die Ecke. Ein junger Typ mit einem Ziegenbart, einem breiten Grinsen und einem Ring in der Augenbraue half mir, ein Sixpack und einen kleinen Scotch auszuwählen. Als ich ihn um einen Tipp bat, reservierte er ein Zimmer für mich in einem nahe gelegenen Bed & Breakfast. »Da übernachten meine Eltern auch immer, wenn sie mal ein bisschen Ruhe vor uns Kindern haben wollen«, erklärte er mir, während er die Nummer wählte. »Kann ich ihnen nicht verübeln. Wir sind neun.«
    Na, so was wollte ich in dem Augenblick natürlich am liebsten hören. Auf der Stelle hasste ich seine Mutter. Neun Kinder!
    Neun.
    Sie hatte neun, und ich hatte keins.
    Ich parkte vor dem Bed & Breakfast, begrüßte die beiden freundlichen Inhaber, der eine klein, der andere groß, und betrat mein Zimmer. Man konnte Mount Hood sehen. Kurz kam mir der Gedanke, Rosvita anzurufen und ihr zu sagen, wo ich sei, dann beschloss ich, erst mal ein Bier zu trinken.
    Das erste gönnte ich mir in der Wanne in meinem Zimmer, dazu einen kleinen Scotch. Das nächste Bier nahm ich im Dunkeln draußen auf dem Balkon, dazu noch einen kleinen Scotch. Dann trank ich ein Bier beim Film und noch einen kleinen Scotch. Beim nächsten saß ich wieder draußen auf dem Balkon und weinte in meinen Scotch. Im Bett schlief ich ein, und durch meinen Kopf tanzten Bilder von Johnnys Lächeln und meinem geliebten toten Baby.
    Meine Mutter war auch da. Sie lächelte mich an.

6 . KAPITEL
    Als es an meiner Tür klopfte, erwachte ich mit rasenden Kopfschmerzen. Ich lag nackt im Bett und fühlte mich ziemlich ungeschützt.
    Ich murmelte etwas Unverständliches in Richtung Tür.
    »Jeanne?«, rief eine Männerstimme.
    Ich wollte antworten, doch in der Nacht musste jemand ins Zimmer geschlichen sein und mir in Terpentin getränkte Watte in den Mund gestopft haben. Es kam nur ein Grunzen heraus. Ich klang wie ein brünftiges Wildschwein.
    »Jeanne? Ist alles in Ordnung?« Eine andere Männerstimme.
    Wieder grunzte ich.
    »Jeanne? Dürfen wir bitte mal nach dem Rechten sehen?«
    Ich schob mir das Haar aus den Augen, schwang die Beine über die Bettkante und war verwirrt, weil der Boden wankte. Das war eigentlich nicht vorgesehen. »Dämlicher Boden«, murmelte ich.
    »Was?«, fragten die beiden Männerstimmen vor der Tür wie aus einem Mund.
    Ich kämpfte mich in meine Jeans, zog mir das lilafarbene Hemdchen über den Kopf und stolperte über den wankenden Boden zur Tür. In diesem Hotel würde ich nicht noch einmal übernachten, das schwor ich mir. Als ich die Tür öffnete, schauten mich die beiden Männer vom Vorabend, die Besitzer, voller Mitgefühl an. Der Kleine sagte etwas zum großen. Ich meinte das Wort »Mary« zu hören. Der Große nickte und verschwand.
    »Perry kommt gleich zurück«, sagte der Kleine. »Darf ich Ihnen vorschlagen, sich hinzusetzen?«
    Durfte er. Ich trottete über den schwankenden Boden zurück und ließ mich aufs Bett sinken, den Kopf in die Hände gestützt. »Der Boden hier wackelt. Is’ so laut hier«, erklärte ich ihm. Es kam sehr undeutlich heraus.
    Der Mann erwiderte nichts, sondern setzte sich neben mir aufs Bett.
    »Ja«, sagte er mit tiefer, beruhigender Stimme. »Es ist sehr laut hier. Wir versuchen jetzt, die Lautstärke des Lärms zu senken.«
    »Und issu heiß.«
    Der Kleine drehte sich um, schaute hinüber zur geöffneten Balkontür. Draußen regnete es.
    »Ja, es ist sehr, sehr heiß im Zimmer. Brütend heiß. Daran arbeiten wir auch schon.«
    »Machen Sie’s kälter?«
    »Ja, wir werden es kälter stellen.«
    »Gut.« Ich ließ mich rücklings aufs Bett fallen. Er hob meine Füße an und legte eine Decke über mich. Ich beschloss, wieder einzuschlafen. »Ich zahl noch ’ne Nacht.«
    Jemand kam ins Zimmer. Musste der Große sein. Der Kleine und der Große zogen mich ans Kopfende hoch. Ich roch Tomatensaft.
    Lecker. Ich liebe Tomatensaft. Das Einzige, was ich trinke, wenn ich im Flugzeug sitze.
    »Bitte, eine alkoholfreie Bloody Mary«, sagte

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