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Blau wie Schokolade

Blau wie Schokolade

Titel: Blau wie Schokolade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Lamb
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wird es sein, in eine Kneipe zu gehen und Karaoke zu singen.« Emmaline tat, als singe sie in ein Mikrophon. »Wir haben hier sogar Instrumente, mit denen du üben kannst, wenn du willst.« Sie wies mit dem Kinn in die Musikecke.
    »O Gott, nein!«, rief Becky. Ihre Gesichtsfarbe veränderte sich vor unseren Augen zu einem elenden Grünton.
    »O Gott, ja«, beharrte Emmaline. »Du wirst in eine Karaokekneipe gehen und dort singen, und das wird dir einen gänzlich neuen Weg ins Leben eröffnen.«
    »O Gott, nein«, sagte Becky wieder.
    »Widersprich mir nicht, tu es, Becky. Und lade uns alle dazu ein. Wir werden kommen und klatschen.«
    Würden wir das tun?
    »O Gott, nein«, flüsterte Becky.
    »Wie oft muss ich es dir noch sagen? O Gott, ja!«, rief Emmaline gellend. Becky zuckte zusammen. »Sag ja zur Veränderung, Becky. Es ist höchste Zeit! Sag ja dazu, die Verantwortung für dich selbst zu übernehmen! Sag ja zum wirklichen Leben. Du wirst singen.«
    »Ich dachte, ich könnte ein neues Leben beginnen, wenn ich hier vor euch singe.«
    »Hier? Das ist doch gar nichts! Nichts! Du musst in einer Karaokekneipe singen, damit du Heiterkeit spüren kannst, du musst deinen Weg zur immerwährenden Liebe trällern, deinen Weg zu einem sauberen Leben summen. Du musst dich trauen zu singen, du musst dich trauen, ein neues Leben zu spüren. Du weißt, dass deine Drogenabhängigkeit ganz allein dein Fehler ist, nicht? Ganz allein deine Schuld. Du warst schwach und dumm, du wolltest high sein. Dabei ging es nur um dich. Du hast dich selbst zerstört und dabei fast auch die Familie, die dich liebt. Wenn ich mir vorstelle, was du mit deiner Abhängigkeit der emotionalen und geistigen Gesundheit deiner Familie angetan hast, dann würde ich dich am liebsten zerquetschen! Zu Brei zerquetschen!«
    »Ich möchte mich selbst zerquetschen«, sagte Becky.
    »Gut. Aber jetzt änderst du dich, Becky. Du bist noch jung. Du hast noch Zeit. Aber wenn du dich nicht änderst, wirst du sterben. Kapiert? Entweder änderst du dich, oder du stirbst. So einfach ist das.«
    Emmalines Kopf wirbelte zu Bradon herum. »Und du, Bradon? Wie soll dein neues Leben aussehen, ein Leben voller Ruhe und ohne Zorn?«
    Bradon schwieg eine Weile. Er starrte in die Ferne, legte einen Fuß aufs Knie und sagte: »Ich glaube, ich werde mit meiner Frau Rosen pflanzen.« Wir waren erstaunt. Bradon ist riesengroß. Wenn er nicht lacht, sieht er unheimlich aus, so als könne er mit dem kleinen Finger zwei Köpfe zusammenschlagen. Rosen und Bradon, das passte irgendwie nicht zusammen.
    »Seit Jahren will sie zusammen mit mir gärtnern, aber ich habe nie die Zeit dazu gefunden.«
    »Du meinst, du hast dir nie die Zeit dazu genommen«, korrigierte Emmaline ihn. »Wir haben darüber geredet, als du zur Vorbesprechung hier warst. Erzähl bitte, was du mir damals gesagt hast.«
    Es sah nicht so aus, als ob Bradon das tun würde.
    »Sag es, Bradon, sonst tue ich es.«
    Bradon fuhr sich mit den Händen übers Gesicht und sah plötzlich furchtbar elend aus. »Meine Frau meint, mein Zorn hätte uns auseinandergerissen. Das sagte sie mir ein paar Wochen nach der Sache mit den Stühlen. Sie erträgt es nicht, mit jemandem zu leben, der immer nur sauer ist, auch wenn sie es richtig findet, dass ich für die schwarzen Kinder kämpfe. Sie hat zu mir gesagt: ›Ich kann nicht mehr mit dieser Wut leben.‹ Ich fragte sie, was sie damit meinte, aber sie zuckte nur mit den Schultern.« Mit seinen großen Händen wischte Bradon sich die Tränen aus den Augen. »Aber sie musste gar nicht aussprechen, was sie meinte. Ich wusste, was sie meinte. Sie verlässt mich, wenn ich meine Wut nicht loswerde. Sie hat genug davon. Sie hat es satt.« Wieder wischte er die Tränen fort.
    »Also, Bradon«, sagte Emmaline und bereitete sich auf ihren nächsten Wutanfall vor. »Du hast es verbockt. So richtig. Du musst deine Wut umbringen, um deine Ehe zu retten. Gärtnern ist ein Hobby, das deine Frau liebt. Wahrscheinlich liebt sie es schon, solange ihr verheiratet seid, habe ich recht?«
    Bradon nickte. Er ließ seinen großen kahlen Schädel hängen.
    »Aber du hast dir nur selten Zeit für das genommen, was deine Frau sich wünscht, was sie mit dir machen will, nicht? Es ging immer nur um deine Zeit, deine Termine, deine Pläne. Dein Kreuzzug für schwarze Kinder. Um
dich
. Während sie die Ehe und die Familie zusammengehalten hat, drehte sich dein ganzes Leben nur um
dich
. Und sie wollte eigentlich

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