Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blau wie Schokolade

Blau wie Schokolade

Titel: Blau wie Schokolade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Lamb
Vom Netzwerk:
überallhin, nur nicht in Emmalines funkensprühende Augen.
    »Soman!« Emmaline schob seinen Kopf erneut in den Nacken, nicht gerade nachsichtig.
    Er gab etwas von sich. Es war nicht zu verstehen.
    »Wie bitte?«, fragte Emmaline. »Sprich deutlich! Bring dich niemals zum Schweigen, wenn du auf dem Pfad der Veränderung bist! Deine friedlichen Anteile zum Schweigen zu bringen wird deinen Kampf um ein friedliches Leben ersticken! Du musst dich an den Frieden in dir klammern, ihn hinausschreien, fühlen, leben.«
    Soman wiederholte seine Worte. Wieder verstand niemand etwas.
    »Sprich laut! Sei kein Waschlappen, Soman! Sei ein stolzer Pfau, äußerlich wie innerlich! Sag, was du denkst, glaube an das, was du sagst, setze deine Wünsche in die Tat um, Soman, los!«
    »Ich verkleide mich gerne als Frau.«
    Alle hielten die Luft an. Schweres, erdrückendes Schweigen.
    Emmaline nahm die Hände vom Gesicht und klatschte. Sie freute sich über Somans Fortschritt.
    »Ich bin nicht schwul oder so. Ich ziehe mich nur hin und wieder zu Hause als Frau an. Ich habe ein schönes gelbes Kleid und gelbe Stöckelschuhe. Dazu Perlenketten.«
    »Her damit, Soman! Her damit!«, gluckste Emmaline, klatschte in die Hände und stapfte mit ihren kleinen Füßen.
    Soman stöhnte. »Als ich sechs war, starb meine Nonni, das war die Mutter meiner Mutter. Sie lebte bei uns und brachte mir bei, zu singen und zu kämpfen. Mein Vater sagte, ich hätte mich zum ersten Mal als Frau angezogen, als sie in den Himmel kam. Er entdeckte mich ständig in ihrem Kleiderschrank, ich zog ihre Sachen an, probierte ihre Schuhe, ihren Schmuck … Ich habe meine Nonni geliebt, sie fehlte mir.«
    »Und diesen Teil von dir versteckst du, dieses friedliche Wesen in dir?«, fragte Emmaline.
    »Scheiße, ja. Ich erzähl es hier nur, weil wir alle übergeschnappt sind, ja? Ich habe das Gefühl, ich gehöre hierher.«
    Ich war nicht beleidigt über seine Bemerkung.
    »Auf deinem neuen Pfad, in deinem neuen Leben musst du öffentlich für dich einstehen«, sagte Emmaline.
    »Was?«, kreischte Soman. Kein Witz, der große Soman kreischte wie ein kleines Mädchen.
    »Mach es öffentlich! Irgendwann wirst du in deinem hübschen gelben Kleid und der Perlenkette nach draußen gehen. Erkunde die Stadt! Spüre dich selbst in deiner neuen Umgebung, deiner neuen Aufmachung. Wenn du die Straße entlanggehst, dann sage dir, dass du einen neuen Weg einschlägst, fort vom Weg der Wut. Wenn du eine Gasse siehst, dann befiehl dir, den Zorn in dieser Gasse zu lassen. Wenn du an eine Schnellstraße gelangst, stell dir vor, du wärst ein ganz schnelles Auto. Rase vor deiner Wut davon. Sei du selbst, Soman!«
    Sein großer Schädel bewegte sich vor und zurück. »Auf keinen Fall! Emmaline, ich bin keine Frau. Du bist eine. Jeanne hier und Becky sind Frauen. Ihr alle seid Frauen. Ich bin keine.«
    »Finde den Mann in dir, Soman, und tu es!« Emmaline ballte die Fäuste. »Das ist deine Aufgabe. Finde den Mann in dir und führe dein hübsches Selbst als Frau durch die Stadt. Vergiss nicht den Hut!«
    »Ich habe keinen Hut«, protestierte Soman. Es kam nur schwach heraus. »Ich habe nur eine Perücke.«
    Wieder schwiegen alle wie vom Donner gerührt.
    »Gut. Sei eine Frau, Soman. Sei eine Frau!«
    Dann richtete Emmaline ihre strahlenden Augen auf die arme Becky. Ich hoffte, sie würde sie nicht anschreien. »Gut, Becky. Was magst du noch, außer Drogen?«
    »He!«, rief Soman. »Sei nicht so hart!«
    »Ich sage die Wahrheit«, fuhr Emmaline ihn an. »Ich sage die Wahrheit. Wenn du und die anderen die Wahrheit nicht ertragen könnt, werdet ihr niemals den Abgründen von Verzweiflung und Selbstmitleid entkommen. Stellt euch der Wahrheit, verändert euer Leben, dann landet ihr mit euren erbärmlichen Ärschen nicht mehr bei der Aggressionsbewältigung. Also, was ist es, Becky? Was machst du gerne? Beziehungsweise was hast du gerne gemacht, bevor du dich für die Drogen entschiedest, die dich in den Sumpf zogen?«
    Becky rutschte auf ihrem Sitzsack herum. Ich fragte mich, ob sie leichter war als der Sack. »Ich singe gerne.«
    »Du singst?«, fragte Emmaline. »Das ist nicht schlecht, Becky. Nicht schlecht. Singst du nur für dich allein?«
    »Natürlich.« Sie schien versteinert bei der Vorstellung, für andere zu singen.
    »Deine Aufgabe, Becky, deine Aufgabe, um dich aus der Hölle deiner Vergangenheit zu ziehen, fort von den Problemen und Sorgen, die du und nur du selbst verursacht hast,

Weitere Kostenlose Bücher