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Blau wie Schokolade

Blau wie Schokolade

Titel: Blau wie Schokolade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Lamb
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blickte hinauf zum Nachthimmel, um die beiden zu grüßen.
    Ich dachte an meine liebe Mutter und an den Krebs, der sie bei lebendigem Leib zerfressen hatte. Es störte mich nicht, dass sich meine Tränen mit dem Schweiß vermischten. Ich wischte sie nicht fort.
    Ich lief und lief.
    Immer weiter.
    Die nächste Kurve nahm ich im Sprint und lief geradewegs in ein hoch aufragendes, steinhartes Hindernis.
    Das Hindernis gab ein Geräusch von sich: »Uff.«
    Dann stolperte es. Ich ebenfalls. Es fiel zuerst hin, ich landete auf ihm, alle viere von mir gestreckt, Knochen auf Knochen.
    Erwähnte ich schon, dass ich als Frau ganz allein nackt am Fluss entlanglief?
    Die Luft wich aus meiner Lunge. Ich keuchte und versuchte verzweifelt, wieder zu Atem zu kommen.
    Das steinharte Hindernis packte mich an den Schultern, drückte mich auf den Rücken und legte sich auf mich.
    Mir wurde klar, dass es ein Mann war. Panik erfasste meinen Körper, jedes Nervenende zuckte vor Angst, das Blut rauschte durch meine Adern. In meinem Kopf schrie es:
Schlag zu und hau ab! Schlag zu und hau ab!
    Und das tat ich.
    Es war zu dunkel, um das Gesicht des Hindernismannes zu sehen, so dass ich ihn nicht erkennen konnte, aber ich nahm an, er sei ein Vergewaltiger mit einem sehr langen, scharfen Schwert oder einer anderen Waffe in der Gesäßtasche. Nicht mehr lange, und ich würde ein frühes Ende nehmen.
    Doch ich wollte nicht kampflos aufgeben.
    Ich holte mit der Hand aus, ballte sie zur Faust und schlug zu. Sie traf ihn im Gesicht.
    »Verdammt nochmal«, brummte er. Seine Stimme war rau und heiser, nah an meinem Ohr.
    Ich hob den anderen Arm, wollte erneut zuschlagen, doch der Typ fing den Schlag geschickt ab, griff zum zweiten Handgelenk, und ich war gefangen wie eine Spinne auf einer Nadel.
    Ich zog das Knie hoch und traf. Alles in mir schrie, ich solle mich wehren!
    »Ah, Scheiße«, sagte der steinerne Hindernismann. Er legte ein Bein über meins.
    »Selber Scheiße, Arschloch!«, sagte ich und versuchte, die Hände zum Kopf zu ziehen, damit ich ihn beißen konnte.
    Er merkte, was ich vorhatte, und drückte meine Handgelenke über meinen Kopf, wo er sie mit einer Hand festhielt.
    Ich hatte so große Angst, dass ich dachte, ich würde mir in die nicht vorhandene Hose machen. Ich wehrte mich, versuchte, mich aus seinem Griff zu befreien, drehte den Kopf und wollte dem Fremden in den Hals beißen. Erneut zog ich das Knie hoch, doch er drückte mein Bein wieder herunter.
    Schwer lastete sein Gewicht auf mir. Das Atmen wurde anstrengender.
    »Loslassen!«
    »Ich soll loslassen?«, fragte er mit heiserer Stimme. Ich sah die Kontur seines Gesichts. Er hatte unglaublich kantige Kieferknochen, seine Wangenknochen stachen hervor.
    »Ja, loslassen! Und zwar sofort!«
    Ich spürte seinen Atem auf mir. Er roch gut. Nach Minze, Wald und Wein.
    Na, toll! Ein Vergewaltiger mit angenehmem Mundgeruch.
    Wieder wehrte ich mich, halb wahnsinnig vor Panik, erfüllt von purer Todesangst.
    »Aufhören!«, fuhr er mich an.
    Erschrocken hielt ich inne. Seine Stimme hatte etwas Autoritäres.
    »Aufhören? Ich höre erst auf, wenn Sie Ihre dreckigen Hände von mir nehmen!«
    »Und ich lasse Ihre Hände erst los, wenn Sie versprechen, mich nicht zu beißen, zu schlagen oder zu kratzen.«
    Das Mondlicht schien auf seinen Kopf. Sein Haar war weder kurz noch lang. Die Wangen hatten sich rau angefühlt, so als hätte er sich mehrere Tage nicht rasiert. Unter anderen Umständen hätte ich das vielleicht anziehend gefunden.
    »Tue ich nicht. Echt nicht. Lassen Sie mich einfach los.« Ich versuchte, mir die panische Angst nicht anhören zu lassen.
    Er zögerte. »Woher soll ich wissen, dass Sie nicht sofort wieder anfangen?«
    »Ich fange nicht wieder an, wenn Sie mich loslassen. Hände weg! Loslassen!«
    Ich merkte, dass sein Blick über mich wanderte, von meinen Augen zu meinem Mund, vom Hals zu den Schultern und zu meinem Busen, der halb von seiner gewaltigen Brust verdeckt wurde. Der Fremde trug ein Jeanshemd, durch das ich seine Körperwärme spürte.
    Warum hatte ich bloß mein Himmelbett verlassen, fragte ich mich.
    Was trieb mich in Gottes Namen mitten in der Nacht aus der Tür, und warum musste ich unbedingt nackt joggen gehen?
    Hätte ich mir keine einfachere Aufgabe zur Aggressionsbewältigung aussuchen können? Vielleicht einen Töpferkurs oder Yogakurs besuchen oder so was Ähnliches?
    Ich betrachtete den Mann aufmerksam. Die Panik tanzte durch meinen Körper. Mein

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