Blau wie Schokolade
war.
So ein Dreckskerl.
»Mutter Teresa«, sagte ich. »Mein Name ist Mutter Teresa.«
Seine Schweinsäuglein flogen ihm fast aus dem Kopf. »Wir sind hier in einem Wahlkampf. Ich weiß, dass Sie sich mit Werbung und PR auskennen, aber hier geht’s nicht um so was. Hier geht es um echte Fragen, die echte Menschen im echten Leben betreffen.«
»Im echten Leben hat man es manchmal mit Diaphragmen zu tun, Dimon«, erwiderte ich. Seinen Namen falsch auszusprechen hatte die gewünschte Wirkung.
»Mein Ziel – und das sollte auch Ihr Ziel sein, obwohl ich mir durchaus Gedanken über Ihr Engagement mache, Ms Stewart – ist die Wiederwahl von Jay Kendall. Daran arbeite ich mit aller Kraft. Nun weiß ich ja, dass Ihr Bruder Charlie Sie ins Team gebracht hat –«
»Damon, jetzt ist Schluss!« Stuhlbeine kratzten über den Boden, mein Bruder stand auf. Ich merkte, dass er kurz vorm Explodieren war. Charlie wurde fast nie sauer, aber wenn, sollte man den Mund zumachen, Deckung suchen und hoffen, dass es bald vorbei war. Er hatte einen schwarzen Gürtel in Karate. Ich hoffte, dass er seine Fähigkeiten noch vor Ende des Wahlkampfs an Damon ausprobierte.
»Schon gut, Charlie«, sagte ich. Ich widerstand der Versuchung, noch einen kurzen Blick auf meine Schuhe zu werfen.
»Ich möchte kurz erklären, auf was ich hinauswill. Wir können loslegen, richtig im Schlamm wühlen und Korys Familie auseinanderreißen.« Ich schaute Damon direkt in seine giftsprühenden Schweinsäuglein. Dann begann ich, um den Tisch herumzuschlendern. »Aber wissen Sie, wenn wir das tun, werden die Menschen in diesem Staat uns verachten. So einfach ist das. Jeder, der einen aufsässigen Teenager oder ein drogenabhängiges Kind zu Hause hat – und das sind eine Menge Leute –, wird Kory zur Seite springen, wenn wir andeuten – und sei es noch so hintergründig –, seine Erziehung oder das Nichtvorhandensein von Erziehung habe seinen Sohn zeitweilig auf die falsche Bahn gebracht. Die Wähler werden allein schon aus Mitleid für Mantel stimmen. Aus Abscheu vor uns, weil wir die Probleme seines Sohns öffentlich gemacht haben. Selbst der unterschwelligste Angriff auf das Kind eines Kandidaten wird so schwer auf uns zurückfallen, dass wir anschließend unsere Zähne vom Boden aufsammeln können.«
Jetzt wirkte mein Bruder nicht mehr so krank.
Damon hätte mich am liebsten umgebracht.
»Menschen mit Problemen haben großes Verständnis, wenn Politiker sich mit denselben Sachen wie sie herumschlagen müssen. Zum Beispiel Bill Clinton. Als herauskam, dass er wegen der Sache mit Monica auf der Couch schlafen musste, tat er allen leid. Wie viele Männer sind schon auf dem Sofa gelandet? Selbst dem Präsidenten der Vereinigten Staaten, dem Anführer der freien Welt, kann das passieren. Er wurde von seiner Frau aus dem Schlafzimmer geworfen. Alle Männer standen hinter ihm.«
Ich sah einen Mann schmunzeln. Er hatte mir schon beim ersten Kennenlernen gefallen. Afroamerikaner. Großes Gebiss. Zierliche Gestalt. Auch ein Einzelgänger, schätzte ich. Er hieß Riley.
»Wenn wir mit diesen Themen kommen, sind wir erledigt.« Ich schaute demonstrativ zur Decke hoch. »Wie ein brennendes Kondom. Ich habe noch nie ein Kondom angesteckt. Einer von euch schon mal?«
Lange Zeit herrschte wieder Schweigen.
»Das ist doch ein lächerliches –«, zischte Damon.
»Mein Bruder und ich, wir haben mal ein Kondom unter den Wasserhahn in der Badewanne geklemmt, weil wir sehen wollten, wie groß es wird«, sagte Camellia mit leiser Stimme. Sie war um die fünfundzwanzig und auf dem Esoteriktrip. Sie benahm sich, als wäre sie sechzig. Camellia arbeitete hart. Sie hatte erzählt, dass sie seit ihrem vierzehnten Lebensjahr allein sei, weil ihre Eltern sie und den damals dreizehnjährigen Bruder sich selbst überlassen hätten. Sie hatte einen Studienabschluss in Biologie und machte jetzt ihren Master in Politikwissenschaft.
Ihr Bruder studierte Medizin.
Sie seien psychisch verkorkst, erzählte sie mir, aber sie fände, dass ihre Verkorkstheit sie nicht von einer Ausbildung abhalten sollte.
»Wie groß wurde es?«, fragte Riley. Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück.
»Riesig. Es war unglaublich. Ich musste an diese Luftballons denken, aus denen Clowns Figuren basteln – bloß war das Kondom ungefähr dreimal so lang.«
»Ist es hinterher geplatzt?«, fragte Ramon. Ramon trug ausschließlich Fleece-Pullis und Jeans. Er war schwul und ging mit einem
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