Blau wie Schokolade
Wildlederrock an, der rund fünf Zentimeter über dem Knie endete, dazu ein weißes Spitzenshirt mit V-Ausschnitt, durch den meine kleinen Brüste größer wirkten, und eine Jacke aus Strukturwildleder, durchwirkt mit beigen und schwarzen Fäden, die bis zur Hüfte reichte. Ich setzte mir Kreolen ein, legte eine mehrgliedrige Kette und drei Armbänder aus Halbedelsteinen um.
Dann setzte ich mich auf die Bettkante und schlüpfte in beige-schwarze Lederschuhe mit hohen Absätzen. Kurz hielt ich inne, um sie bewundernd zu streicheln, dann griff ich zu meiner Tasche. Ich stand vor den verspiegelten Kleiderschranktüren.
Meine Aufmachung war total cool. Der Schmuck verlieh ihr Klasse und Stil. Die Schuhe waren superheiß. Auch die Strümpfe fand ich sexy.
Dann sah ich, wie mir Tränen in die Augen stiegen und das nur leicht geschminkte Oregon-Gesicht hinunterrollten. Kurz krümmte ich mich zusammen, weil der Schmerz der Angst mir wie aus dem Nichts in den Bauch fuhr.
Als er nachließ, richtete ich mich wieder auf, schniefte und schnaufte, atmete tief ein und aus, nahm mir auf dem Weg nach draußen ein Taschentuch und riss mich mit aller Kraft zusammen. Dann schob ich die Schlüssel in meinen Bronco und fuhr donnernd in die Stadt.
13 . KAPITEL
Gouverneur Kendall hatte zwei Wahlkampfzentralen für seine Wiederwahl eingerichtet. Eine in Portland, wo ich arbeiten würde, und eine in der Hauptstadt des Bundesstaates, Salem.
Die Zentrale in Portland lag im Erdgeschoss eines älteren Gebäudes im Zentrum, umgeben von Hochhäusern, guterhaltenen Altbauten und den obligatorischen achtzig Kaffeeläden. Ein ungewöhnlicher Standort – normalerweise befanden sich Wahlkampfzentralen in der Nähe von Autobahnen und hatten einen großen Parkplatz, aber Jay Kendall wollte sich offensichtlich »volksnah« geben.
In den Fenstern hingen große Poster mit der Aufschrift WÄHLT JAY KENDALL . Ich versuchte, nicht in diese Augen zu schauen, doch fiel mir auf, dass sie auf den Fotos ziemlich kalt wirkten, nicht so freundlich und nett wie bei den Gelegenheiten, wenn sie mich ansahen.
Bevor ich mich traute, die letzten Schritte ins Gebäude zu machen, blieb ich stehen und versuchte, meine Angst fortzuatmen.
Ich hoffte, die Symptome meines Nervenzusammenbruchs unter Kontrolle zu haben.
Ich hoffte, mich vorm Gouverneur nicht zum Narren zu machen.
Ich hoffte, nicht den Drang zu verspüren, allen zu sagen, sie seien »überflüssig … völlig überflüssig«. Ich rief mir in Erinnerung, niemanden darauf hinzuweisen, dass Baucoms Vaginalcreme aufgrund meiner Arbeit nun von mehr Frauen benutzt wurde als je zuvor. Und ich nahm mir vor, nicht zu verraten, dass ich hinter zahlreichen sympathischen Werbefilmen über Erektionsprobleme steckte.
Ich atmete tief durch und öffnete die Tür.
Als Erstes erblickte ich meinen Bruder.
Charlies angespannte, gestresste Miene schlug in Erleichterung und strahlende Freude um. Er nahm mich in die Arme. Ich war so glücklich, ihn zu sehen, dass ich ein, zwei Tränchen verdrückte.
Als Zweites fiel mir auf, dass ich viel zu schick angezogen war.
Fast alle Mitarbeiter trugen Jeans, T-Shirts oder Fleece-Shirts. Es lief eine Menge junger Studenten herum – unverbrauchte, strahlende Gesichter. Nur wenige Frauen waren geschminkt. Niemand trug einen Anzug. Niemand trug Stöckelschuhe.
Ich schob eine Handvoll Locken zurück und bemühte mich, mir nicht dumm vorzukommen.
Ich passte nicht dazu.
Typisch für mich.
»Wir sollten uns als Terminatoren sehen«, sagte der Mann mir gegenüber und schlug mit der Faust auf den Konferenztisch. »Wir werden alle Gegner von Mr Kendall vernichten. Sämtliche Gegner.« Wieder schlug er auf den Tisch.
Ich sah mir den zweiten Verantwortlichen für den Wahlkampf von Jay Kendall genauer an (Charlie war der oberste Chef). Damon Sturgill saß rechts neben Charlie. Er war ein kleiner Mann mit den entsprechenden Komplexen. Ich kannte ihn nun seit sieben Tagen, seit ich hier angefangen hatte.
Bob Davis hatte zwei Tage nach unserem Telefongespräch einen Herzinfarkt gehabt. Er fand, dass es für ihn von höchster Wichtigkeit sei, ab sofort zu allen Geburtstagen seiner Enkelkinder anzureisen, quittierte den Dienst und trat fröhlich in den Ruhestand.
Wir saßen zu zwölft am Tisch, doch durch das Bürofenster sah ich die vielen anderen bienenfleißigen Mitarbeiter geschäftig umherschwirren.
Der Gouverneur hatte in diesem Gebäude Büroräume gemietet. Es war ein
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