Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blau wie Schokolade

Blau wie Schokolade

Titel: Blau wie Schokolade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Lamb
Vom Netzwerk:
schreien mich nicht an. Keiner will mir Drogen verkaufen. Eigentlich mag ich dich auch, Emmaline.«
    Emmaline war baff. Ihre weißen Arme machten pumpende Bewegungen, wenn auch langsamer. »Du willst den Kurs doch nicht verlassen, oder?«
    Becky blies sich das Haar aus dem Gesicht und sah uns alle trotzig an. »Nein. Will ich nicht. Warum sollte ich?«
    Das war so unglaublich traurig.
    »Ich fliege mit dir, Becky«, sagte ich. Alle starrten mich an. In den letzten Wochen hatte ich mir in der Wahlkampfzentrale den Hintern abgearbeitet. In meinem Kopf summten dabei erotische Gedanken an den Gouverneur herum, ich musste dringend mal ein bisschen fliegen. »Ich werde wie ein Vogel laufen.«
    Bradon musterte mich von oben bis unten, aber sein Blick war analytisch, als wolle er seine Meinung zu einer Banane kundtun. Oder zu einem Vogel. »Du bist ein schmales Handtuch.«
    »Ja, Mädel, du musst ein bisschen was zulegen«, sagte Soman und sah mich mit zusammengekniffenen Augen an. »Ich mein, du hast einen echt geilen Körperbau, und deine Locken sind echt süß und so, aber echt ey, im Bett hat man bei dir nichts zu greifen.«
    Ich hätte beleidigt sein können über Somans Bemerkung, war ich aber nicht. Er hatte ja recht. Wie kann man wegen der Wahrheit beleidigt sein? Ich war viel zu dünn, und im Bett mit mir hatte man wirklich nichts zu greifen. Ich verstand seinen Kommentar auch nicht als sexistisch. Soman würde mich ebenso wenig anmachen wie Bradon. Es war sonnenklar, dass sein Herz ganz allein für Becky schlug.
    »Ich bin vielleicht ein schmales Handtuch, an dem man im Bett nichts zu greifen hat, aber ich will als Vogel nicht alleine fliegen. Becky will das auch nicht, obwohl sie wegen der Sandsäcke und des Bastelns hier nicht aufhören will. Unser Kurs erinnert mich ein bisschen an die Vorschule. Wir bräuchten nur noch Bauklötze, Kekse und Milch, und ich wäre in null Komma nichts wieder ein kleines Mädchen.« Ich stand auf. »Los, Becky! Du bist eine Taube und ich eine Möwe. Wenn ich an meinen letzten Freund denke, habe ich wohl eine Vorliebe für Dreck.«
    »Scheiß drauf!«, rief Soman. »Ich fliege mit euch. Ich bin ein Geier. Guckt euch meine Spannbreite an!« Er streckte seine »Flügel« aus und bewegte sie auf und ab. Dazu machte er geierartige Geräusche. Ich will nicht versuchen, sie näher zu beschreiben.
    Becky wirkte skeptisch, doch bald flatterte auch sie mit den Armen, und ihre Taube nahm Geschwindigkeit auf. »Ruckediguh! Ruckediguh!«
    Ich begann, mit ausgestreckten Armen durch den Raum zu schwirren, ließ mich hin und wieder zu Boden fallen, als tauchte ich nach Futter. Dabei krächzte ich wie eine Möwe.
    Bradon schmunzelte und stand auf. »Wenn ihr je einem davon erzählen solltet, werde ich es einfach leugnen.« Er schlug ganz schnell mit den Händen, nicht mit den Armen. »Ich bin ein graziler, afroamerikanischer, bunter, stolzer Kolibri.« Er flitzte von einer Ecke in die nächste und summte wie ein Kolibri:
bsss.
Er war ein ganz schön schneller kleiner Vogel, wie er so auf den Zehenspitzen umherflitzte.
    Bradon summte umher.
    Becky flatterte.
    Soman jagte uns (Geier mögen totes Fleisch).
    Und ich tauchte immer wieder nach Müll und verfaulendem Essen.
    Emmaline ließ erstklassigen Rock ’n’ Roll spielen, und wir Vögel tanzten und flogen, drehten uns, wirbelten umeinander und passten auf, dass wir nicht vom Geier gefressen wurden.
     
    Es war ein langer, aufreibender Arbeitstag in der Stadt gewesen. Damon war nervig, ich hatte ihm gesagt, er solle seine Neandertaler-Einstellung ablegen und sich ans 21 . Jahrhundert gewöhnen. Er schien meine Weisheiten nicht würdigen zu wollen. Schon gar nicht, als ich ein Bild mit einem Höhlenmann und einer Höhlenfrau zeichnete, auf dem die Frau dem Mann mit dem Knüppel einen überzog, und es über seinem Schreibtisch aufhängte.
    Viel zu lange schon hatte ich Jay nicht mehr im Büro in Portland gesehen. Meine Augen sehnten sich nach einem kurzen Blick auf ihn.
    Roy Sass hinterließ mir eine Nachricht auf dem Handy, Schlappschwanz würde auf seiner Forderung beharren. »Dann komm her!«, rief ich. »Komm her, du kleiner Schleimer! Ich mache Hackfleisch aus dir. Das verspreche ich dir!«
    Zu allem Übel meldete sich Emmaline und erinnerte mich an unseren nächsten Kurstermin. »Du, Soman, Bradon und Becky, ihr sollt in kurzer Hose und T-Shirt kommen, weil ihr die Wut aus eurem Körper schlagen werdet, bis ihr nicht mehr stehen könnt! Bis

Weitere Kostenlose Bücher