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Blau wie Schokolade

Blau wie Schokolade

Titel: Blau wie Schokolade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Lamb
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regieren, wenn er so viele persönliche Probleme hat, um die er sich kümmern muss? Wie kann er dafür sein, die staatliche Gesundheitsversorgung für Bedürftige zu kürzen? Haben arme Menschen keine Drogentherapie nötig? Kory Mantel ist ein privilegierter Mann, der den Entzug aus eigener Tasche zahlen kann, aber was ist mit all den anderen Familien in Oregon, die sich für ihre Kinder nicht mal eine medizinische Grundversorgung und schon gar keine Behandlung von psychischen Problemen leisten können? Warum hat er als Senator nicht mehr für die Drogenbekämpfung getan? Ganz im Gegenteil hat er sogar mehrere Gesetzesvorlagen abgelehnt. Wenn sein Sohn so krank ist, warum handelt er dann nicht entsprechend?«
    »Das sehe ich anders«, sagte Charles. »Wir sind keine –«
    »Das sehe ich anders«, äffte Damon ihn nach. »Dies ist ein knallharter Wahlkampf, Charles, ein knallharter Kampf. Wir müssen Mantel in einem heftigen, brutalen Blitzkrieg besiegen. Wahlkämpfe sind nun mal hässlich, Junge, und wer damit nicht umgehen kann, der ist hier fehl am Platz. Es ist brutal hier an der Front, aber wir müssen unser Ziel im Auge behalten: den Sieg! Das ist unser Ziel. Genau das, Charles.«
    Inzwischen frohlockte ich bei der Vorstellung, Damon zu erwürgen. Aber vorher würde ich ihn mit einem Sandstrahler foltern, den ich auf sein fettes Hinterteil richten würde. Ich warf meinem Bruder einen Blick zu. Ich weiß, dass er es bereute, Damon die Ansprache der Anwesenden überlassen zu haben. Seit dem ersten Tag, als Damon zum Team stieß, hatte er Charlie darum gebeten.
    Mein Bruder bewahrte seine Würde, seine Haltung, aber als seine Schwester sah ich ihm an, dass er mehr als stinksauer war. Charlie hatte jahrelange Erfahrung in der Führung politischer Wahlkämpfe und in der Arbeit für Politiker. Er brauchte sicherlich keinen Vortrag über das Thema.
    Bevor Charlie oder ich etwas sagen konnten, ereiferte sich Damon weiter.
    »Wir werden zum Angriff übergehen. In der Öffentlichkeit werden wir uns verständnisvoll geben, aber unsere Ansichten durchsetzen und den Rest den Medien überlassen. Wir müssen Kory zerstören, und« – dreimal schnippte er mit der Hand in der Luft – »jetzt ist der Moment gekommen, über seine Ehe zu sprechen. Es gibt das Gerücht, dass er eine Affäre mit einer ehemaligen Angestellten hat. Das stellt nicht nur seine Ehrlichkeit und Integrität als Mensch in Frage, sondern beweist, dass er eine von ihm abhängige Angestellte ausnutzte. Ausnutzte! Damit machen wir ihn fertig, und wenn wir es schaffen, dass das Mädel ihn wegen sexueller Belästigung vor Gericht bringt, wow, dann sind wir auf dem richtigen Weg, Leute! So werden wir es machen, Leute, genau so!« Er schlug mit den Fäusten gegeneinander.
    Kurz herrschte Totenstille.
    Dann beugte ich mich vor und sagte: »Das soll ja wohl ein Witz sein!«
    Das perplexe Schweigen im Raum irritierte mich. Was kümmerte mich das alles überhaupt? Wahrscheinlich würde ich eh bald wegen Körperverletzung in den Knast kommen, dann würde ich den Wahlkampf sowieso nicht zu Ende führen können. Jay würde mir schon fehlen. Ob mir der Wachmann wohl erlauben würde, ein Poster von Jay Kendall in meiner Zelle aufzuhängen?
    Damon funkelte mich böse an. Seine Unterlippe hing ihm im Gesicht wie ein Würstchen, er kniff seine Schweinsäuglein zu kleinen Schlitzen zusammen.
    »Wie bitte?« Er machte zwei Schritte um den Tisch auf mich zu. Ich wusste, das jetzt die übliche Nummer mit der Einschüchterung käme.
    Allerdings lasse ich mich nicht einschüchtern.
    »Ihre Idee, Korys Familie zu zerstören, ist ungefähr genauso gut, als würde der Gouverneur verkünden, Frauen dürften sich kein Diaphragma mehr einsetzen.«
    Wieder absolute Stille. Was waren das für Leute? Ich sah, wie Damon seine großen Hände zu Fäusten ballte.
    »Wissen Sie überhaupt, was ein Diaphragma ist?«, fragte ich ihn mit verständnisvoller Stimme. Ich versuchte, große, unschuldige Augen zu machen. Er antwortete nicht, aber sah so wütend aus, dass ich befürchtete, er würde explodieren. Das wäre bestimmt aufregend. Blutig, aber aufregend. »Ich erklär’s mal anders. Ihre Idee, Korys Familie zu zerstören, ist ungefähr genauso gut, als würde der Gouverneur verkünden, dass Männer sich beim Footballgucken vor dem Fernsehen nicht mehr am Sack kratzen dürfen. Nie mehr.«
    »Miss …« Damon tat, als könne er sich nicht an meinen Namen erinnern, weil ich so unbedeutend

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