Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blau wie Schokolade

Blau wie Schokolade

Titel: Blau wie Schokolade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Lamb
Vom Netzwerk:
zu ersetzen, mit dem das Haus ursprünglich gebaut worden war. Wahrscheinlich würde ich es gar nicht mehr bekommen. Ich liebte die Einbauregale, den Porzellanschrank, die Original-Holzverzierungen und den Fensterplatz im Wohnzimmer. Das Haus war ein Klassiker. Ein Original. Es brauchte einen Umbau, keinen Neubau.
    »Nein. Kein Bulldozer.«
    Ich fragte die Familie Lopez, wo sie schon gearbeitet hätten. Ricardo war in Mexiko Handwerker gewesen, hatte aber nur sporadisch zu tun gehabt. Er war nach Amerika gegangen, damit die Kinder eine Zukunft und eine bessere Ausbildung bekämen, anstatt täglich ums Überleben kämpfen zu müssen.
    Ricardo und Therese erzählten, sie hätten für den Migrantenschreck Fakue gearbeitet, solange sie auf ihre Aufenthaltsgenehmigung warteten, aber das würden sie nicht länger tun. Für ihn arbeiten.
    »Ich bin froh, wenn er irgendwann tot ist, weil ich weiß, dass er in die Hölle kommt«, sagte ich zu Ricardo und Therese.
    Sie blinzelten.
    »Genau, in die Hölle«, sagte Roberto. Es war das erste Mal, das eines der Kinder etwas sagte. Der Junge ballte die Fäuste, und sein Gesicht lief rot an. »Er wird zur Hölle fahren und dort schmoren. Er hat es verdient. Er –«
    »Das reicht«, fuhr Ricardo ihn an. Roberto schloss den Mund, aber er war sichtlich aufgebracht.
    Ich warf Alessandra einen kurzen Blick zu, dem jungen Mädchen. Sie wirkte plötzlich krank, eingeschüchtert, verzweifelt. Dann schaute ich Rudy an, den jüngeren Sohn, der anscheinend kurz vorm Ausflippen stand, anschließend Therese, die ihre zitternde Tochter an sich drückte und ihr einen Kuss auf die Stirn gab.
    Du lieber Gott! Was hatte der Migrantenschreck Fakue dieser Familie angetan? Was hatte er nur gemacht? »Ja, ich bin mir ganz sicher, dass Fakue in die Hölle kommt und dort in heißem Öl schmoren wird.«
    Therese stiegen Tränen in die Augen. Ricardo auch. Rudy entfernte sich mit steifen Schritten auf die durchhängende hintere Veranda, während Roberto mich anstarrte und mit zorniger Anerkennung nickte. Alessandra klammerte sich an ihre Mutter, die ihr übers Haar strich.
    »Ich kann nicht mehr für ihn arbeiten, Señorita, wissen Sie«, sagte Ricardo mit leiser, müder Stimme.
    »Das verstehe ich absolut.«
    Therese griff nach Ricardos Hand. Er schaute sie mit so sanften schwarzen Augen an, dass ich hätte schlucken müssen, wenn ich sentimental veranlagt gewesen wäre.
    »Ihr seid engagiert«, sagte ich zur Familie Lopez. Ich bot ihnen einen Festpreis an. Ricardo und Therese stand der Mund offen.
    »Nicht genug?«, fragte ich.
    »Zu viel«, erwiderte Ricardo und winkte ab. »Mehr als wir verdienen.«
    »Nicht zu viel. Gerechter Lohn für eine Menge Arbeit.«
    Ricardo neigte den Kopf und hob ihn erst nach einer Weile wieder. Seine Stimme brach. »Wir werden Ihr Haus wie neu machen. Sie werden es lieben. Vielen Dank.
Gracias.
«
    »Gracias«
, sagte auch Therese und nahm meine Hände in ihre. »Vielen Dank. Wir werden unser Bestes tun. Sie werden zufrieden sein.«
    Das wusste ich. Ich vertraute ihnen.
    Wir besprachen, womit beim Haus angefangen werden müsste. Als Erstes musste saubergemacht werden, damit wir nicht von bösen Krankheiten niedergestreckt würden.
    »Wo wohnt ihr eigentlich?«, erkundigte ich mich.
    Ricardo blickte zu Boden, Therese ebenfalls. »In der Stadt gibt es so ein Haus …«, sagte sie.
    »Also, wenn mein Haus hier in einem akzeptablen Zustand wäre, würde ich euch hier wohnen lassen. Es tut mir leid.« Ich zerbrach mir den Kopf, wo sie unterkommen könnten, ohne dass es zu viel kosten würde.
    Therese und Ricardo schauten sich um, dann sahen sie mich mit fragenden, sorgenvollen Augen an. Ich dachte an ihren Lastwagen. Alle Familienmitglieder waren äußerst dünn. Ich konnte mir vorstellen, dass sie so gut wie kein Geld hatten, da der Migrantenschreck Fakue so schlecht zahlte.
    »Ihr wollt doch nicht hier wohnen?«, rief ich entgeistert. Das ging nicht. Auf den Schränken lagen Mäuseköttel.
    Mir entgingen nicht der verzweifelte Blick von Ricardo und die Panik von Therese.
    »Wirklich?« Das kann ich nicht zulassen, dachte ich. Mein süßes Häuschen ist eine Ruine. Im Moment konnte hier noch niemand wohnen.
    »Wir zahlen auch Miete«, sagte Ricardo. »Ziehen Sie es mir vom ersten Lohn ab.«
    Therese nickte. »Ja, wir zahlen Miete.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Keine Miete. Auf gar keinen Fall.«
    Was tun? Ich musterte die zornigen Jungen, die zusammengekauerte Alessandra, den

Weitere Kostenlose Bücher