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Blau wie Schokolade

Blau wie Schokolade

Titel: Blau wie Schokolade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Lamb
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Du kämpfst in dir selbst, dein Alter Ego gegen dich, das ist ein psychologischer Kampf, den du nicht gewinnen kannst, weil es gegen deine eigenen inneren Abgründe geht.«
    »Ich verstehe kein Wort von diesem Psychomist, Emmaline. Red Klartext!«
    »Sie will sagen«, erklärte Bradon, »dass du eigentlich eine Lady sein willst, dass deine weibliche Seite darauf brennt, die Lady in dir freizulassen, aber weil diese Frau in dir nicht herauskann, gehst du auf die Palme und prügelst dich mit anderen.«
    »Nee, nee, Emmaline, das hast du falsch verstanden. Ich ziehe mich zu Hause als Frau an – und auch wirklich nicht oft –, um Stress abzubauen. Zur Entspannung. Da ist nichts Komisches dran. Ich hab mit Pornos nichts am Hut, auch nicht mit Drogen oder Alkohol. Und ich mag Frauen.« Er warf Becky einen verstohlenen Blick zu. Sie senkte den Kopf. »Das stimmt nicht ganz. Ich mag eine Frau. Eine ganz bestimmte.«
    »Soman, steh auf!«, befahl Emmaline und erhob sich ebenfalls, die Dame in Weiß. Becky zuckte erschrocken zusammen.
    »Was?«
    »Steh auf, habe ich gesagt!«
    »Emmaline, ich hab schon gegen den Sandsack geschlagen und einen Blumenhut gebastelt, ich habe Rad geschlagen, um die Wut aus meinem Körper zu treiben, und jetzt bin ich hundemüde, Mann. Alles tut mir weh.« Soman sprach in quengelndem Ton, stand aber trotzdem auf. Alle gehorchen Emmaline. Sie ist irgendwie angsteinflößend.
    »Du sollst nicht gegen den Sandsack schlagen, Soman. Bleib da stehen.«
    Emmaline ging zu einem großen Wandschrank und holte Tüten mit Kleidern hervor.
    Sie leerte sie vor Soman auf dem Boden. »Alle mal herhören! Heute ist Somans Abend, der ihn vom Weg der Wut abbringen soll. Er wird sich als Frau verkleiden, und wir gehen zusammen mit ihm in eine Kneipe.«
    »Was?«, schrie Soman mit hoher Stimme. Er zupfte an dem rosa Band. »Ich zieh mich nicht vor euch wie eine Frau an, und ich geh auch in keine Kneipe. Scheiße, nein!«
    »Scheiße, ja!«, sagte Emmaline.
    »Scheiße, nein!«
    »Scheiße, ja, mein Junge, Scheiße, ja!«, sagte Emmaline.
    »Scheiße, ja«, sagte ich.
    »Ja, Scheiße!« Bradon lachte.
    »Das wird lustig«, meinte Becky kichernd.
    Soman schaute Becky an. Sie nickte ihm ermunternd zu. Er ließ den Kopf hängen und seufzte.
    Wir halfen ihm dabei, das Kleid anzuziehen. Seinen Hut mit dem rosa Band setzte er allerdings nicht auf.
    Er nahm eine Perücke.
     
    Auf dem Dach der von uns auserkorenen Kneipe war ein riesengroßer rosa aufblasbarer Hummer angebracht. Sie lag an einer vielbefahrenen Kreuzung im Zentrum von Portland. Draußen waren Tische aufgestellt, innen befanden sich ein endlos langer Tresen aus Edelstahl und noch mehr Tische. Der Laden war gut gefüllt.
    Soman meinte, es sei die Lieblingskneipe der Polizisten aus Portland, außerdem der Anwälte, Geschäftsleute und Frauen – Büroangestellte, denen der ewig gleiche Trott bis zum Halse stand, Macher und Loser. Hier verkehrten ganz verzweifelte Menschen auf der Suche nach einem langfristigen Partner oder einem Quickie. Eine ganz normale Kneipe also.
    Aber wir waren keine ganz normale Gruppe. Zuerst mal hatten wir Emmaline dabei, die sich in ein hautenges weißes Seidenshirt und eine weiße Seidenhose gezwängt hatte, dazu trug sie goldene Stöckelschuhe. Dann Bradon, imposant, gutsituiert, erfolgreich und fesch im maßgeschneiderten Anzug von der Arbeit, weil er vorher ein Gespräch mit Bankern gehabt hatte. Dazu Becky, zierlich und zerbrechlich, der das gebürstete blonde Haar bis auf den Rücken reichte. (Emmaline hatte darauf bestanden, dass sie keinen Pferdeschwanz trug, sondern sich das Haar bürstete.) Becky trug eine rote Jeans und ein blaues Sweatshirt. Sie wirkte ausgezehrt und verängstigt und hielt sich an Soman, doch gleichzeitig sah sie aus wie ein Engel.
    Die Letzte im Bunde war ich. Ich hatte ein schickes schwarzes Leinenkostüm an, dazu schlichte schwarze Strümpfe mit einer schwarzen Naht vorne sowie rote High Heels.
    Jetzt hätte ich fast vergessen, Soman zu beschreiben.
    Soman trug ein wirklich süßes blaues Baumwollkleid, einen gepolsterten BH und schwarze Schuhe. Er hatte eine lange schwarzhaarige Perücke auf und die Lippen rosa geschminkt. Er gab eine ziemlich mächtige Frau mit einem ramponierten Gesicht ab, aber abgesehen davon sah er durchaus wie eine Lady aus.
    »Du machst dich nicht schlecht als Frau, Soman«, sagte ich zu ihm. Ich legte die Hand auf seinen Arm. »Also, wenn ich irgendwie lesbisch veranlagt

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