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Blau wie Schokolade

Blau wie Schokolade

Titel: Blau wie Schokolade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Lamb
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Becky, immer noch schüchtern, in seiner Nähe.
    »Gut, Süße, in Ordnung. Ist gut.«
    Liebe ist süß. So süß.
     
    Anfangs führte ich das angespannte Schweigen bei Rosvitas Candlelight-Dinner am folgenden Abend auf meine eigene Angespanntheit zurück. Ich nahm an, ich projizierte meine Gefühle auf die anderen.
    Aber Rosvita war ebenfalls schweigsam, worüber ich mir große Sorgen machte. Wenn sie doch einmal etwas sagte, gab sie Informationen über Krankheiten von sich.
    Die Familie Lopez machte einen erschütternden Eindruck. Sie redeten nicht miteinander, wie sie es sonst immer taten. Sie umarmten mich und ließen sich auf die Stühle fallen. Ricardo vergrub den Kopf in den Händen.
    Ricardo sprach das Abendgebet und bat Gott um seine Huld und sein Erbarmen, um Vergebung, Erbarmen, Schutz, um seine Leitung und sein Erbarmen. Amen.
    Ich versuchte zu plaudern, aber niemand schien das geringste Interesse zu haben.
    Als ich mein Hühnchen anschnitt, erschrak ich. Es war nicht ganz durchgebraten. Mein Besteck fiel auf den Teller, meine Hände erstarrten vor Angst. Nun war mir klar, dass etwas nicht stimmte. Rosvita briet Hühnchen sonst so lange, bis sie auseinanderfielen.
    Ich schwenkte den Wein im Glas, musterte die sonderbar feierliche Truppe und fragte mit großer Höflichkeit: »Was ist hier eigentlich los?«
    Meine Worte knallten wie Peitschenhiebe. Die Kerzen zwischen uns flackerten. Am liebsten hätte ich das Licht angemacht, denn diese Atmosphäre machte mir richtig Angst.
    Niemand sagte einen Ton.
    »Ricardo?«
    Nichts.
    »Rosvita?«
    Mein Blick fiel auf die süße, liebe Alessandra, die lautlos über den frischgebackenen Knoblauchbrötchen saß und weinte. Sie war furchtbar dünn und blass.
    Therese stand auf und nahm sie in den Arm, dann flehte sie Gott an, ihnen zu helfen. Der Vater tätschelte die Hand seiner Tochter. »Hab Erbarmen mit uns, Herr«, sagte Ricardo. »Erbarmen.«
    »Er hat es verdient«, platzte es plötzlich auf Spanisch aus Ricardo heraus. Er ballte die Fäuste. »Es musste so kommen, er hat es verdient. Ich bin froh, dass er tot ist.«
    Rudy schlich um den Tisch herum. Tränen liefen ihm über die Wangen. Ebenfalls auf Spanisch rief er: »Niemand darf so etwas tun, schon gar nicht mit –«
    »Setz dich hin, Rudy!«, befahl Ricardo mit heiserer Stimme.
    »Ich setz mich nicht hin. Ich hasse ihn, ich hasse ihn, ich hasse ihn!«
    Rosvita erhob sich. »Er ist ja fort, mein Junge. Er ist fort, du musst dir keine Sorgen mehr machen.«
    Trotz meiner Trauer um Jay, trotz meiner Erschöpfung fielen plötzlich alle Puzzlestücke an ihren Platz. Rosvita hatte gehandelt. Sie hatte ihre Drohungen wahr gemacht.
    »Du lieber Gott«, flüsterte ich auf Spanisch.
    »Genau, Jeanne«, sagte Therese. »Lieber Gott, hab Erbarmen mit uns …«
     
    Rosvita und ich versuchten, uns so leise wie möglich zu dem eingefallenen Gästehaus auf meinem Grundstück zu schleichen. Die nächtliche Feuchtigkeit benetzte unsere Füße. So lautlos wie möglich öffneten wir die wacklige Tür. Dann stiegen wir die Treppe hinunter in den pechschwarzen Keller.
    Warum ich das machte? Ich weiß es nicht. Vielleicht weil ich dachte, eine Mörderin und ihre Komplizin sollten leise sein. Wir knipsten die Taschenlampe an. Dort lag mitten auf dem Boden, mausetot, mit weitaufgerissenen Augen und klaffendem Mund der dicke fette Migrantenschreck und starrte an die Decke.
    »O nein!« O doch, lieber Gott. Mein Körper erstarrte. Dan Fakue hatte eine Schusswunde im Kopf. Sauber und ordentlich.
    »Es musste getan werden«, sagte Rosvita. »Er war voll böser Keime.«
    Bitte rette mich aus diesem Wahnsinn
, dachte ich. Meine Eingeweide schienen sich zu verknoten. »Du hast ihn umgebracht, weil er voll böser Keime war?«
    »Er war voll schlechter Keime, und er hat sie verbreitet!«, erklärte sie und fuchtelte mit den Armen. Ihre weißen Handschuhe fuhren durch die Dunkelheit.
    Ich würde mich später betrinken, versprach ich mir. Das hatte ich verdient. Aber zuerst würde ich versuchen, mir auf all das hier einen Reim zu machen. »Diese Arbeiterlager sind abartig, Rosvita, der Mann war brutal und böse. Das weiß ich. Ich habe ihn gehasst. Wir alle haben ihn gehasst. Aber darf ich vielleicht sagen, dass du ihn nicht hättest umbringen sollen? Wieso hast du ihn nicht einfach weiterhin mit Bleichmittel besprüht?«
    »Das Bleichmittel reichte nicht mehr. Er hat seine Keime an Orten verbreitet, die ich nicht erreichen konnte.«
    Ich

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